11. Reigen
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Erfrorener Frühling
Hütte oder Fabrik ist ihm zerstört. Seine Produktivkräfte
sind unversehrt und selbst der durch die Niederlage be¬
wirkte Tiefstand seines Geldwerthes begünstigt das kühnste
Hoffen auf Ausdehnung seiner Wirthschaft. Mit deren rascher
Kräftigung muß man rechnen. Der Wunsch, sie zu hemmen,
streift uns nicht einmel. Wenn aber das besiegte Angreifer¬
volk aus Wohlstand auf das Elend des Siegervolkes blicken
dürfte, so würde (ce serait, nicht: c’est) dadurch das Grund¬
gefühl sittlicher Menschen in einer unserem Vaterland uner¬
träglichen Weise verhöhnt. Mit friedlichen Mitteln will Frank¬
reich die Deutschen auf den Weg zu Erfüllung ihrer Vertrags¬
pflicht führen. Frankreich fordert nur, was ihm gebührt, Alles,
was ihm gebührt; und da es von Vernunft geleitet wird, ver¬
langt es nicht das Unmögliche. Doch muß ihm die Gewi߬
heit werden, daß fortan der Schuldner alle Tilgungmittel, Geld,
Stoffe, Betheiligung jeglicher Art, zu Befriedigung des Gläu¬
bigers aufwende. Das befiehlt schon der Wille zum Recht.
Warum werden so verständige Sätze entstellt? Wenn dem
Deutschen Reich Handelsfreiheit und Tonnage gewährt, von
den Vertragspartnern nur Nothwendiges, nicht ihre über¬
schüssige Luxuswaare, verkauft, wenn es in die ehrlich spar¬
same Wirthschaft armer Leute verpflichtet, zum Herrn und
Nutzer des in seiner Erde ruhenden Industrieschatzes ge¬
macht und von den fremden Truppen und Kommissionen
befreit wird, deren gelindeste Herrschaft noch Haß züchtet
und deren Erhaltung in jedem Jahr fast zwei Dutzend Mil¬
liarden frißt, kann es dem Gläubiger, der nichts Unkluges,
nichts unklug verlangt, schneller, als er gestern fürchtete,
gerecht werden. Doch selbst im gräßlich verwüsteten, nach
Stoff und Werkzeug zum Aufbau lechzenden Nordfrank¬
reich wird so schnelle Genesung nur dem aufrichtig ins We¬
sen friedlicher Republik sich bescheidenden Deutschland ge¬
gönnt. Dessen internationale Geltung steigt und sinkt mit
dem Gerüst seines Inneren. Bleibt, was wir heute beseufzen,
und bringt die Preußenwahl den von keiner Bürgerpartei
ernsthaft bekämpften monarchistischen Rachebereitern den
Sieg, dann mordet Frost auch die Knospe des Hoffens auf
Deutschlands nahe Heimkehr in das Vertrauen der Welt.
serngeber und verntwortlicher Redsktem: im Pella. — Verlig e
Zukunft in Berlin. — Druck von Paß & Garleb G. m. b. H. in Berlin.
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Erfrorener Frühling
Hütte oder Fabrik ist ihm zerstört. Seine Produktivkräfte
sind unversehrt und selbst der durch die Niederlage be¬
wirkte Tiefstand seines Geldwerthes begünstigt das kühnste
Hoffen auf Ausdehnung seiner Wirthschaft. Mit deren rascher
Kräftigung muß man rechnen. Der Wunsch, sie zu hemmen,
streift uns nicht einmel. Wenn aber das besiegte Angreifer¬
volk aus Wohlstand auf das Elend des Siegervolkes blicken
dürfte, so würde (ce serait, nicht: c’est) dadurch das Grund¬
gefühl sittlicher Menschen in einer unserem Vaterland uner¬
träglichen Weise verhöhnt. Mit friedlichen Mitteln will Frank¬
reich die Deutschen auf den Weg zu Erfüllung ihrer Vertrags¬
pflicht führen. Frankreich fordert nur, was ihm gebührt, Alles,
was ihm gebührt; und da es von Vernunft geleitet wird, ver¬
langt es nicht das Unmögliche. Doch muß ihm die Gewi߬
heit werden, daß fortan der Schuldner alle Tilgungmittel, Geld,
Stoffe, Betheiligung jeglicher Art, zu Befriedigung des Gläu¬
bigers aufwende. Das befiehlt schon der Wille zum Recht.
Warum werden so verständige Sätze entstellt? Wenn dem
Deutschen Reich Handelsfreiheit und Tonnage gewährt, von
den Vertragspartnern nur Nothwendiges, nicht ihre über¬
schüssige Luxuswaare, verkauft, wenn es in die ehrlich spar¬
same Wirthschaft armer Leute verpflichtet, zum Herrn und
Nutzer des in seiner Erde ruhenden Industrieschatzes ge¬
macht und von den fremden Truppen und Kommissionen
befreit wird, deren gelindeste Herrschaft noch Haß züchtet
und deren Erhaltung in jedem Jahr fast zwei Dutzend Mil¬
liarden frißt, kann es dem Gläubiger, der nichts Unkluges,
nichts unklug verlangt, schneller, als er gestern fürchtete,
gerecht werden. Doch selbst im gräßlich verwüsteten, nach
Stoff und Werkzeug zum Aufbau lechzenden Nordfrank¬
reich wird so schnelle Genesung nur dem aufrichtig ins We¬
sen friedlicher Republik sich bescheidenden Deutschland ge¬
gönnt. Dessen internationale Geltung steigt und sinkt mit
dem Gerüst seines Inneren. Bleibt, was wir heute beseufzen,
und bringt die Preußenwahl den von keiner Bürgerpartei
ernsthaft bekämpften monarchistischen Rachebereitern den
Sieg, dann mordet Frost auch die Knospe des Hoffens auf
Deutschlands nahe Heimkehr in das Vertrauen der Welt.
serngeber und verntwortlicher Redsktem: im Pella. — Verlig e
Zukunft in Berlin. — Druck von Paß & Garleb G. m. b. H. in Berlin.