II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 151

10. Das Vernaechtnis
### 7. Theater und Musik.
Deutsches Theater
Sonnabend, 8. Oktober. Zum ersten Mal: Das Ver
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205
nalität; aber was ihr die Tiefe giebt, das ist nicht ein letztes
unterstes Geheimniß seines Inneren, das in vulkanischen Stößen nach
oben drängt, sondern es ist jener beziehungsreiche Hintergrund, der ihn
mit edlen Dichtergestalten der Vergangenheit und Gegenwart ver¬
bindet, und der wie ein durchleuchteter Nebel ihn umftießt. So
führen zu Goethe manche Fäden hinüber; die Wiener Tradition,
von Grillparzer und Raimund her, über Anzengruber, Chiavacci
und Johann Strauß, klingt vernehmlich in ihm nach; Pariser
Einflüsse sind unverkennbar, und unsere norddeutsche „neue Kunst“.
ist ihm bahnweisend vorangeeilt. Aber die Feinheit dieser Be¬
ziehungen wird durch keinerlei verstimmende Nachahmung gestört.
All das Vielfältige, das Schnitzler in sich aufgenommen hat, hat
er reinlich zu verarbeiten gewußt. Ihn leitete ein sicherer künst¬
lerischer Takt, und auch sein Instinkt war stark genug, um sich
niemals gänzlich zu verleugnen. So wissen wir genau, was wir
an Schnitzler haben: Einen, den wir liebgewinnen durften, dem
wir Dank schuldig sind, aber von dem wir niemals so geschmacklos
sein werden, Herkulesarbeiten zu verlaugen.
So ist denn auch dieses „Vermächtniß“ nichts weniger als eine
solche Arbeit der starken Faust und der starken Schultern. Sie
ist weder aufwühlend und eroberisch, noch ist sie mit so leichter
Hand vor uns niedergesetzt, daß wir die Schweißtropfen nicht
sähen, die daran kleben. Schon die Exposition des ersten Aktes
ist gedehnt und breit; in den beiden folgenden Akten droht die
Flamme öfters zu verlischen und muß mit Blasbälgen wieder
angefacht werden. Im Grunde sind diese beiden letzter Akte ia
ziemlich überflüssig; man kann sie
„sich denken“,
nach¬
dem man den ersten Akt geseben hat. Und vielleicht
würde die dichterische Arbeit Arthur Schnitzlers größer
und reiner dastehen, wenn er uns nur einen stimmungsvollen Ein¬
akter gegeben hätte und den Inhalt der beiden folgenden Akte
als dunkle Zukunftsmöglichkeit ahnen ließe. Es liegt ja, kann
man wohl sagen, auf der Hand, daß diese Menschen die der
Moment einer edelmüthigen und pietätvollen Wallung ##sammen¬
geführt hat, die Geliebte und die Angehörigen des ###glückten
Hugo Losatti, daß die nicht dauernd zusammenbleiben w#hen. Das
Leben verrichtet da eine leise und stille, unaufhaltsame Arbeit des
Wiederauseinanderlösens. Ich kann daher in diesen Auseinanderlösen
auch nichts Tragisches finden, nichts Herzloses; es ist blos etwas Na¬
türliches. Herzlos wird es erst, durch die Art wie Schnitzler es geschehen
läßt, indem gerade die kälteste und fremdeste Person demverlassenen
Mädchen die Gastfreundschaft kündigen muß, während die anderen
sich feige drücken; und ragisch wird der Ausgang nur durch einen
falschen und rührsamen Gewaltstreich: denn jene Ausweisung ist
nichts, um das eine Toni Weber sich, wie Schnitzler durchblicken
läßt, das Leben nimmt. Zumal nach dem Tod ihres Kindes
mußte sie aus sich heraus fühlen, daß sie nicht mehr zu diesen
Leuten gehört, und freiwillig gehen. All das thcoretische Gerede,
dies Standpunktvertreten und wider einander Dogmatisiren
ist überflüssig und aufgepufft. Manch hübsche herzliche und
auch humorvolle Szene findet sich ja immer noch in diesen
beiden letzten Akten, aber nur vor einem im vorhinein gnädig ge¬
