Der
box 15/2
ruene Kakadu
9. 3 0 eeneene en esens
1001
retungen
tugo, Christiania, Genf, Kopenhagen,
son, Madr..
na, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Wiener Deutsch
13 10%7edesblatt, Wien
vom:
Kunst und Wissenschaft.
Deutsches Volkstheater. Der gestrige Abend
gehörte Herrn Richard Vallentin, dem ehemaligen
Mitarbeiter (Max Reinhaxdts. nun Hauptspielleiter am
Deutssdeff Voltsthigtt Es war ein Ehrenabend für ihn
und nchchat auf der Bellaria schon seit Jahr und Tag
keine im Detail so (sorgfältig herausgearbeiteten und
dennoch zus einem lebensvollen Ganzen zusammen¬
geschlossenen Aufführungen gesehen, wie die der beiden
Einakter, die gestern im Deutschen Volkstheater ihre
Erstaufführung erlebten und eigens ausgesucht
und zusammengestellt worden waren,
damit
der neue Spielleiter den Quell seiner nachdichtenden
Regiekünste ungehemmt springen lassen könne. In „Ros¬
mersholm“ hatte er neulich keine Gelegenheit dazu. Er
konnte gewissermaßen mit der Stimmgabel nur den
Grundton anschlagen und mußte es den Sängern über¬
lassen, dem hohen Lied vom Adelsmenschen Seele, warme,
persönliche Seele einzuhauchen. Anders gestern. Das
waren zwei Ensemblestücke, darin es weniger auf die
Leistung des einzelnen als auf das Zusammen¬
spiel aller ankommt und auf den stimmungsvollen szeni¬
schen Rahmen, der das Ganze umspannt, ohne es einzu¬
engen. Zuerst Kleists vielumstrittenes Lustspiel „Der
zerbrochene Krug“ dieses Urbild der zuständ¬
lichen Milieuschilderung und der dramatischen Technik
Ibsens, die rückgreifend entschleiert und so Schuld
und Sühne unmittelbar nebeneinander stellt. Das
Bühnenbild und die, die es mit ihren kleinen
Aufregungen und Bestürzungen zu beleben hatten,
waren von so echter niederländischer Dörperhaftigkeit, wie
die besten Genrebilder eines Teniers oder Ostade, und das
Tempo so frisch und so glücklich gesteigert, daß das Stück
durch seine Kraft und Gesundheit wie ein Stahlbad
wirkte und man nicht begriff, wie einst Goethe wünschen
konnte, es gehöre wieder „dem unsichtbaren Theater an“.
Herr Höfer als Dorfrichter Adam, Frau Thaller als
Marthe Rull und Frl. Galafrés als Eve boten ganz
prächtige Leistungen scharf prosilierter Charakterzeichnung.
und ihnen schlossen sich in kleineren Rollen die Herren
Amon, Birron, Czasta und Weiß erfolgreich
an. Womöglich noch frischer und unmittelbarer
wirkte die Inszenierung der Schnitzlerschen Groteske
„Der grüne Kakadu“. Es war ein
Sieg über das Burgtheater. Hier spürte man
den heißen Atem der Revolution, und das Phos¬
phoreszieren der Fäulnis und das Gemisch von Ko¬
mödiantentum, Verbrechertum und von aristokratischer
Perversität, das in der Spelunke des Prospère auf einem
Vulkan tanzt, ist so glücklich differenziert und zusammen¬
gefaßt, daß man die Geburtswehen einer neuen Zeit zu
empfinden wähnt. Die Herren Kramer, Jensen,
Homma und Russek, sowie die Damen Gala¬
rés und Lißl dürfen sich berühmen, den ungewöhn¬
ichen Erfolg des Stückes gefördert zu haben, der sich in
türmischen Hervorrufen Schnitzlers und Vallentins ae¬
ubert hat.
Telephon 1280½
99
„UUSENVEN
I österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aülsterr. Volks Zeitung, Wien
15 10.1905
vom:
Theater und Kunst.
