II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 727

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Kiese & Geider
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
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Das „Reigen“=Verbot nicht zurückgezogen! Wie die
P. P. N.“ vnrteter Seite erfahren, trifft die Mit¬
teilung, daß des gerichtliche Verbot der Aufführung von Schnitzlers
„Reigen“ außgehoben sei, nicht zu. Nachdem sich das gericht¬
liche Verbotkals wirkungslos erwiesen hat, ist nunmehr die
Auflösungldes zwischen der Musikhochschule und
der Direkkion Sladek=Eysoldt bestehenden Ver¬
tragsverhältnisses auf dem Wege des Zivil¬
prozesses eingeleitet worden. — Wir setzten im gestrigen
Abendblatt hinter die Nachricht der „D. A. Ztg. ein aufatmendes
„Na also!“ Nun scheint es so, als seien die Mucker wieder einmal#
untorschätzt worden.
d De deen Br##eß des ehemaligen
Schnitzlers „Reigen“ verboten und — aufgeführt. Aus
Berlin wird uns geschrieben: Das Kleine Schau¬
pielhaus hat trotz einer einstweiligen Verfügung des
Landgerichts III, durch die unter Androhung einer Haft¬
strafe die Auffübrung verboten
wurde, Schnitzlers
„Reigen“ am Tage vor Weibnachten gespielt. Vor Be¬
ginn der Aufführung trat Gertrud Eysoldt vor und
legte mit erregter Stimme dem Publikum das eigentümliche
Verhalten dar, das die Hochschule für Musik, in derem
Haus sich das kleine Schauspielhaus befindet, als Verau¬
lasserin jenes Verbots, eingeschlagen habe. Si##es darauf
bin, daß in einem Hause, in welchem Mon###hindurch die
„Büchse der Pandora“ gespielt wurde, isch plötzlich gegen
das Werk eines Dichters vom Ranggrtbur Schnitzlers
vorgegangen werde. Man habe ihr ##k Geldstrafe, sondern
Haftit non ieche #chen Daue Machroht. Sie undal 25
trotzdem und sehe der Entscheidung mit Ruhe entgegen. Die
Aufführung selbst verlief obe Störung und Widerspruch.
— Wie wir weiter erfahres wird nunmehr die Hochschuld
für Musik nach dem Esdruck der Erstauffübrung ibret
7 12.
Protest gegen die Auffürung zurückzieben. Die an¬
gedroote Haftstrafz son nicht vollstreckt werden.
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Klose & Seidel
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Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
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Schninlers Reigen verboten.
Berlin. Der eigentliche Wiener Geist, wie ihn Schnitzler vertritt,
scheint unsern Theaterdirektoren noch so unentbehrlich, daß seine hübsche
Dialog=Sammlung „Reigen“ allen Kennern des Verbotonen längst
bekannt, die Bersiner Theaterdirektion Eysoldt=Sladek im
Kleinen Schauspielhause reizte, sie kurz vor Weihnachten
aufzuführen. Und da kam wenige Stunden vor der angesetzten Vor¬
stellung ein Verbot. Der Geist der Sittlichkeit ging um im Kultus¬
ministerium, und man griff zu dem wenig republikanischen Mittel de¬
Verbots. Man wollte „Argernis nehmen“ an der Dramatisierung eine#
Buches, das allerdings einmal verboten und für unzüchtig erklärt
worden war. Zu diesem Zweck bediente man sich des rechtlichen Haus¬
wirts der Frau Direktor Eysoldt, der Hochschule für Musik, in deren
Bereich und Räumen das Kleine Schauspielhaus gelegen ist. Dieser
Hauswirt erwirkte im letzten Augenblick eine Verfügung eines Land¬
gerichts, wonach die Vorstellung bei Androhung von Haftstrafe ver¬
boten werden sollte. Frau Eysoldt ließ sich auch durch die Gefahr
einer Einsperrung nicht abschrecken. Sie führte den Reigen auf, nach¬
dem sie vor dem Vorhang eine kleine Eingangs= und eine kleine Schlu߬
rede gehalten und das Publikum mit der Sachlage bekannt gemacht
hatte. Sie überließ gleichsam diesem das Urteil selbst, ob es nun an
dem „Reigen“ Anstoß nehmen wolle, und da das anscheinend nicht
der Fall war, vielmehr das Stück nur von Beifall begleitet war, so ist
Frau Eysoldt vom Kunststandpunkt aus gerechtfertigt. Daß wir nun
den Reigen, auch nach jener Vorstellung, für eine bedeutsame Errungen¬
schaft des Theaters halten, können wir beim besten Willen nicht be¬
haupten. Alle Literalurkenner wissen, daß die geschlechtliche Pointe
sich bei den zehn Dialogen des Reigens, die wirklich nur etwas für reife
Zuschauer sind, stark in den Vordergrund drängt; die seine Ironie
Schnitzlers, die mit viel Geist die Komödie der Erotik verspottet findet
sich hier allerdings ebenso wie in den Anatol=Spielen. Diese Ironie
genießt man aber im Buch ebensogut oder besser als auf dem Theater.
Nach einigen Dialogen tritt eine gewisse Monotonie ein, die Entwick¬
lung drängt stets demselben Endpunkt zu, und das Spielerische, das
nötig ist, um das Ganze erträglich zu machen, wird nicht von allen
Darstellern getroffen. Am besten wirkte wohl der Dialog des Dichters
mit der Schauspielerin, einer der gelungensten der Sammlung. Die
Rolle der Schauspielerin wurde sehr gut von Blanche Dergan gespielt.
Unter den männlichen Darstellern ragten Kurt Götz und Forster¬
Larrinaga hervor. Der Beifall war lebhaft, und es zeigte sich wieder
einmal, daß beim Theater immer alles anders kommt, daß kein Arger¬
nis eintritt, wo solches von oben dringend gewünscht wird, und daß
man sich nicht einmal auf die Chance eines Skandals verlassen kann.
Mysing.