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13. Haus Deforne
Telephon 12801.
—
Alez. Weigls Unternehmen für Zeilunge-Ausschnitto
„UBSERWER““
Lösterr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
In Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-Vork,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: VATERLAND, WIEN
=3. 11.“
voln:
K
—* [Ein verbotenes Theaterstück.] In
Bekluist ein Theaterstück verboten worden, welches den
Wiener jüdischen Schriftsteller Arthur Schnitzler zum
Verfasser hat. Das Stück führt den Titel =Haus Delorme¬
und schildert eine Schauspielersamilie. Der Inhalt soll
derart sein, daß sogar die witwirkenden Künstler Front#
gegen das Stück machten.
Alez.
Weigis Unternehmen für Zeitungs-Russchnilte
„OBSERVER“
I. österr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
In Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt ausleue Freie Presse, Wien
vom: " 11 180
grensbaur
Arthur Schnitzler und das Berliner Kleine
Theater.
(Telegramme der „Neuen Freien Presse“.)
Berlin, 22. November. Das „Berliner Tageblatt“ be¬
richtet: Das neue Sittenstück „Haus Delorme“ von Arthur
Schnitzler, das heute im Berliner Kleinen Theater
in Szene gehen sollte und verboten wurde, hat, wie wir aus
sicherer Quelle erfahren, nicht allein das übliche Schicksal eines
Zensurverbotes betroffen. Schon seit der ersten Leseprobe hatte
sich bei der Regie und den mitwirkenden
Künstlern eine Mißstimmung geltend gemacht, die
schließlich in eine offene und ehrliche Front¬
stellung gegen die Dichtung überging. Nun hat
allerdings auch die Zensur ihr Veto eingelegt und
ist denen zu Hilfe gekommen, die mit dem Protest gegen das
Kunstwerk einen Kampf pro domo geführt hatten, indem sie
ihren vielfach schon übel genug beleumundeten Beruf nicht
noch durch eigene Darstellung verunglimpfen wollten.
„Haus Delorme“ ist ein Schauspielerstück; die vier Per¬
sonen des Stückes sind: die Mutter Delorme, ihre Tochter, die
Operettensängerin ist, ihr Sohn und das Dienstmädchen.
Es
besteht im Grunde nur aus Aneinanderreihungen von
lärmenden und unerfreulichen Szenen. Die Tochter ist in
interessanten Umständen durch ihren Geliebten Franz, das
Dienstmädchen durch den Sohn des Hauses. Das hindert den
Jüngling jedoch nicht, sich mit einem reichen Mädchen,
Fräulein Else Pollack, zu verloben. Die ehrenwerte Mutter
weiß von allem Bescheid. Fräulein Pollack erscheint eines
Abends im Hause Delorme, und nach einer wilden Liebes¬
szene erklärt sie ihrem Verlobten, daß ihr Vater falliert habe.
Der Jüngling nimmt die Nachricht scheinbar mit Entrüstung
auf und — will nunmehr die Tochter eines solchen Vaters
nicht heiraten. In einer anderen Szene wiederum erscheint der
Geliebte der Tochter und zieht sich mit dieser zurück. Auf die
Frage der Mutter, ob sie nicht erst speisen wollten, antwortet
die Tochter: „Ich habe nur Hunger auf Franz.“
Eine ganze Reihe von Szenen, die die Verderbtheit dieser
Schauspielerfamilie schildern, in der der Mutter eine der
degoutantesten Rollen zugeteilt ist, die je für die Bühne ge¬
schrieben sind, läßt sich hier nicht wiedergeben. Die Stellung¬
nahme der Schauspieler des Kleinen Theaters gegen vie
Schnitzlersche Novität ist um so bemerkenswerter, als
vom rein schauspielerischen Standpunkt eine Reihe durchaus
dankbarer Rollen darin enthalten ist.
Der „Börsencourier“ meldet: Die Direktion des Kleinen
Theaters erklärt es für unrichtig, daß sich die Künstler mit
Streikgedanken trugen. Es habe eben nur die Aufführungs¬
erlaubnis seitens der Zensur nicht erwirkt werden können.