Deutsches Volkstheater. Was wir (trotz Ros¬
mersholm) von der Tätigkeit des neuen Oberregisseurs
Herrn Vallentin erwartet, das ist gestern glorreich
erfüllt worden. Zwei Stücke,
Kleist's: „Der zerbrochene Krug“ und Schnitzlers:
„Der grüne Kakadu“,
die wie zwei fremde Welten fern von einanderliegen,
sind in der Einstudierung durch Herrn Vallentin gestern
gegeben worden und wie bei dem Nummer Eins=Poete
der Mark (um ein Wort Johannes Scherrs zu brauchen)
so auch bei dem Dichter der Wiener Salons ist es ihm
gelungen, den ganzen geistigen Inhalt auszuschöpfen
und plastisch zu verlebendigen. In Kleists Meisterlust¬
spiel, dessen frische Farben bis heute unverblaßt sind,
war das niederdeutsche Milieu bewunderungswürdig
getroffen. Lebendige Gestalten bewegten sich auf der
Bühne und als zum Schlusse alle Darsteller Hand in
Hand, wie wir es aus der Menzelschen Schlu߬
vignette kennen, über die Bühne galoppierten:
zu dem
das gab den vollen Schlußesekt
meisterhaft abgetönten Bilde. Und ganz auf die
Akkorde gestimmt der brausenden, schäumenden Tage,
die der großen Abrechnung an der Wende des 18. Jahr¬
hundertes voraufgingen, war das heiße Tempo, in dem
Artereae
amikenen
sich Rede und Vorgang im „Grünen Kakadu“ vollzogen.
Wie die Massen kreischend, tobend, wie berauscht vom
Blutgenuß die Treppe in die Taverne hinunterstürzten,
dann in wildem Taumel jauchzend hinaufiagten: das
war das Furioso der dröhnenden Schritte der Revolution.
Wie in den Massenszenen so zeigte sich auch in den
Einzelleistungen, die sich harmonisch aneinander schlossen,
der neue Geist. Es wäre ungerecht, den Fleiß und den
Eifer zu übergehen, den jeder auf seinem Platze bekundete,
nur der hervorragendsten Leistungen des Abends kann
jedoch ausführlicher gedacht werden. Herr Höfer stattete
den Adam mit vielen Zügen der pfiffigen Verschlagenheit
aus. Frau Thaller gab die Witwe Rull mit mund¬
fertiger Redseligkeit und einer gewissen Kreuzbravheit,
Herr Weiß zeichnete fein und diskret den Walter.
Fräulein Galafrés war als Evchen von wurzelechter
Rasse; eine Vollgestalt von Kraft und Leben, typisch in
der lässigen Bewegung und überzeugend in der Rede.,
Die Versatilität ihrer Kunst bewies Fräulein
Galafres, als sich das dralle niederländische Mädchen¬
in Schnitzlers Groteske in die Schauspielerin
Leokadia verwandelte. Mit den funkelnden Augen, den
volupt schmiegsamen Gliedern und dem barchantischen
Tone war sie der Typus jener Zeit; gleichwie Fräulein
Lißl vortrefflich die Präziöse darstellte. In einem
prächtigen degagierten Tone svielten die Damen
Müller und Schaffer zwei Sumpfpflänzchen von
Anno dazumal und durch eine köstliche Charge über
raschte Herr Homma aufs angenehmste. Herr
Birron hat den Ruprecht mit einer rustikalen
Verve und einem frischen herzlichen Tone gespiel
und als Albin seine Wandlungsfähigkeit glänzend
bewiesen. Nennen wir noch Fräulein Schweighofe,
und Fräulein Ritscher, die Herren Krame
Jensen, Russek, Amon, Romanowski¬
Vallentin, Brady und Raeder, so ist nieman
vergessen, der sich um den gestrigen Abend verdier
gemacht hat. Der Beifall war stürmisch; nach der
„Grünen Kakadu“ orkanartig. Wenn nicht alles trüg
wird der „Grüne Kakadu“, der anfangs nur als Zwischen
spiel zu größeren Abenden Schnitzlers geplant war, u
L. F.
Volkstheater auf lange Zeit nisten.
