II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 697

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9.4. Der gruene Kakadu Zyklus
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Nr. 40
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Ausschnitt aus:
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vom
## 21. Dezember. (Eig. Mitth.) Es gab Zeiten, in
denen die Hostheater den Rang der Stücke nach dem gesellschaft¬
ichen Stand der handelnden Personen abschätzten. Dazu kam,
aß die Mandart als minderwerthig angesehen wurde. So that
der alte Herr v. Hütfen Anzengruber schlankweg als Bauerndichter
ab und fand es ganz in der Ordnung, daß Raimunds Valentin von
einem Schauspieler gegeben wurde, den er selbst nur immer als
feller gelten ließ. Aehnliche Erwägungen mögen;
Bedien
imund die Pforten des Burgtheaters ver¬
dem
Und doch war es dieses Dichters hochster Traum
sch
ig“ zu werden. Er mußte hinter einer Unzahl
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Stückmacher zurückstehen, auf denen Laube dey
ftheaters aufbaute. Erst im Jahre 1885 magte
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man es, den „Verichwender“ im Burgtheater zu spielen. Trotz
dem damals Tyrolt den Valentin darstellte, ging das Werk nicht
öfter als zweimal. Jetzt hat man den Versuch erneut, hoffentlich
s scheint, daß die Realisten dem
mit besserem Erfolge.
Romantiker die Wege geebnet haben. Die Vorstellung ist
fast durchwegs lobenswerth, Die „harbe“ und gemüthvolle Rosel
ist bekanntlich eine Glanzrolle der Frau Schratt, Herr Reimers
ist ein edler, feuriger Flottwell, Fräulein Medelsky eine
rührende Cheristane. Reben ihnen zeichneten sich Frl. Schönchen
in der Rolle des alten Weibes und Herr Devrient als Chevalier
Dumont aus. Valentin war Herr Kainz, leider Herr Kainz
nicht der Valentin. Dieser Künstler, der im Nu der Liebling
der Wiener geworden ist, möchte gern als Tausendfasa gelten,
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ir gefällt
der alles kann und noch etwas darüber. 9
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solches Wunderknabenwesen nicht. Wer fast alle Gebiete des
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Dramatischen so genial beherrscht wie Herr Kainz, braucht
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sich nicht auf das zu steifen, was ihm inneruich doch fremd ist.
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In Wien spielt jetzt Girardi den Valentin; er ist von schlichtester
Gemüthsinnigkeit und durchaus wurzelecht. Schafft er alles aus Jaa¬
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dem Herzen heraus, so entspringt bei Kainz alles aus dem Kopf sden
Abonnen
und dem Temperament. Da gab es denn freilich prächtige, inter¬
Abonnen
essante Momente, selbst im Vortrag der Gesangsnummern, aber
der gute, alte, bescheidene, ehrliche Valentin war das doch nicht.
Was Herr Kainz für das Burgtheater bedentet, zeigte sich
einige Tage nach der „Verschwender“=Vorstellung, als Herr Kainz !
Schvißlers Paracelius spielte. Der verstorbene Robert hatte
ihn als einen Zwillingsbruder des Pausanias geschaffen; bei Kainz!
war er ein noch jugendfrischer, etwas abenteuernder Idealist, der¬
die Menschen liebt, wenn er auch einmal in überlegener, sieges¬
gewisser Genialität mit ihnen spielt. Jedenfalls ist jetzt erst die
Figur gewonnen worden, die der Dichter auf die Bühne stellen
wollte.—