Paracelsus
9. 1. J u enennennnen
bex 14/6
worden, gabe eeeneenue
das Versäumnis, mich mit demselben zu bewaffnen,
nachträglich ausglich. Trotzdem der berühmte Wunder¬
doktor des siebzehnten Jahrbunderts viele Schrift
hinterlassen und über ihn noch mehr geschrieben worden,
gelegentlich auch auf Stempelpapier, ermangelt sein
Charakterbild noch sehr der Klarheit. Es hat schon
verschiedene Poeten verführt, an ihm ihre Psychologie
zu stählen. Schultlers Einakter ist geschickt, in ein¬
zelnen Teilen sehr geschickt und fein gearbeitet, das
wiro ihm niemand abstreiten wollen. Wenn ich höre,
daß das kleine Opus auf einigen Bühnen Furore
gemacht habe, dann applaudiere ich aus der Ferne den
Darstellern, sicher, daß sie ganz fein gespielt, denn ohne
das wäre ein packender Eindruck nicht verständlich.
Der Dichter führt uns nach Basel, wo eben Paracelsus
auf dem Markt seine Faxen macht oder Wunder thut,
daß sogar der ehrenfeste Waffenschmied Cyprian, dessen
robustes Denken nicht von Wunderglauben angekränkelt
ist, seine Freude hat an diesem „Schwindler“ und
„Lump“ und den alten Nebenbuhler um Frau Justina
in sein ehrbares Bürgerhaus heimbringt, um ihm seine
inclusive
Für
Könste mit einem Trunk zu lohnen und seiner Gattin:
Porto.
eine Ueberraschung zu bereiten. „Ich bring heut einen:
Zahlbar
200
wunderlichen Gast, an dem wir unsere Kurzweil haben:
im Voraus#
500
werden. Mein guter Paracelsus tretet ein. Ein einfach:
„ 1000
bürgerliches Haus — doch denk ich, wenn man gewohnt, schnitte ist
im Frei'n zu übernachten, so kann sichs sehen lassen.“uch steht en den
Abon
Abonne, Auf welche protzige Vorstellung der „Doktor“ repliziert: ändern.
„Nicht ganz verächtlich ist des Himmels Dach.“ Gerade
vorher hatte Junker Anselm, der nach Basel gekommen,
um bei Meister Thomas — das Orgelspiel zu erlernen,
die Gattin des Waffenschmieds mit einem letzten Liebes¬
antrag bestürmt. Der Justina ging der holde Jüngling¬
nahe, sie erwehrte sich aber tapfer. Cyprian lacht des###
Knaben, bombensicher im Besitze seines schönen Weides:
„Was gilts, daß er von Liebe dir gesprochen?“ Sie
leugnet. „Sie schömt sich ihrer stuminen Macht, die
jeder fühlen muß der sich ihr naht, Ihr wißt ja auch
ein Lied davon zu singen, Doktor.“ Und dann hypno¬
tisiert Paracelsud die Justina und sagt ihr was ins
Ohr und wie er sie erweckt, flieht sie entsetzt vor ihrem
Mann. Der Doktor hat ihr den Wahn eingegeben,
sie hätte sich vom Junker bethören lassen, und be¬
hauptet, sie Zeit ihres Lebens in diesem Wahne er¬
halten zu können. Der Waffenschmied tobt. Der Doktor
soll den Bann von seinem Weibe nehmen. Der weigert
lich. Um selber tlar zu sehen und nachdem der Junker
wieder dazu gekommen und die Reinheit seiner Flamme
beteuert, bricht Paracelsus den Zauber, d. h. er hyp¬
notisiert Justina ein zweites Mal, heißt sie den Traum
vergessen und nun völlige Wahrheit sprechen. Und die
redet sie dann, daß Gatte und Zauberer noch wirrer
werden. Dem „Doktor“ sagt sie, daß sie fast ver¬
gangen vor Leid, als er vor dreizehn Jahren von
dannen gezogen und er den Moment nicht genutzt,
wünscht sich Glück, daß der Junker abreist, „noch fühl
ich meiner Jugend lekzte Schauer, der Frühling schmei¬
chelt und die Schönheit lockt.“ Schließlich haben beide
ihr Teil, der Wa ffenschmied und der Zauberer. Para¬
celsus kündigt seine Abreise an und Cyprian schließt:
„Es war ein Spiel, doch land ich seinen Sinn; was
ich gesehn, für alle Zeit solls mich vor allzu großem
Stolze hüten.“
Nun, diese Nutzanwendung hätte der Dichter sein
Publikum selber ziehen lassen dürfen. Den Bombastus
Theophrastus Paracelsus hätte man ruhig im Grabe
liegen lassen können für dieses allermodernste Feuer¬
werk. Schnitzlers Werk ist, wie gesagt, ein so fein¬
gliedriges Geschöpschen, daß ich, wie bemerkt, Dar¬
steller und Auditorium bewunderte, die es voll zu
gestalten und zu genießen vermögen.
