11. Reigen
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Der „Reigen“-Skandal.
Die Schieberwäsche in veml Kammerspielen.
Die Schieberwäsche in den Kat#erspielen hat in den
breitesten Schichten unserer Beuberung, und zwar gerade
n ihren besten Kreisen lebhafte Befricdigung hervorgerufen
Denn darüber besteht kein Zweifel, daß die Schieber und
sonstigen Leute, denen ihr Einkompen den kostspieligen
Luxus gestattet, einer „Reigen“=Auffüihrung beizuwohnen (man
zahlte dafür in den letzten Tagen im Schleichhandel bis zu
1000 K.) nicht aus Kunstbegeisterung die Kammerspiele auf¬
uchen, sondern um sich an den dort gebotenen Pikanterien,
sagen wir es nur grad und offen auf gut deutsch, zu „begeilen
Die Namen der Frauenzimmer, die so schamlos waren, dorthin
zu gehen, sollken öffentlich bekannt gegeben werden. Gestern
n
sind diese Leute einmal nicht auf ihre Rechnung gekommen,
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und durch die Unvorsichtigkeit übereifriger Organe, die die
r
Hydranten gegen die Demonstranten in Anwendung brachten,
kamen sie auch noch, da die Demonstranten, über deren ver¬
gebliches Bemühen die Judenpresse in den letzten Tagen
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in der frechsten Weise spottet, sich als die stärkeren erwiesen,
zu einem unfretwilligen Bade. Triefend von der nassen
Flut schlichen sie, in ihren erotischen Gefühlen gründlich
abgekühlt, wie die begossenen Pudel nach Hause und üben
s dieses Bild lacht heute ganz Wien. Die Stammesgenossen
brich und Vertag dir Oesterreichischon Duuck= aund Vorlagig
Deutschee Volksblatt, W
Abendblatt
17. Februae 1921
Nr. 11533
Schnitzlers Natürlich ausgenommen, der jetzt „fast all¬
abendlich den Vorstellungen seines „Reigen“ beiwohnt“ un
ihnen dadurch besondere Bedeutung und seinen Bewunderern
gegenüber erhöhten Reiz zu verleihen sucht und der um
ein Haar vost dem großen Reinigungsbade mitereilt worden
wäre. Er blieb glücklicherweise davon verschont; seine
Gemeinde“ atmet wieder auf. Trockenen Fußes, i
seine Vorfahren beim Marsche durch das Rote Meer, konnt
er das Theater verlassen, das dieser Schweinerei Obbach
bot, bis es nun von der gerechten Empörung des boden¬
tändigen Wien und einem orkanartigen Volkssturm mit
begreiflicher Entrüstung etwas unsauft daran gemahnt wurde,
daß es in Wien auch nochs andere Leute gibt, wie die Juden,
auf die die Direktion des Volkstheaters, wie es scheint,
allein glaubte, Rücksicht nehmen zu müssen, weil ja die
Mehrzahl der Stammgäste des Volkstheaters und der
Kammerspiele Juden sind.
Wir sind im allgemeinen keine Freunde von derartigen
Demonstrationen, wie sie ge#ter
sich ereigneten; man
konnte auch darüber im Zweis“ sein, ob sie angebracht
waren, so lange die Auffülrungen, mochten sie auch mit
den Gesühlen der erdrückenden Mehrheit der Bevölkerung
in schroffstem Widees#riche sehen, von den dazu berufenen
Behörden gestatten burden. Anders aber liegen die Dinge,
scidem die Regisrung auf Grund einstimmigen Beschlusses
ein Verbyt der „Reigen“=Auffährungen ##assen hat. Die
Weiseraufführungen dieses Stückes stellen sich als
eine direkne. Auflehnung gegen eine höchst¬
obrigkeitische Verfügung dar, begangen nicht allein
durch den Bürgerweister von Wien, der nach dem klaren
Wortlgut der Vertastung in diese Angelegenheit das Voll¬
zugsorhan der Reei
#### sondern auch von der Direktion
des Deuismen
##. Ja. an sann die Weiter¬
aufführung #rch
nach dem Regierungsverbote als
einen revolntien#en Att gegen diese bezeichnen. Und in
diesem Sinne erscheint die gestrige Demonstration, abgesehen
von den sonstigen ti#lichen Gründen, die sie veranlaßten,
geradezn als
eine latträftige Unterstützung
Regierungsausoritäl gegensber
holutionären
den
Elemenien, die sich frech gegen den Willen der auf die
Meyrheit der Bepölkerung gestützten Regierung auflehnen.
