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uene Kakadu
9.3. Der
EI D ne en
Telephon 12891.
9
„ODSERTER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelenangabe ohne Gewüthr.)
Ausschnitt aus: burger Nachrichte
vom
1—Arthur Schnitzlers „Grüner Kakadu“ der
vor mehreren Jahren im Burgtheater auf höhe¬
ren Wunsch vom Repertoire abgesetzt werden
mußte, wurde nach einer Meldung unseres
*
5
mg=Korrespondenten in seiner Erstaufführung im
Deutschen Volkstheater in Wien mit stürmischem
demonstrativen Beifall aufgenommen . Schnitzler
wurde stark gerufen und erschien wiederholt.
8
Telephon 12801.
555
„GUSERVEN
österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Geusik(.03 Neun Freig Presse, Wien
Theater= und Kunstnachrichten.
Wien, 14. Oktober
[Deutsches Volkstheater.] Nun erst hat diese
Bühne die Saison würdig eröffnet; man gab Kleists „Zer¬
prochenen Krug“ und den „Grünen Kakadu“, eine der hübsche¬
sten und wirksamsten Komödien von Arthur Schnitzler.
Wieser „Grüne Kakadu“, um mit dem=
aufgenommenen Werke des Wiener Autors zu beginnen, war
ein Glanzerfolg des Burgtheaters, das plötzlich durch eine der
höheren Launen, welche der Kunst — und vielleicht nicht nur
dieser — so gefährlich zu werden pflegen, das meisterhaft ge¬
spielte Stück aus seinem Repertoire verschwinden ließ. Der
„Grüne Kakadu“ ist, wie man weiß, ein Pariser Wirtshaus
aus der Zeit der großen Revolution, in dem die Truppe eines
alter Theaterdirektors sich versammelt, um die Gäste unter
natürlich gespielten Verbrechertypen das Gruseln zu lehren.
„Wirklichkeit geht in Spiel über — Spiel in Wirklichkeit";
inmitten einer improvisierten Komödie beginnt die Tragik eines
betrogenen Künstlers und die der Geschicke Frankreichs lebendig
zu werden. Der Humor Schnitzlers, dem wir so oft die
Aeußerung in einem wirklichen Lustspiele gewünscht hätten,
glänzt zuvor in seinen hellsten Farben, aber der Feuerschein
der brennenden, eben erstürmten Bastille beleuchtet ihn.
gibt wenige Einakter in unserer neueren Literatur, die sich
neben dieser „Groteske“ sehen lassen dürfen. Der „Grüne Ka¬
kadu“ ist in seinem politischen Uebermut das würdige Nach¬
wort des „Zerbrochenen Kruges“, der berühmten Gerichts¬
komödie von Kleist. Man kennt den Inhalt des Stückes, das
am 2. März 1808 — also fast vor einem Jahrhundert — in
Weimar unter Goethes Direktion gegeban wurde, um eine
grausam=höhnische Ablehnung zu erfahren. In der Vorrede zu
der Buchausgabe des Lustspieles erzählt der Dichter dessen
Entwicklungsgeschichte wie folgt: „Dieser Komödie,“ sagt er
„liegt wahrscheinlich ein historisches Faktum zum Grunde. Ich
nahm die Veranlassung dazu aus einem Kupferstich, den ich
vor mehreren Jahren in der Schweiz sah. Man bemerkte
darauf zuerst einen Richter, der gravitätisch auf dem Richter¬
stuhl saß; vor ihm stand eine alte Frau, die einen zer¬
brochenen Krug hielt, sie schien das Unrecht, das ihm wider¬
fahren war, zu demonstrieren; Beklagter, ein junger Bauern¬
kerl, den der Richter als überwiesen andonnerte, verteidigte sich
noch, aber schwach; ein Mädchen, das wahrscheinlich in dieser
Sache gezeugt hatte (denn wer weiß bei welcher Gelegenheit
das Deliktum geschehen war), spielte, in der Mitte zwischen
