II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 77

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uene Kakadu
9.3. Der Kasan n
Telephon 12801.

„UBSERVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnitte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gowähr.)
Ausschnitt aus:
VATERLAND, WIEN
vom:
18. 10. 1905
Theater und Kunst.
(Deutsches Volkstheater.) Durch ein
vortreffliches Zusammenspiel zeichneten sich heute Abends
in beiden zur Darstellung gelangten Einaktern die Kräfte
des Deutschen Volkstheaters aus. Man gab ein uraltes
und ein hochmodernes Stück; als erstes Heinrich von
Kleists Lustspiel =Der zerbrochene Kruge.
In demselben lagen die Hauptrollen in den Händen der
Damen Elsa Galafrés (Eve), Kathi Thaller
(deren Mutter) und Pauline Schweighofer (Frau
Brigitte), sowie der Herren Emil Höfer (Dorfrichter
Adam), Emil Birron (Ruprech.,, Theodor Weiß
(Gerichtsrat) und Anton Amon (Gerichtsschreiber). Die
mustergiltige Darstellung erhielt den wohlverdienten Beifall.
An zweiter Stelle gelangte die Groteske= Arthur
Schnitzlers: =Der grüne Kakadue zur Auf¬
führung. Das Stück spielt zu Paris am Abende des Tages
der Erstürmung der Bastille und zwar in einer ordinären
Schenke, deren Wirt ein ehemaliger Theaterdirektor ist. Die
Spelunke wird von einigen Aristokraten und auch einer
Aristokratin besucht, welche Herrschaften sich hier an dem
Spiele einer Schauspielertruppe, die abgefeimte Verbrecher
darstellt, ergötzen, während schon der Aufruhr durch die
Stadt tobt. Dieser Truppe gehört auch der Schauspieler
Henri an, der vor kurzem einen lockeren Vogel zur Frau
genommen hat. Dieser mimt den Herrschaften vor, daß er
einen aristokratischen Geliebten seiner Frau erdolcht habe.
Als es zu seiner Kenntnis gelangt, daß der von ihm er¬
wähnte Aristokrat tatsächlich der Geliebte seiner Frau ist,
und jener unmittelbar darauf in der Schenke erscheint,
wird dies Verbrechen wirklich vollführt. Nachdem ein eben
von der Erstürmung der Bastille kommender Volkshaufe in
die Spelunke eingedrungen ist, fällt der Vorhang. Das
Stück, allerdings ganz eigentümliche, teilweise an Gorkis
=Nachtasyl= gemahnende Odeurs ausströmend, ist geschickt
gemacht und da auch, wie schon angedeutet, meisterhaft
gespielt wurde, fesselte die Aufführung das Interesse der
Zuhörer und fand lebhaften Beifall, welcher auch den
Autor auf die Bühne rief. Von den Darstellern dieses
Einalters sind in erster Reihe die Damen Elsa Galafrés
und Lucie Lißl, sowie die Herren Leopold Kramer,
Arthur Romanowsky, Eugen Jensen, Emil
Birron, Hans Homma und Franz Czasta zu
1
nennen, aber auch die übrigen Darsteller wirkten tadel¬
Wer.
plos mit.
elephon 19801.

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„UDSERVEN
I. Uoterr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin. Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen.
London, Madrid. Mailand, Minneapolis, New-Vork, Taris, Rom,
San Fraucisco, Stockholm. St. Petersburg.
(Quelienangabe ohme Gewähr.)
ausschnitt aus Arbeiter Zeitung, Wien
vom:

Thearer und Kungt.
Deutsthe# Volksthegter. Ins Burgtheater gehört
Schnitzters Geüner Kadadun de stern im Volkstheater
stürmischsgesteal hal, würllich nicht.“ Diese Revolutionsgroteske
schreit nach dem Publikumshintergrund einer erregten, beifall¬
polternden Zuhörerschaft, eben weil sie selbst schon Theater im
Theater darstellt. Der immer wieder vorüerte Gedanke Schnitzlers
Spiel ist Wirklichkeit, Wirklichkeit Spiel — hat hier seine
packendste Form gefunden. Doch gehört zu dem Revolutions¬
theater auf der Bühne auch die Theaterrevolution auf der Galerie.
Ich kann mir nicht helfen: Wenn der „Grüne Kakadu“ rasend
beklatscht, bejubelt wird, wenn auch unsere Marquisen in den
Logen zum Applaus mitgerissen werden, während die auf der
Bühne Todeszittern erleiden, dann ist der Erfolg dieses kleinen
Revolutionsdramas doppelsiuniger und erschüttender, als wenn es
bloß künstlerisch mit sauftem Kopfnicken gleichmütiger!
Komtessen gewürdigt wird. Dieser Schwung in der
Publikumsstimmung war gestern da. Möglicherweise brachte Herr
Vallentin, der neue Regisseur, die Stimmung ins Haus,
weungleich ich weder im Tempo noch in der Auffassung der
einzelnen Darstellung die suggestive Kraft Reinhartscher In¬
szenierungskunst wahrnehmen konnte. Es war ja eine ganz gute
Vorstellung, mitreißend war sie nicht. Bannend war von allen
eigemlich bloß Herr Homma, der den Mörder Grain einfach
und doch ganz unheimlich gab. Herr Kramer, der liebenswürdigste
Schauspieler des Theaters, hatte den tragischen Komödianten zu
spielen, Herr Russek, der gemütlichste, den verbissensten
Aristokratenhasser! Dagegen war die Rolle eines Polizeikommissärs
mit einem hier neuen, sehr geschickten Schauspieler, Herrn
Brad,y offenbar weil seine Eigenart noch weniger bekannt ist,
ganz richtig besetzt. Die Vorstellung wurde belubelt, Schnitzler
mußte immer wieder erscheinen! — Dem „Grünen Kakadu“ ging
eine arg zusammengestrichene Aufführung des „Verbrochenen
Krug“ voraus. Hier hatte man den Dorfrichter Adam Herrn
Höfer zugeteilt, weil er ein außerordentlich ernster Charakteri¬
sierer ist, aber keinen Humor besitzt. Allerdings hat das pariönal¬
reiche Theater keinen Komiker! Was der neue Regisseuxln dieser
nicht seh behaglichen Aufführung Außerordemtliches“ leistete, ist
nicht leicht zu erraten.
st. gr.