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9. 3 0 eeneene en esens
1001
retungen
tugo, Christiania, Genf, Kopenhagen,
son, Madr..
na, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Wiener Deutsch
13 10%7edesblatt, Wien
vom:
Kunst und Wissenschaft.
Deutsches Volkstheater. Der gestrige Abend
gehörte Herrn Richard Vallentin, dem ehemaligen
Mitarbeiter (Max Reinhaxdts. nun Hauptspielleiter am
Deutssdeff Voltsthigtt Es war ein Ehrenabend für ihn
und nchchat auf der Bellaria schon seit Jahr und Tag
keine im Detail so (sorgfältig herausgearbeiteten und
dennoch zus einem lebensvollen Ganzen zusammen¬
geschlossenen Aufführungen gesehen, wie die der beiden
Einakter, die gestern im Deutschen Volkstheater ihre
Erstaufführung erlebten und eigens ausgesucht
und zusammengestellt worden waren,
damit
der neue Spielleiter den Quell seiner nachdichtenden
Regiekünste ungehemmt springen lassen könne. In „Ros¬
mersholm“ hatte er neulich keine Gelegenheit dazu. Er
konnte gewissermaßen mit der Stimmgabel nur den
Grundton anschlagen und mußte es den Sängern über¬
lassen, dem hohen Lied vom Adelsmenschen Seele, warme,
persönliche Seele einzuhauchen. Anders gestern. Das
waren zwei Ensemblestücke, darin es weniger auf die
Leistung des einzelnen als auf das Zusammen¬
spiel aller ankommt und auf den stimmungsvollen szeni¬
schen Rahmen, der das Ganze umspannt, ohne es einzu¬
engen. Zuerst Kleists vielumstrittenes Lustspiel „Der
zerbrochene Krug“ dieses Urbild der zuständ¬
lichen Milieuschilderung und der dramatischen Technik
Ibsens, die rückgreifend entschleiert und so Schuld
und Sühne unmittelbar nebeneinander stellt. Das
Bühnenbild und die, die es mit ihren kleinen
Aufregungen und Bestürzungen zu beleben hatten,
waren von so echter niederländischer Dörperhaftigkeit, wie
die besten Genrebilder eines Teniers oder Ostade, und das
Tempo so frisch und so glücklich gesteigert, daß das Stück
durch seine Kraft und Gesundheit wie ein Stahlbad
wirkte und man nicht begriff, wie einst Goethe wünschen
konnte, es gehöre wieder „dem unsichtbaren Theater an“.
Herr Höfer als Dorfrichter Adam, Frau Thaller als
Marthe Rull und Frl. Galafrés als Eve boten ganz
prächtige Leistungen scharf prosilierter Charakterzeichnung.
und ihnen schlossen sich in kleineren Rollen die Herren
Amon, Birron, Czasta und Weiß erfolgreich
an. Womöglich noch frischer und unmittelbarer
wirkte die Inszenierung der Schnitzlerschen Groteske
„Der grüne Kakadu“. Es war ein
Sieg über das Burgtheater. Hier spürte man
den heißen Atem der Revolution, und das Phos¬
phoreszieren der Fäulnis und das Gemisch von Ko¬
mödiantentum, Verbrechertum und von aristokratischer
Perversität, das in der Spelunke des Prospère auf einem
Vulkan tanzt, ist so glücklich differenziert und zusammen¬
gefaßt, daß man die Geburtswehen einer neuen Zeit zu
empfinden wähnt. Die Herren Kramer, Jensen,
Homma und Russek, sowie die Damen Gala¬
rés und Lißl dürfen sich berühmen, den ungewöhn¬
ichen Erfolg des Stückes gefördert zu haben, der sich in
türmischen Hervorrufen Schnitzlers und Vallentins ae¬
ubert hat.
Telephon 1280½
99
„UUSENVEN
I österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aülsterr. Volks Zeitung, Wien
15 10.1905
vom:
Theater und Kunst.