Mutter und Bräutigam, an der Schürze; wer ein falsches
Zeugnis abgelegt hatte, könnte nicht zerknirschter dastehen, und
der Gerichtsschreiber sah (er hatte vielleicht kurz vorher das
Mädchen angesehen) jetzt den Richter mißtrauisch zur Seite an,
wie Kreon bei einer ähnlichen Gelegenheit den Oedip, als die
Frage war, wer den Lajus erschlagen; darunter stand: „Der
zerbrochene Krug“. — Diese Figuren, mit einer für die Bühne
nur allzu reichen Fülle von Details ausgestattet, führen im
Lustspiele Kleists zur Entlarvung von dessen sündhaftem:
purch reinlie individuell interessante schauspielerische Leistung be¬
lebt, und so korrekt die Intention der Aufführung war, sie
wurde doch mehr nach der schärferen, als nach der humoristi¬
schen Seite hin ausgearbeitet. Die behagliche Heiterkeit des
niederländischen Bildes fehlte. Mustergiltig dagegen war die
Komödie Schnitzlers gebracht. Auch die schwächeren Kräfte —
Herr Russeck als Proper erschien als die schwächste
waren nicht störend, die schlechten Schauspieler des vormaligen
Direktors und nunmehrigen Wirtes im Grünen Kakadu“
kamen auch bei sonst minderwertigen Darstellern sehr gut zur
Geltung, keine Intention des Dichters war mißverstanden, vor¬
zügliche Einzelleistungen der Herren Kramer, Jensen,
Weiß, Homma, Raeder, Vallentin und Brady,
der Damen Lißl, Galafrs und Müller förderten
Stück und Autor, die Stimmung jeder Szene und des Gesamtbil¬
des war vorzüglich getrossen, man hat lange keine so gute und
mit Recht so stürmisch anerkannte Darstellung im Volkstheater
gesehen. Kein Zweifel, der heutige Abend war trotz seines
lauen Anfanges ein sehr gelungener, man wird ihn öfter sehen
wollen
uene Kakadu
9.3. Der
EI D ne en
Telephon 12891.
9
„ODSERTER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelenangabe ohne Gewüthr.)
Ausschnitt aus: burger Nachrichte
vom
1—Arthur Schnitzlers „Grüner Kakadu“ der
vor mehreren Jahren im Burgtheater auf höhe¬
ren Wunsch vom Repertoire abgesetzt werden
mußte, wurde nach einer Meldung unseres
*
5
mg=Korrespondenten in seiner Erstaufführung im
Deutschen Volkstheater in Wien mit stürmischem
demonstrativen Beifall aufgenommen . Schnitzler
wurde stark gerufen und erschien wiederholt.
8
Telephon 12801.
555
„GUSERVEN
österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Geusik(.03 Neun Freig Presse, Wien
Theater= und Kunstnachrichten.
Wien, 14. Oktober
[Deutsches Volkstheater.] Nun erst hat diese
Bühne die Saison würdig eröffnet; man gab Kleists „Zer¬
prochenen Krug“ und den „Grünen Kakadu“, eine der hübsche¬
sten und wirksamsten Komödien von Arthur Schnitzler.
Wieser „Grüne Kakadu“, um mit dem=
aufgenommenen Werke des Wiener Autors zu beginnen, war
ein Glanzerfolg des Burgtheaters, das plötzlich durch eine der
höheren Launen, welche der Kunst — und vielleicht nicht nur
dieser — so gefährlich zu werden pflegen, das meisterhaft ge¬
spielte Stück aus seinem Repertoire verschwinden ließ. Der
„Grüne Kakadu“ ist, wie man weiß, ein Pariser Wirtshaus
aus der Zeit der großen Revolution, in dem die Truppe eines
alter Theaterdirektors sich versammelt, um die Gäste unter
natürlich gespielten Verbrechertypen das Gruseln zu lehren.
