II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 117

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Reigen
Dr. Max Goldschmidt
„ „ Bureau für
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eisene Korrespendenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.

Ausschnitt aus
Fränkischer Courier. Nürnberg
TAAEZ. 1903
Bz. München, 6. Dez. Zur Angelegenheit der
Auflösung des Akademisch=Dramati
schen Vereins kann noch berichtet werden, daf
die Mitglieder des Senats der Universität vollzählig
zu der betreffenden Sitzung erschienen waren
Schnitten Einsicht aufgelegt
7
Eist Tialog wurde vorgelesen. Man ersah, daß es
sich lediglich um eine Verherrlichung un
naturalistische Schilderung der intimsten geschlecht
lichen Beziehungen handelte. Es ist wohl überleg
worden, ob eine Verwarnung genügen könne; Dies
wurde aber für unpraktisch gehalten, da der Sena
den Erfolg solcher Verwarnung nicht kontroliren un
etwa die Aufführungen des Vereins überwacher
rassen kann. Er hat nicht nur im Interesse der Dis¬
ziplin, sondern auch gegenüber den Eltern der Stu¬
denten eine Verantwortung. Ueberdieß zeigte sich,
daß die Vorstandschaft des Vereins nur in der Min¬
verzahl aus Universitätsstudenten bestand, somit die
Bezeichnung „Akademischer Verein“ nicht richtig war.
Der in Bildung begriffene „Neue Verein“ wird Dem¬
gemäß eine andere Verfassung annehmen.
Dr. Max Goldschmidt
„ „ „ Bureau für .
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Berlin N. 24.
Telephon: III, 3051.

Ausschnitt aus
Vossische Zeitung, Berin
8 S DEZ 1903
n München wird durch einen Disziplinarbeschluß des
akademischen Senats, der den Akademisch=Dramatischen Verein
(einen Studentenverein, der im Stile der Freien Bühne wirkte)
auflöst, viel Staub aufgewirbelt. Unmittelbaren Anlaß zum „Ver¬
bot“ des genannten Vereins (diesen merkwürdigen Ausdruck gebraucht
der vom Rektor Dr. Kuhn unterzeichnete Disziplinarbeschluß
gab die Aufführung einiger Dialoge aus Schmaler
Reigen“
die der Akad.=Dramat. Verein ins Werk gesetzt hmA
seinerzeit bereits der Ansicht Ausdruck gegeben, daß Schnitzler
besser getan hätte, diese erotisch=satirischen Kunstlerstudien in seiner
Mappe zu lassen anstatt sie der Offentlichkeit zu über¬
geben, in der sie einen einseitig zynischen Eindruck
nachen müssen. Die Aufführung war
jedenfalls eine

Geschmacksverirrung und ein Fehlschritt im akademischen Sinne
und hätte sich der akademische Senat damit begnügt, diesen Schritt
vom Wege ernst zu rügen, so wäre die väterliche Mahnung der
akademischen Lehrer wohl allseitig anerkannt werden. Aber das
sofortige „Verbot“ des Vereins und seiner Wirksamkeit in Bausch
und Bogen schmeckt stark nach Lex Heinze, zumal es sich
doch um das minderwertige Werk eines Dichters handelt.
Zudem ist die Begründung des Verbots eine sehr unglückliche.
Zeitungsausschnitte werden vorangestellt und erst daran reiht sich
der Ausdruck der eigenen Kenntnis und Meinung, die offenbar
fehlten, als die Aufführung am schwarzen Brett angekündigt war
und unbeanstandet blieb. Ein sehr unglücklicher Satz
Erlasses lautet: „Des weiteren wurde mitgeteilt,
daß
die vom Verein veranstalteten Vorführungen schon
einiger Zeit Anlaß zu Bedenken gegeben haben.“ Läßt sich
die
akademische Behörde dergleichen „mitteilen", hat
kein
sie
Auge für das, was unter ihren Augen geschieht, muß
ie
sich „Bedenken“ suggerieren lassen? Übrigens soll es
um Ibsen=Aufführungen handeln, deren Veranstaltung durh
Studenten doch kein akademisches Vergehen ist. Weiter wir
gerügt, daß Nichtstudenten bei den Aufführungen mitgetan haber
Dabei soll es sich um die Mitwirkung der darstellenden Künstle
(zum Teil bayerische Hofschauspieler) handeln. Dies hinterher
rügen, macht einen hilflosen Eindruck. Das war ja mit
Unternehmen von selbst gegeben