II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 127

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10. Das Vernaechtnis
Feregemueneng
Leinin Banftachtlinie handelt, für die Beschränkung
Vor Erlaß des Gesetzes vom 2. Juli 1875, des bebaut gewesenen Teils des Grundeigentums Ent¬
* betreffend die Anlage usw. von Straßen, waren“ schädigung gewährt usw.
Weise
1 storbene Jurist zu seiner Frau, einem einfachen Mädchen
Deutsches Theater.
achtes
** Zum ersten Male: „Das Vermächtnis.“] aus dem Volke, empfindet, nur durch eine reine und
nicht.
edie Natur entzündet werden kann. Deshalb schreitet
Schauspiel in 3 Aufzügen von Arthur Schnitzler.
cht —
Toni auch, von dem doppelten Heiligenschein der Liebe
Der Verfasser von „Liebelei" und „Freiwild“
und des Unglücks verklärt, durch das Stück, um
errang Sonnabend mit seinem neuen Schauspiel „Das
schließlich ihre Verzweiflung in den Fluten der Donau
Vermächtnis“ einen glänzenden Ersolg. Es ist ein
und
zu begraben. Ihr gegenüber steht das unselbständige
Drama des überwundenen Vorur¬
1 Ge¬
1
Mädchen der Gesellschaft, Agnes, halb ängstlich, halb
8. Die Anschauungen der bürgerlichen Ge¬
uf der
schnippisch, und vor Allem in Vorurteilen befangen, die
sellschaft treien in Widerstreit mit dem Recht
guten,
den Verstorbenen geliebt hat und sein Ebenbild in
auf freie Liebe. Aber dieser Konflikt bildet
vollen
seinem kleinen rasch dahinwelkenden Kinde verehrt, aber
nur die Grundlage und Vorausietzung des Dramas,
teilen.
nicht die Charaktergröße besitzt, eine kleinliche Eifer¬
das sich zu einem viel schäiferen Konflikt zu¬
reund
sucht gegen die Mutter des Kindes zu überwinden
spitzt. Der So eines Wiener Professors der
nnen¬
und dadurch den Tod derselben beschleunigt. Denn
Nationalökonomie und Abgeordneten, ein junger
der
ihre eigene Mutter, eine durch reiche Lebens¬
Imist, ist vom Pferde gestürzt und an den Folgen
ver¬
erfahrung zu selsscher Größe herangereifte Witwe,
des Sturzes gestorben. Auf dem Totenbett hat er
obend
möchte die Verstoßene in ihrem Hause auf¬
seiner Mutter das Geheimnis verraten, daß er eine
ihnen
nehmen, aber die Tichter wehrt sich dagegen, und
Geliebte und ein vierjähriges Kind hat, die er sehnlichst
die Liebe zur Tochter ist stärker bei der Mutter,
vor seinem Tode noch zu sehen wünscht. Er verlangt
als die zur Fremden. Sodann das Ehepaar: der
und erhält von seiner Mutter das Gelübde, daß sie sein „Ver¬
sweg.
Professor, dessen Abgott die öffentliche Meinung ist
mächtnis“, diese Geliebte und sein Kind bei sich aufnehmen
erliche
on?“ und
und der stets fragt: „qu'en dira —
will. Auch der Vater stimmt im ersten Augenblick zu,
öpfer¬
seine Frau, ein gutes, aber schwaches weib¬
aber das schwache Kind stirbt nach kurzer Zeit und der
ichmal
liches Wesen. Die Tochter Franziska ist ein hoch¬
im Hause wird
Aufenthalt der Geliebten
orbild
gesinntes Mädchen, das die Begeisterung fürs Gute
dem mit bürgerlichen Vorurteilen behafteten
ndert¬
empfindet und tiefer Gesützte fähig ist. Schließlich der
Professor und
seinem Schwiegersohn in spe,
u und
ehrlich empfindende Ministerialkozzipist und der be¬
Der
einem streberhaften Arzt,
bald lästig.
selbst
rechnende Streber Schwidt, der Hausarzt, der mit
Arzt übernimmt im Einverständnis wit dem Professor
ie ein
dem Professor den Bund verwandter schöner Seelen
die unangenehme Aufgabe, der Geliebten des ver¬
ie
schließt.
daß ihres
eröffnen,
storbenen Haussohnes zu
ins
Die Technik des Dramas ist geradezu mustergültig
Bleibens in der Familie nicht ferner sein
vürde
durch den großen, freskoartigen Zug des Ganzen. Der
könne, aber für ihre materiellen Bedürfnisse
dupt¬
Dichter erzählt nicht den Verlauf der Handlung
werde übrigens ausreichend gesorgt werden.
Auf¬
in allen Einzelheiten haarklein, sondern läßt
Sie geht und hinterläßt einen Zeuel des Inhalts:
sessa)
den Hörer oder den Leser den Ausgang erraten,
„Sucht mich nicht — es ist zu spät.“ Die Tochter des
line)
ein Vorzug des Dramas, der nicht hoch genug anzu¬
Professors, Franziska, welche mit der Geliebten ihres
ner
schlagen ist. Die Phantasie muß freies Spiel be¬
verstorbenen Bruders innige Freundschaft geschlossen
iger.
halten und die Begebenheiten ergänzen, wenn nur
hat, eine Freundschaft, die auf der Harmonie von zwei
junkt
e
Chaxaktere scharf umrissen hingestellt sind,
edlen Charakieren beruht, findet den Zettel und ist
rick“
und dafür hat der Dichter gesorgt. An durchdringender
empört über die Handlungsweise ihrer Eltern und ihres
rden
Menschenkenntnis und glänzender Charakterzeichnung
Verlobten, des Arztes; Lepterem weist sie entrüstet
Nan
kann Schnitzler mit den ersten Größen der Weltlitteratur,
die Thür.
ten.
einem Shakespeare, Goethe und Molière, wetteifern.
Das Stück ist ausgezeichnet durch eine seine
Die Aufführung entsprach der Bedeutung des
Charakterzeichnung und eine großartige Technik. Der
Stückes. Herr Reicher bot in den von salbungs¬
Verfasser legt seinem Drama im edeisten Sinne das
er¬
voller pharisäischer Moral triefenden Reden des
Bibelwort zu Grunde: „Ihr ist viel vergeben; denn sie
Professors, der ganz unter dem Bann der
hat viel geliebt.“ Er geht von der richtigen Erkenmnis
konventione len bürgerlichen Vorurteile steht, eine
aus, daß eine große Liebe, wie sie der junge, früh ge¬
S(anun
Pule ue Medt

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