stimmten Publikum und dank der vorzüglichen Darstellung des
Deutschen Theaters konnten sie unter Beifall dahingehen. Ein
wirklicher Beifall gebührte blos dem ersten Akt, und da hätte er
vielleicht sogar noch stärker sein können. Denn es war nicht zu
viel gesagt, wenn ich ihn früher schon mit Maupassants „Musotte“
verglich. Er ist gewiß nicht so dämonisch und stark, aber er ist
wohl noch weicher und menschlicher. Jene in einem sittenreinen,
Hause aufgewachsene Schwester ein keusches Mädchen durch
und durch, das dennoch aus ihrer guten Natur heraus die
durch kein Gesetzesband gefesselte Liebe des Bruders versteht, die
makellose Geliebte als Schwester, das unehelich geborene Kind
als Blutsverwandten an ihr Herz drückt, sie ist mit schirmenden
hegenden Poctenhänden sauft und sicher hinaufgetragen in diese
Welt der Wirklichkeit, die solche Schwestern so selten kennt und
dennoch möglich macht. Und das eben ist das Liebenswertheste
an Schnitzler, daß er solche Gestalten, in denen das Menschlich¬
Reine rein und menschlich erklingt, stets aufs neue zu dichten
weiß und mit der Wirtlichkeit glaubhaft verknüpft. Diesen Ge¬
müthston hat kaum ein Jüngerer so voll und innig wie er, und
unter den Alten wüßte ich blos Einen, der ihn wohl noch er¬
greifender sein eigen wußte: Theodor Fontane. Auf Fontane
möchte ich Schnitzler hinweisen; er steht ihm nahe und fern genug,
um Vieles von ihm lernen zu können. F. S.
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Letzte Nachrichten.
Deutsches Theater. Am Sonnabend hat Arthur Schnitzlers
neues dreiaktiges Stück, „Das Vermächtnis“ einen sehr starken
Erfolg beim Publikum gefunden. Auf Spannung ist diese Komödie
von der Gefallenen gestellt, die mit ihrem Kinde, der Wunsch eines
Sterbenden, in das elterliche Haus des Geliebten führt, die dort nur
solange respektirt wird, als das Kind lebt, dann aber abgestoßen
wird und im Elend verschwindet, — diese Komödie ist aus
einem sicher konstruirenden Kopfe hervorgegangen. Sie hat
die Hörer gefesselt und, als am Schlusse gar eine „Moral“,
eine Art praktischer Nutzanwendung in flammendem Plaidoyer aus¬
gesprochen wurde, sogar befriedigt. Allein was Schnitzler der
Theatraliker gewonnen, das hat Schnitzler der Dichter verloren. Es
ist nicht menschliche Komödie, was er darbietet; sie hat nichts
Zwingendes. Die Darstellung ging auf seine Absichten nur allzu
—giu—
gewissenhaft ein.
Aus Peking wird dem „Reuterschen Bureau“ gemeldet,
#e habr gegen die große Anzabl
Telefon 12801.
Ausschnitt
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Nr. 6
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I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
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„Im Deutschen Theater ham es auch mit Krißur.
Schnitziers dreiactigem Schauspiel „Das Ver
mächtniß“ zu keinem ungetrübt ganzen Erfolge.
Ein'sterbender Verführer empfiehlt seine Geliebte
und sein Kind den Eltern — das ist das Ver¬
mächtniß des ersten Actes, der mit dem Sterben
auf der Bühne einsetzt. Wie seine Familie dann
dies Vermächtniß nicht erfüllt, das Mädchen zur
Verzweiflung und in den Tod treibt, ist der Jort¬
gang der Handlung, die sehr unerquichlich wirkt.
wenn sich auch Schnitzlers großes Talent wieder
interessant zeigt. Er hat sich diesmal Ibsen'sch
gekleibet, statt echt „Weanerisch“ und das steht
ihm nicht so gut, wie Ton und Jarbe der Heimaty.)
ihr sollte er doch treu bleiben.
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