Berlin, 22. November, 11 Uhr nachts. Das Kleine
Theater in Berlin veranstaltete heute einen Schnitz¬
ler=Abend. Zuerst wurde der Einakter „Der tapfere
Kassian“ gespielt. Der tapfere Kassian ist ein unwider¬
stehlicher Kriegsmann, der seinem Vetter Martin dessen Ge¬
liebte wegnimmt und diesen noch obendrein ersticht. Die kleine
Tragödie wurde als Parodie einer Tragödie mit komischen
Betonungen und Marionettengesten gespielt, schien aber dem
Publikum wenig zu gefallen. Es folgte die bekannte Groteske
„Der grüne Kakadu“, die auch heute wieder in sehr
lebendiger, wenn auch etwas zu lärmender Darstellung eine
starke Wirkung übte. In der Rolle des Henri trat ein junger
Schauspieler, ein geborener Italiener, Herr Moissi, auf,
der ein vielversprechendes Talent zu sein scheint. Gertrud
Eysoldt spielte die Leocadie. Nach Schluß des Stückes
blieb das Publikum im Saale und klatschte so lange, bis der
Autor vor dem Vorhang erschien. — Arthur Schnitzler
erklärte Ihrem Korrespondenten: „Es ist nicht richtig, daß
die Schauspieler des Kleinen Theaters sich geweigert
haben, den Einakter „Das Haus Delorme“ zu spielen.
Freitag war noch Probe; Samstag sollt Generalprobe
stattfinden. Freitag abends aber kam die chricht von der
Zensur, daß sie sich bis zu dem für t Aufführung fest¬
gesetzten Tage nicht über die Freigebung des Stückes ent¬
scheiden könne. Aus diesem und nur aus diesem Grunde
wurde das Stück abgesetzt. Sein Inhalt ist in den Berichten
der Berliner Blätter unrichtig wiedergegeben.“
13. Haus Deforne
Telephon 12801.
—
Alez. Weigls Unternehmen für Zeilunge-Ausschnitto
„UBSERWER““
Lösterr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
In Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-Vork,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: VATERLAND, WIEN
=3. 11.“
voln:
K
—* [Ein verbotenes Theaterstück.] In
Bekluist ein Theaterstück verboten worden, welches den
Wiener jüdischen Schriftsteller Arthur Schnitzler zum
Verfasser hat. Das Stück führt den Titel =Haus Delorme¬
und schildert eine Schauspielersamilie. Der Inhalt soll
derart sein, daß sogar die witwirkenden Künstler Front#
gegen das Stück machten.
Alez.
Weigis Unternehmen für Zeitungs-Russchnilte
„OBSERVER“
I. österr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
In Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt ausleue Freie Presse, Wien
vom: " 11 180
grensbaur
Arthur Schnitzler und das Berliner Kleine
Theater.
(Telegramme der „Neuen Freien Presse“.)
Berlin, 22. November. Das „Berliner Tageblatt“ be¬
richtet: Das neue Sittenstück „Haus Delorme“ von Arthur
Schnitzler, das heute im Berliner Kleinen Theater
in Szene gehen sollte und verboten wurde, hat, wie wir aus
sicherer Quelle erfahren, nicht allein das übliche Schicksal eines
Zensurverbotes betroffen. Schon seit der ersten Leseprobe hatte
sich bei der Regie und den mitwirkenden
Künstlern eine Mißstimmung geltend gemacht, die
schließlich in eine offene und ehrliche Front¬
stellung gegen die Dichtung überging. Nun hat
allerdings auch die Zensur ihr Veto eingelegt und
ist denen zu Hilfe gekommen, die mit dem Protest gegen das
Kunstwerk einen Kampf pro domo geführt hatten, indem sie
ihren vielfach schon übel genug beleumundeten Beruf nicht
noch durch eigene Darstellung verunglimpfen wollten.
