II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 964

Reigen
en. solchel. Besach Auch fal wenn
die umfassendsten Ermittlungen
ellen, was an der Meldung des
64
gen.
Von
Pinthus.
eibtisch sitzend, aus der eben ver¬
ch=milde Melodie Forster=Larrina¬
stillen Feierlichkeit eines Ateliers
diese von Seelenbarbaren als un
„Reigen“ aus einem religiösen,
goch höre ich die Debatten schwirren
Haftslage, die sich ergeben würden,
er Mucker hin beide Direktoren
esten Schauspieler ins Gefängnis
det das Telephon, daß eben alle
freigesprochen wurden.
enthielt sich, solange der Prozeß
ßerung (Professor Brunner, der
llerdings verabreichte ein Manifest
jeder, der jemals mit Leidenschaft
Menschheit aussprach, jeder, der
seine Stimme erheben .. . nicht
spruch — denn kein Richter hätte
bst zu schänden gewagt .. ., auch
frage des Prozesses selbst — denn
chtungen haben im Prozeß alles
Aufführung gesagt .. . und nicht
ätzend und hinrichtend wirken wie
eugenden Oberregierungsrats und
en konnte, wann er vor der Auf¬
im Theater war, oder jene alten
tigung haben, als yielen Dutzend
gehören, und die Tugend der Mit¬
gene Tugend ntemals die Mitwelt
Prozeß hinaus Prinzipielles ge¬
6 gesprochen werden gegen jene¬
mn wir leben, gegen jene Republik,
aufgerufen werden.
n jetzt das Sprüchlein aufsagen,
elastungszeugen in Angeklegte sich
sagen und ist überdies ungerecht
box 18/2
—. J — Koznahlte des elergischen Kommissars
Engelbrecht wird sich wirksamer erweisen, als die bloße Sistie¬
rung der Spielklubgäste.
Nein, man muß den Mut haben, zu rufen: Die deutsche Re¬
publik wird zur Angeklagten!
Eine Schande war nicht der Strafantrag des Staatsanwalts
sondern die Tatsache, daß dieser Prozeß überhaupt stattfinden
konnte, daß dies erbärmliche Schauspiel einer geistig und sittlich
verkümmerten Menschenklasse, die dünkelhaft ihr perversiertes
Gefühl zum Richter über Kunst und Theater aufwirft, dem
hohnlachenden wirklichen Volke geboten werden konnte.
Eine öffentliche Schande aber ist es, den in einer Republik
heuren Schar der künstlerischen Sachkenner in Deutschland aus¬
gerechnet dieser Professor Brunner als Referent und Sachverstän¬
diger für künstlerische Angelegenheiten berufen wurde und jahre¬
ang seine schmähliche Arbeit verrichten darf. Eine Schande ist
es, daß er Freikarten (wer bezahlt sie?) an jeden Kunstfremden
erschenken durfte, von dem er annahm, daß dieser Verbitterte sich
über den „Reigen“ entrüsten würde. Jeder Mensch, der die
Prozeßberichte las, fühlte daß es sich hier gar nicht um die An¬
gelegenheit des „Reigen“ handelt, sondern, daß hier — trotz der
abwechselnden Aeugerungen der Zeugen — ein eminent politischer
Prozeß vor sich ging. Es handelte sich nicht einmal, wie wohl¬
vollende Kritiker sagen werden, um den Kampf zweier Welt¬
anschauungen, sondern es geschah die letzte kümmerliche Revolte
einer entthronten und ohnmächtigen Gesellschaftsschicht gegen die
und zum Volk fühlen, die so tun, als ob alles menschliche, natür¬
liche Gefühl ihnen fremd ist, schmettern all ihren aufgespeicherten,
verdrängten Haß gegen irgendein künstlerisches Gebilde, um sich
politisch abzureagieren.