9. 1. J u enennennnen
bex 14/6
worden, gabe eeeneenue
das Versäumnis, mich mit demselben zu bewaffnen,
nachträglich ausglich. Trotzdem der berühmte Wunder¬
doktor des siebzehnten Jahrbunderts viele Schrift
hinterlassen und über ihn noch mehr geschrieben worden,
gelegentlich auch auf Stempelpapier, ermangelt sein
Charakterbild noch sehr der Klarheit. Es hat schon
verschiedene Poeten verführt, an ihm ihre Psychologie
zu stählen. Schultlers Einakter ist geschickt, in ein¬
zelnen Teilen sehr geschickt und fein gearbeitet, das
wiro ihm niemand abstreiten wollen. Wenn ich höre,
daß das kleine Opus auf einigen Bühnen Furore
gemacht habe, dann applaudiere ich aus der Ferne den
Darstellern, sicher, daß sie ganz fein gespielt, denn ohne
das wäre ein packender Eindruck nicht verständlich.
Der Dichter führt uns nach Basel, wo eben Paracelsus
auf dem Markt seine Faxen macht oder Wunder thut,
daß sogar der ehrenfeste Waffenschmied Cyprian, dessen
robustes Denken nicht von Wunderglauben angekränkelt
ist, seine Freude hat an diesem „Schwindler“ und
„Lump“ und den alten Nebenbuhler um Frau Justina
in sein ehrbares Bürgerhaus heimbringt, um ihm seine
inclusive
Für
Könste mit einem Trunk zu lohnen und seiner Gattin:
Porto.
eine Ueberraschung zu bereiten. „Ich bring heut einen:
Zahlbar
200
wunderlichen Gast, an dem wir unsere Kurzweil haben:
im Voraus#
500
werden. Mein guter Paracelsus tretet ein. Ein einfach:
„ 1000
bürgerliches Haus — doch denk ich, wenn man gewohnt, schnitte ist
im Frei'n zu übernachten, so kann sichs sehen lassen.“uch steht en den
Abon
Abonne, Auf welche protzige Vorstellung der „Doktor“ repliziert: ändern.
„Nicht ganz verächtlich ist des Himmels Dach.“ Gerade
vorher hatte Junker Anselm, der nach Basel gekommen,
um bei Meister Thomas — das Orgelspiel zu erlernen,
die Gattin des Waffenschmieds mit einem letzten Liebes¬
antrag bestürmt. Der Justina ging der holde Jüngling¬
nahe, sie erwehrte sich aber tapfer. Cyprian lacht des###
Knaben, bombensicher im Besitze seines schönen Weides:
„Was gilts, daß er von Liebe dir gesprochen?“ Sie
leugnet. „Sie schömt sich ihrer stuminen Macht, die
jeder fühlen muß der sich ihr naht, Ihr wißt ja auch
ein Lied davon zu singen, Doktor.“ Und dann hypno¬
tisiert Paracelsud die Justina und sagt ihr was ins
Ohr und wie er sie erweckt, flieht sie entsetzt vor ihrem
Mann. Der Doktor hat ihr den Wahn eingegeben,
sie hätte sich vom Junker bethören lassen, und be¬
hauptet, sie Zeit ihres Lebens in diesem Wahne er¬
halten zu können. Der Waffenschmied tobt. Der Doktor
soll den Bann von seinem Weibe nehmen. Der weigert
lich. Um selber tlar zu sehen und nachdem der Junker
wieder dazu gekommen und die Reinheit seiner Flamme
beteuert, bricht Paracelsus den Zauber, d. h. er hyp¬
notisiert Justina ein zweites Mal, heißt sie den Traum
vergessen und nun völlige Wahrheit sprechen. Und die
redet sie dann, daß Gatte und Zauberer noch wirrer
werden. Dem „Doktor“ sagt sie, daß sie fast ver¬
gangen vor Leid, als er vor dreizehn Jahren von
dannen gezogen und er den Moment nicht genutzt,
wünscht sich Glück, daß der Junker abreist, „noch fühl
ich meiner Jugend lekzte Schauer, der Frühling schmei¬
chelt und die Schönheit lockt.“ Schließlich haben beide
ihr Teil, der Wa ffenschmied und der Zauberer. Para¬
celsus kündigt seine Abreise an und Cyprian schließt:
„Es war ein Spiel, doch land ich seinen Sinn; was
ich gesehn, für alle Zeit solls mich vor allzu großem
Stolze hüten.“
Nun, diese Nutzanwendung hätte der Dichter sein
Publikum selber ziehen lassen dürfen. Den Bombastus
Theophrastus Paracelsus hätte man ruhig im Grabe
liegen lassen können für dieses allermodernste Feuer¬
werk. Schnitzlers Werk ist, wie gesagt, ein so fein¬
gliedriges Geschöpschen, daß ich, wie bemerkt, Dar¬
steller und Auditorium bewunderte, die es voll zu
gestalten und zu genießen vermögen.