Zu diesem Bit## raßte auch gar ruflich, daß diese Demon¬
stration den, Denungs reunde“ so tum ####'sche Szenen
ie auch im Gesoige hatte, doch die erst
staltung war. bei der keine Diesstähle vorkamen. Es war
die Auflehnung der wahrhaft demokratischen Volkskreise
gegen die rerolutionären, an deren Spitze der derzeitige
Bürgerme ster von Wien. Jasob Reumanz marschiert, von
dem und ein gesiges Geimie hoch endlich erlosen möge,
Dann wird Wie: end ich vmn dem Brandmale befreit.Pel¬
das die in immer steigendem Maße angekündigten Abends
und Nachtvorstellungen von „Reigen" und „Flazume“
unserer Stadt auforücken.
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Der „Reigen“-Skandal.
Die Schieberwäsche in veml Kammerspielen.
Die Schieberwäsche in den Kat#erspielen hat in den
breitesten Schichten unserer Beuberung, und zwar gerade
n ihren besten Kreisen lebhafte Befricdigung hervorgerufen
Denn darüber besteht kein Zweifel, daß die Schieber und
sonstigen Leute, denen ihr Einkompen den kostspieligen
Luxus gestattet, einer „Reigen“=Auffüihrung beizuwohnen (man
zahlte dafür in den letzten Tagen im Schleichhandel bis zu
1000 K.) nicht aus Kunstbegeisterung die Kammerspiele auf¬
uchen, sondern um sich an den dort gebotenen Pikanterien,
sagen wir es nur grad und offen auf gut deutsch, zu „begeilen
Die Namen der Frauenzimmer, die so schamlos waren, dorthin
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in der frechsten Weise spottet, sich als die stärkeren erwiesen,
zu einem unfretwilligen Bade. Triefend von der nassen
Flut schlichen sie, in ihren erotischen Gefühlen gründlich
abgekühlt, wie die begossenen Pudel nach Hause und üben
s dieses Bild lacht heute ganz Wien. Die Stammesgenossen
brich und Vertag dir Oesterreichischon Duuck= aund Vorlagig
Deutschee Volksblatt, W
Abendblatt
17. Februae 1921
Nr. 11533
Schnitzlers Natürlich ausgenommen, der jetzt „fast all¬
abendlich den Vorstellungen seines „Reigen“ beiwohnt“ un
ihnen dadurch besondere Bedeutung und seinen Bewunderern
gegenüber erhöhten Reiz zu verleihen sucht und der um
ein Haar vost dem großen Reinigungsbade mitereilt worden
wäre. Er blieb glücklicherweise davon verschont; seine
Gemeinde“ atmet wieder auf. Trockenen Fußes, i
seine Vorfahren beim Marsche durch das Rote Meer, konnt
er das Theater verlassen, das dieser Schweinerei Obbach
bot, bis es nun von der gerechten Empörung des boden¬
tändigen Wien und einem orkanartigen Volkssturm mit
begreiflicher Entrüstung etwas unsauft daran gemahnt wurde,
daß es in Wien auch nochs andere Leute gibt, wie die Juden,
auf die die Direktion des Volkstheaters, wie es scheint,
allein glaubte, Rücksicht nehmen zu müssen, weil ja die
Mehrzahl der Stammgäste des Volkstheaters und der
Kammerspiele Juden sind.
Wir sind im allgemeinen keine Freunde von derartigen
Demonstrationen, wie sie ge#ter
sich ereigneten; man
konnte auch darüber im Zweis“ sein, ob sie angebracht
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den Gesühlen der erdrückenden Mehrheit der Bevölkerung
in schroffstem Widees#riche sehen, von den dazu berufenen
Behörden gestatten burden. Anders aber liegen die Dinge,
scidem die Regisrung auf Grund einstimmigen Beschlusses
ein Verbyt der „Reigen“=Auffährungen ##assen hat. Die
Weiseraufführungen dieses Stückes stellen sich als
eine direkne. Auflehnung gegen eine höchst¬
obrigkeitische Verfügung dar, begangen nicht allein
durch den Bürgerweister von Wien, der nach dem klaren
Wortlgut der Vertastung in diese Angelegenheit das Voll¬
zugsorhan der Reei
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des Deuismen
##. Ja. an sann die Weiter¬
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nach dem Regierungsverbote als
einen revolntien#en Att gegen diese bezeichnen. Und in
diesem Sinne erscheint die gestrige Demonstration, abgesehen
von den sonstigen ti#lichen Gründen, die sie veranlaßten,
geradezn als
eine latträftige Unterstützung
Regierungsausoritäl gegensber
holutionären
den
Elemenien, die sich frech gegen den Willen der auf die
Meyrheit der Bepölkerung gestützten Regierung auflehnen.
Zu diesem Bit## raßte auch gar ruflich, daß diese Demon¬
stration den, Denungs reunde“ so tum ####'sche Szenen
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die Auflehnung der wahrhaft demokratischen Volkskreise
gegen die rerolutionären, an deren Spitze der derzeitige
Bürgerme ster von Wien. Jasob Reumanz marschiert, von
dem und ein gesiges Geimie hoch endlich erlosen möge,
Dann wird Wie: end ich vmn dem Brandmale befreit.Pel¬
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unserer Stadt auforücken.
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