So gewiß es ist, daß diese Reigenaufführungen nicht ein
einziges Mädchen in die Arme der Unzucht getrieben haben, so
gewiß ist es, daß durch dies Reiterstück nicht eine einzige Um¬
armung, nicht ein einziger Kuß angeregt wurde ... so gewiß ist
es, daß dieser Prozeß nicht die Schamlosigkeit unserer Kunst und
unseres Volkes, sondern die Zerrütung unserer Repudlik enthüllte.
Und man erinnert sich, daß unser Kultusministerium das
eaktionärste Ministerium der Welt ist, das nicht einmal wagt,
neue Schulbücher einzuführen. Man erinnert sich, daß niemals
unter dem monarchistischen Regime so viel Bücher und Kultur¬
werke verboten wurden, wie in den letzten beiden Jahren der
Republik, Man erinnert sich, daß die ringenden Bücher junger
Schriftsteller, daß eines der zartesten und rührendsten Bücher der
Weltliteratur, Philippes „Bübs“, daß graphische Blätter würdiger
. WukT
Aun.Schentbeig. Beschäftliche Leitung des Sportteimo
A. Manning, Berlin. —
Druck: Linden=Druckorei u. Verl.=Ges. m. d. H. in Beriie¬
Für unverlangte Uanuskripte wird keine Gewähe übarnommen. Telephoe
Norden 11070, 11024, 11022.
Meister verboten k#urden, daß ein Münchener Verlag perioden¬
weise einen Bericht herausgibt, der nur die unterdrückten Publika¬
tionen dieses Verlages enthielt, man erinnert sich, daß ein Gericht
en anregendsten, reinsten Schulmann unserer Epoche ohne öffent¬
liche Verhandlung für lange Zeit ins Gefängnis setzte.
Und wer es nicht wußte, der weiß es aus diesem Prozeß:
Der Reigen der Künste und Geister soll verschlungen werden von
dem Reich der Lemuren. Republikaner glauben zu regieren,
ber es herrscht der Geist der Finsternis.
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n dem Prozeß wegen der Aufführung des Schnitzlerschen „Rei¬
jen“ im Kleinen Schauspielhause durch Landgerichtsdirektor
Brennhausen verkündet. Sämtliche Angeklagte, die Direk¬
ion Frau Gertrud Cysoldt und Sladek, der Spielkeiten
Reusch sowie die Schauspieler und Schauspielerinnen, die mit¬
gewirkt hatten, wurden aus objektiven und subjektiven
Gründen von der Anklage der Erregung öffentlichen Aergernisses,
der Anstiftung und Beihilfe dazu freigesprochen und die
Koften der Staatskasse auferlegt.
Das Gericht ging bei der Freisprechung von dem Standpunkte
aus, daß es den Begriff einer unzüchtigen Theateraufführung
an sich für das Gericht nicht gäbe und deshalb den einzelnen Dar¬
tellern innerhalb der Vorstellung Handlungen nachgewieser
werden müßten, die geeignet wären, das Scham= und Sittlichkeits¬
gefühl eines normal empfindenden Menschen in geschlechtlicher
Beziehung zu verletzten. Demgemäß brauchten nicht stets
alle Mitwirkende zur Verantwortung gezogen werden. Im vor¬
liegenden Fall ist das Gericht zu der Ansicht gekommen, daß
zweifellos keine Unzüchtigkeit bei der Darstellung seitens
rgendeines Mitwirkenden vorgekommen ist. Im Gegenteil haben
sich die Schauspieler nach der Ueberzeugung des Gerichts der
höchsten Dezenz befleißigt, wie auch die Art der Aufführung sehr
dezent war.
Die Musik schaltete es von vornherein aus, da die Darsteller
mit dieser überhaupt nichts zu tun hatten. Nach der Auffussung
des Gerichts über den „Reigon“ selbst, verfolgt der Dichter in
dem Stück einen durchaus sittlichen Gedanken, indem
r darauf hinweisen wolle, wie unendlich leer das Liebesleben
der Menschen mitunter ist. Der Dichter habe nicht lüstern,
ondern aus der Tiefe seiner Seele geschrioben, wie auch
der Irchalt des „Reigens“ ethisch sei; er solle bessernd wirden.