Deutsches Volkstheater. Was wir (trotz Ros¬
mersholm) von der Tätigkeit des neuen Oberregisseurs
Herrn Vallentin erwartet, das ist gestern glorreich
erfüllt worden. Zwei Stücke,
Kleist's: „Der zerbrochene Krug“ und Schnitzlers:
„Der grüne Kakadu“,
die wie zwei fremde Welten fern von einanderliegen,
sind in der Einstudierung durch Herrn Vallentin gestern
gegeben worden und wie bei dem Nummer Eins=Poete
der Mark (um ein Wort Johannes Scherrs zu brauchen)
so auch bei dem Dichter der Wiener Salons ist es ihm
gelungen, den ganzen geistigen Inhalt auszuschöpfen
und plastisch zu verlebendigen. In Kleists Meisterlust¬
spiel, dessen frische Farben bis heute unverblaßt sind,
war das niederdeutsche Milieu bewunderungswürdig
getroffen. Lebendige Gestalten bewegten sich auf der
Bühne und als zum Schlusse alle Darsteller Hand in
Hand, wie wir es aus der Menzelschen Schlu߬
vignette kennen, über die Bühne galoppierten:
zu dem
das gab den vollen Schlußesekt
meisterhaft abgetönten Bilde. Und ganz auf die
Akkorde gestimmt der brausenden, schäumenden Tage,
die der großen Abrechnung an der Wende des 18. Jahr¬
hundertes voraufgingen, war das heiße Tempo, in dem
Artereae
amikenen
sich Rede und Vorgang im „Grünen Kakadu“ vollzogen.
Wie die Massen kreischend, tobend, wie berauscht vom
Blutgenuß die Treppe in die Taverne hinunterstürzten,
dann in wildem Taumel jauchzend hinaufiagten: das
war das Furioso der dröhnenden Schritte der Revolution.
Wie in den Massenszenen so zeigte sich auch in den
Einzelleistungen, die sich harmonisch aneinander schlossen,
der neue Geist. Es wäre ungerecht, den Fleiß und den
Eifer zu übergehen, den jeder auf seinem Platze bekundete,
nur der hervorragendsten Leistungen des Abends kann
jedoch ausführlicher gedacht werden. Herr Höfer stattete
den Adam mit vielen Zügen der pfiffigen Verschlagenheit
aus. Frau Thaller gab die Witwe Rull mit mund¬
fertiger Redseligkeit und einer gewissen Kreuzbravheit,
Herr Weiß zeichnete fein und diskret den Walter.
Fräulein Galafrés war als Evchen von wurzelechter
Rasse; eine Vollgestalt von Kraft und Leben, typisch in
der lässigen Bewegung und überzeugend in der Rede.,
Die Versatilität ihrer Kunst bewies Fräulein
Galafres, als sich das dralle niederländische Mädchen¬
in Schnitzlers Groteske in die Schauspielerin
Leokadia verwandelte. Mit den funkelnden Augen, den
volupt schmiegsamen Gliedern und dem barchantischen
Tone war sie der Typus jener Zeit; gleichwie Fräulein
Lißl vortrefflich die Präziöse darstellte. In einem
prächtigen degagierten Tone svielten die Damen
Müller und Schaffer zwei Sumpfpflänzchen von
Anno dazumal und durch eine köstliche Charge über
raschte Herr Homma aufs angenehmste. Herr
Birron hat den Ruprecht mit einer rustikalen
Verve und einem frischen herzlichen Tone gespiel
und als Albin seine Wandlungsfähigkeit glänzend
bewiesen. Nennen wir noch Fräulein Schweighofe,
und Fräulein Ritscher, die Herren Krame
Jensen, Russek, Amon, Romanowski¬
Vallentin, Brady und Raeder, so ist nieman
vergessen, der sich um den gestrigen Abend verdier
gemacht hat. Der Beifall war stürmisch; nach der
„Grünen Kakadu“ orkanartig. Wenn nicht alles trüg
wird der „Grüne Kakadu“, der anfangs nur als Zwischen
spiel zu größeren Abenden Schnitzlers geplant war, u
L. F.
Volkstheater auf lange Zeit nisten.
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