II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 707

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9.4. Der gruche Kakadu— Zukius
Dr. Max Goldschmidt
Bureau für Zeitungsausschnitte und Verlag
der Wissenschaftlichen Revue.
Berlin N., Auguststr. 87 part.
Telephon Amt III, No. 3051.
Ausschnitt.
Hannoverscher Courier

hierfür emnsetzen, was jedoch vom deutsche
19067. 00
lehnt worden sein soll. Die Verhandlungc
Jugendgeliebte als dessen Frau. Sofort erkennt er, daß sie
Verhältniß hatte. Neben dem mit de
Der grüne Kakadn
an der Seite Cyprians kein wirkliches Liebesglück genossen, daß
1 Er hat diese also zur Dirne erniedrigt, hat
und zwei andere Einakter von Arthur Schnitzler. Aufführung
in ihrer Seele noch ein Rest von romantischer Sehnsucht nach
liebt. Dem Schamlosen weist der Betrog
im Restrengeenre
einem Leben der Leidenschaft und Liebe glüht. Von dem
das Maß ist noch nicht voll Eine Fre
protzigen Philister beleidigt, rächt sich der „Wundermann“: er
Ein paar Sterne, die sich „zufällig“ zusammen gefunden,
daß die Verstorbene um die Ehepläne des
hypnotifirt die Frau, und im Traumwachen klagt sie sich des
es genügten schon zwei oder drei, — und die alten Astronomen
und sich dennoch mit ihm vergangen hat#
Ehebruchs mit einem Junker an, obgleich sie nichts Strafbares
vereinigten sie unter der Einheitsanschauung eines Bildes.
ihrem Manne nie eine „Gefährtin“ seines
gethan hat und sich nur dessen Huldigungen gefallen ließ.
Das machte sich nicht leichter und nicht schwerer als wenn
auch nicht einmal seine „Geliebte“ Nuh
Zuerst glaubt Cyprian nicht an die Schuld seiner Gattin; er
heutzutage die Dramatiker ein paar Einakter für einen Spiel¬
andern. — Dieser Einakter ist höchst sti
weiß, es ist alles nur Zauber und Schein; aber allmählich
abend zusammenfügen und, was weit nach Zeit und Raum
und wird von den Herren Marlow (Professo
wird er verwirrt, und es ist Zeit, daß Paracelsus dem Spiel
auseinander liegt, unter den Begriff einer These oder irgend
und von Fräulein Baumbach (die Freund##
ein Ende macht. Er weckt die Träumende auf, hypnotisirt sie
eines Einfalls gruppiren. So gab z. B. Sudermann drei kleinen
Rrr — ein anderes Bild! Mitten in
aber noch einmal und befiehlt ihr, nur die lantere Wahrheit
Stücken den Obertitel „Morituri“. Schnitzler hat nun zwar
Bastille schleudert uns der Dichter. Das
zu sagen. Da gesteht sie, wie sie Paracelsus allein geliebt und
für seine Einakter „Paracelsus“, „Die Gefährtin“, „Der
des Aufruhrs dringen bis in den Weinkelle
grüne Kakadu“ keinen gemeinsamen Titel ersonnen, aber er
in dieser Jugendliebe allein glücklich gewesen sei. Paracelsus
Kakadu“. Ein ehemaliger Theaterdirekt
ist zufrieden; er geht von dannen mit den Worten:
setzt in der Buchausgabe vor alle drei einen philosophischen
der Wirth; die Mitglieder seiner aufgelös
Gedanken als Motto; er will also, daß wir diesen Gedanken
„Es war ein Spiel! Was sollt' es anders sein?
als Gäste hier weiterspielen; sie müssen 2#
dramatisch in den drei Spielen versinnbildet schauen. Etwas
Was ist nicht Spiel, das wir auf Erden treiben,
stellen, um der allen verhaßten Aristokrate#
Und schien es noch so groß und tief zu sein!
Tröstliches besagt sein Motto nicht; er schöpft es zunächst aus der
Herren, die im Keller mit dem verkommen
Mit wilden Söldnerschaaren spielt der Eine.
praktischen Lebensphilosophie, will aber damit auch in die Tiefe
lichen Mördern und Dirnen, verkehrt, durch
Ein Anderer spielt mit tollen Abergläubischen,
greifen, es soll eine Lebens=, eine Weltanschauung andeuten und
Unthaten die Nerven zu kitzeln. Heuri
Vielleicht mit Sonnen, Steenen irgendwer.
sogar einen metaphysischen Sinn gewinnen. „Wir spielen
echter Künstler, zeichnet sich vor allen ##
Mit Menschenseelen spiele ich ...