„Wirklichkeit geht in Spiel über — Spiel in Wirklichkeit";
inmitten einer improvisierten Komödie beginnt die Tragik eines
betrogenen Künstlers und die der Geschicke Frankreichs lebendig
zu werden. Der Humor Schnitzlers, dem wir so oft die
Aeußerung in einem wirklichen Lustspiele gewünscht hätten,
glänzt zuvor in seinen hellsten Farben, aber der Feuerschein
der brennenden, eben erstürmten Bastille beleuchtet ihn.
gibt wenige Einakter in unserer neueren Literatur, die sich
neben dieser „Groteske“ sehen lassen dürfen. Der „Grüne Ka¬
kadu“ ist in seinem politischen Uebermut das würdige Nach¬
wort des „Zerbrochenen Kruges“, der berühmten Gerichts¬
komödie von Kleist. Man kennt den Inhalt des Stückes, das
am 2. März 1808 — also fast vor einem Jahrhundert — in
Weimar unter Goethes Direktion gegeban wurde, um eine
grausam=höhnische Ablehnung zu erfahren. In der Vorrede zu
der Buchausgabe des Lustspieles erzählt der Dichter dessen
Entwicklungsgeschichte wie folgt: „Dieser Komödie,“ sagt er
„liegt wahrscheinlich ein historisches Faktum zum Grunde. Ich
nahm die Veranlassung dazu aus einem Kupferstich, den ich
vor mehreren Jahren in der Schweiz sah. Man bemerkte
darauf zuerst einen Richter, der gravitätisch auf dem Richter¬
stuhl saß; vor ihm stand eine alte Frau, die einen zer¬
brochenen Krug hielt, sie schien das Unrecht, das ihm wider¬
fahren war, zu demonstrieren; Beklagter, ein junger Bauern¬
kerl, den der Richter als überwiesen andonnerte, verteidigte sich
noch, aber schwach; ein Mädchen, das wahrscheinlich in dieser
Sache gezeugt hatte (denn wer weiß bei welcher Gelegenheit
das Deliktum geschehen war), spielte, in der Mitte zwischen
Mutter und Bräutigam, an der Schürze; wer ein falsches
Zeugnis abgelegt hatte, könnte nicht zerknirschter dastehen, und
der Gerichtsschreiber sah (er hatte vielleicht kurz vorher das
Mädchen angesehen) jetzt den Richter mißtrauisch zur Seite an,
wie Kreon bei einer ähnlichen Gelegenheit den Oedip, als die
Frage war, wer den Lajus erschlagen; darunter stand: „Der
zerbrochene Krug“. — Diese Figuren, mit einer für die Bühne
nur allzu reichen Fülle von Details ausgestattet, führen im
Lustspiele Kleists zur Entlarvung von dessen sündhaftem:
purch reinlie individuell interessante schauspielerische Leistung be¬
lebt, und so korrekt die Intention der Aufführung war, sie
wurde doch mehr nach der schärferen, als nach der humoristi¬
schen Seite hin ausgearbeitet. Die behagliche Heiterkeit des
niederländischen Bildes fehlte. Mustergiltig dagegen war die
Komödie Schnitzlers gebracht. Auch die schwächeren Kräfte —
Herr Russeck als Proper erschien als die schwächste
waren nicht störend, die schlechten Schauspieler des vormaligen
Direktors und nunmehrigen Wirtes im Grünen Kakadu“
kamen auch bei sonst minderwertigen Darstellern sehr gut zur
Geltung, keine Intention des Dichters war mißverstanden, vor¬
zügliche Einzelleistungen der Herren Kramer, Jensen,
Weiß, Homma, Raeder, Vallentin und Brady,
der Damen Lißl, Galafrs und Müller förderten
Stück und Autor, die Stimmung jeder Szene und des Gesamtbil¬
des war vorzüglich getrossen, man hat lange keine so gute und
mit Recht so stürmisch anerkannte Darstellung im Volkstheater
gesehen. Kein Zweifel, der heutige Abend war trotz seines
lauen Anfanges ein sehr gelungener, man wird ihn öfter sehen
wollen