„Haus Delorme“ ist ein Schauspielerstück; die vier Per¬
sonen des Stückes sind: die Mutter Delorme, ihre Tochter, die
Operettensängerin ist, ihr Sohn und das Dienstmädchen.
Es
besteht im Grunde nur aus Aneinanderreihungen von
lärmenden und unerfreulichen Szenen. Die Tochter ist in
interessanten Umständen durch ihren Geliebten Franz, das
Dienstmädchen durch den Sohn des Hauses. Das hindert den
Jüngling jedoch nicht, sich mit einem reichen Mädchen,
Fräulein Else Pollack, zu verloben. Die ehrenwerte Mutter
weiß von allem Bescheid. Fräulein Pollack erscheint eines
Abends im Hause Delorme, und nach einer wilden Liebes¬
szene erklärt sie ihrem Verlobten, daß ihr Vater falliert habe.
Der Jüngling nimmt die Nachricht scheinbar mit Entrüstung
auf und — will nunmehr die Tochter eines solchen Vaters
nicht heiraten. In einer anderen Szene wiederum erscheint der
Geliebte der Tochter und zieht sich mit dieser zurück. Auf die
Frage der Mutter, ob sie nicht erst speisen wollten, antwortet
die Tochter: „Ich habe nur Hunger auf Franz.“
Eine ganze Reihe von Szenen, die die Verderbtheit dieser
Schauspielerfamilie schildern, in der der Mutter eine der
degoutantesten Rollen zugeteilt ist, die je für die Bühne ge¬
schrieben sind, läßt sich hier nicht wiedergeben. Die Stellung¬
nahme der Schauspieler des Kleinen Theaters gegen vie
Schnitzlersche Novität ist um so bemerkenswerter, als
vom rein schauspielerischen Standpunkt eine Reihe durchaus
dankbarer Rollen darin enthalten ist.
Der „Börsencourier“ meldet: Die Direktion des Kleinen
Theaters erklärt es für unrichtig, daß sich die Künstler mit
Streikgedanken trugen. Es habe eben nur die Aufführungs¬
erlaubnis seitens der Zensur nicht erwirkt werden können.
Berlin, 22. November, 11 Uhr nachts. Das Kleine
Theater in Berlin veranstaltete heute einen Schnitz¬
ler=Abend. Zuerst wurde der Einakter „Der tapfere
Kassian“ gespielt. Der tapfere Kassian ist ein unwider¬
stehlicher Kriegsmann, der seinem Vetter Martin dessen Ge¬
liebte wegnimmt und diesen noch obendrein ersticht. Die kleine
Tragödie wurde als Parodie einer Tragödie mit komischen
Betonungen und Marionettengesten gespielt, schien aber dem
Publikum wenig zu gefallen. Es folgte die bekannte Groteske
„Der grüne Kakadu“, die auch heute wieder in sehr
lebendiger, wenn auch etwas zu lärmender Darstellung eine
starke Wirkung übte. In der Rolle des Henri trat ein junger
Schauspieler, ein geborener Italiener, Herr Moissi, auf,
der ein vielversprechendes Talent zu sein scheint. Gertrud
Eysoldt spielte die Leocadie. Nach Schluß des Stückes
blieb das Publikum im Saale und klatschte so lange, bis der
Autor vor dem Vorhang erschien. — Arthur Schnitzler
erklärte Ihrem Korrespondenten: „Es ist nicht richtig, daß
die Schauspieler des Kleinen Theaters sich geweigert
haben, den Einakter „Das Haus Delorme“ zu spielen.
Freitag war noch Probe; Samstag sollt Generalprobe
stattfinden. Freitag abends aber kam die chricht von der
Zensur, daß sie sich bis zu dem für t Aufführung fest¬
gesetzten Tage nicht über die Freigebung des Stückes ent¬
scheiden könne. Aus diesem und nur aus diesem Grunde
wurde das Stück abgesetzt. Sein Inhalt ist in den Berichten
der Berliner Blätter unrichtig wiedergegeben.“