Zimmer; wer es weiß, ist klug,“ sagt Schnitzler. Das klingt
Es fließen ineinander Traum und Wachen
die Thorheit begangen, sich mit Leocadie,
Wahrheit und Lüge. Sicherheit ist nirgends.
trivial, nicht wahr? Aber die größten Wahrheiten und Weis¬
Geschöpf, zu verheirathen. Das Mädel s#
Wir wissen nichts von andern, nichts von uns.
heiten sind auch oder gerade wenn sie sich in „dunkles Licht“
mit den Edelleuten fort, auch mit dem He
Wir spielen immer, wer es weiß, ist klug.“
hüllen, nicht viel mehr als „Welt weisheit“ in dem Sinne,
(Herr Lebius), der im Keller verkehrt.
daß alle Welt sie verstehen kann oder sie aus aller Welt
Im zweiten Stück „Die Gefährtin“ ist's ein anderes
eine Eifersuchtsszene; er will Leocadie mit
Munde verlauten können, sobald man sie bei heller Tagessonne
und diesen erstochen haben. Er spielt aber
Spiel, kein heiteres, sondern ein sehr ernstes, düsteres. Wir
betrachtet. Die Menschenkenner aller Zeiten wußten, daß die
wahr, daß ihm alle glauben und der Wir
sehen von der Wohnung des Professors Pilgram auf den
Welt eine Bühne ist, auf der jeder seine Rolle mehr oder
Friedhof hinaus. Es ist Abend. Die Gattin ist todt, eben
habe es längst gewußt. Da geht dem Bei
minder schlecht oder trefflich spielt; wenden wir jenes Motto
begraben. Dreizehn Jahre haben die beiden mit einander gelebt,
heit auf; er stürzt sich auf den
ins Metaphysische, so finden wir den Gedanken am aus¬
nur im ersten Jahr in einem „Duft“ von Liebe. Dann ent¬
Herzog und ermordet ihn wirklich. Gäste
geprägtesten bei Nietzsche. Bei ihm sind wir lediglich zur Be¬
fremdete sich die um zwanzig Jahre jüngere Frau immer mehr
„Die Bastille ist unser“ dringen herein
lustigung etwaiger Götter du, die sich ein Schauspielchen aus
dem Gatten. Kein Verständniß mehr zwischen ihnen. Da
flüchten unter dem allgemeinen Geheul „Es
unserem Treiben, aus unserem Jammer und unserer Freude
tritt der Hausfreund ein — bei Professoren der Naturwissen¬
Hier ist ein wirkliches „Spiel“ also unn
machen und sich im übrigen um uns verzweifelt wenig oder
schaften ist es heutzutage immer ein Assistent —, dem der
übergeführt. Der groteske Einakter muthe
gar nicht kümmern etwa wie die römischen Cäsaren um
ältere Mann zugethan ist. Der Professor weiß wohl, daß
zu einem großen Revolutionsdrama an.
ihre Gladiatoren. Pessimistisch im Alltags= wie im Ewigkeits¬
jene sich lieben; er duldet es, er hofft, sie würden zu ihm
daß er Gruppen= und Volksszenen zu mei
sinne ist jenes Motto imme. Schnitzler legt es dem Para¬
kommen und ihn um die Scheidung bitten. Er hätte die Frau
erkennt seine gewohnte feine und nicht selt
celsus in den Mund. Der verühmte Arzt, Kenner der Natur
freigegeben; er versteht ja alles, verzeiht alles. Aber sie
gar nicht wieder. Herrn Steffter ist die I#
und der Menschen, kommt auf seinen Kreuz= und Querfahrten
spielten mit ihm; jetzt am Begräbnißtage erfährt er es.
Betracht geglückt; die stürmischen Massens
nach Basel zurück. Er wird von einem stattlichen Philister,
Sein Assistent kündigt ihm seine Verlobung mit einem Mädchen ohne Störung und voller Lebenswahrheit.
einem Waffenschmied, ins Haus geladen und findet dort seine! an, mit dem er seit zwei Jahren schon ein auf die Ehe zielendes auch bei dem Einzelnen sehr gelunge