box 14/6
Paracelsus
9.1..
Telephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
„OBSERYER“
Nr. 96
L. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“-
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockhelm.
Ausschnitt aus:
Neve Presssische Jing, Borsig
von# ####702
Bühnenstücke ist gering, in denen sich soviel Witz auf so natüirliche
Theater und Musik.
Weise ergiebt. Dazu die Charakteristit der Personen, die auch für
Schiller=Theater.
Schauspieler von mittlerer Begabung mit Händen zu greifen und
Am Mittwoch wurden im Schiller=Theater zum ersten Male
überhaupt nicht zu verfehlen ist, wobei es wenig in Betracht konnnt,
die bekannten vier Einakter „Unter blonden Bestien“ von Max
ob hier einmal in derberen Strichen, dort feiner gezeichnet wird.
Dreyer, „Der Tod und der Thor“ von Hugo v. Hofmanns¬
Die Darstellung im Schillertheater hielt die Mitte. Hans Kuhner
thal, „Pararelsus“ von Arthur Schnitzler, und „Post
als zerstreuter Professor blieb trotz kleiner Uebertreibungen dul
festum“ von Ernst Wichert aufgeführt. In dem Dreyerschen
glaubwürdig. Frl. Mallinger als seine so umständlich u
Stücke, das seine Entstehungnd seinen Titel wohl einer
bene Geliebte ließ erkennen, daß ihr resolutes Wesen dem zukü
Reminiscenz an die Thusnelda=Vertidiusepisode in
Kleists Herrn Gemahl von großem Nutzen sein werde, und auch
Herrmannsschlacht“ verdankt, führten
e] Rickelts General v. Oberberg erweckte das Vertrauen, daß e
Wasa,
blonde Frau Inga, und Georg Päschke, der den
aller Barschheit doch einen recht annehmbaren Schwiegerpapa abgeb
Für
würde.
heißblütigen talienischen Geiger gab mit bemerkenswerther
L. C.
1 Gewandtheit ihren Dialog. Von dem gefährlichen Höhepunkt ge¬
2 leitete Herr Pategg als Gatte der Frau Inga die erregten G#
müther sicher und mit gutem Humor in die normale Stimmung1
„ 10 wieder zurück, um schließlich das Stückchen mit einer edlen That un
den sie anspruchslos kündenden echten Mannesworten warm ausklingendas
Abonn zu lassen.
den
Abonn
Die Wahl der Dichtung von Hofmannsthal war ver¬
fehlt. Als Lektüre lasse ich mir die guten Gedanten in ihrem hübschen
Versgewande wohl gefallen, wenn sie auch nicht die poetische Kraftale
Inhalt ähnlicher Dichtungen wie z. B. des „Winteridylls“ von Karl Stielern¬
blät besitzen. Auch ein auregendes Objekt künstlerischen Buch=g“)
wodur schmuckes mag das Werk für einen phantasiereichen Zeichner sein zehe
Leben für die scenische Wiedergabe ist
jedoch ganz ungeeignet.lit¬
theilu Went. Shakespeare Geister erscheinen läßt, so geschieht das für kurze
Zeit, und nur wenige, aber inhaltschwere Worte hören wir von ihnen.
Hofmannsthals Geister verweilen viel zu lange und zerstören durch!
ihr rein menschliches Benehmen und ihr langathmigen Auseinander¬
setzungen jede Illusion. Wir empfinden sie sehr bald als leibhaftige
Menschen und ärgern uns über ihr todtenartiges Aussehen und ihre
affektirt geisterhafte Sprache. Auch eine bessere Inscenirung, als sie
an diesem Abend zu sehen war, wird daran nichts ändern.
Die für den Bühnenschriftsteller durchaus nothwendige Bild¬
kraft, die Hugo v. Hofmannsthal in diesem Jugendwerke noch gänzlich
mangelt, besitzt Arthur Schnitzler in hohem Grade. Wie sicher
sind in seinem lustigen Versspiel, in dem der altehrwürdige Bombastus
Paracelsus das unheimliche Wesen des Hypnotismus demonstriren
muß, die Bühnenwirkungen berechnet! Wie verwebt sich Ein¬
bildung und Wirklichkeit, Ernst und Scherz, Harmlosigkeit
und Satire zu einem harmonisch gefügten Ganzen! Und
mit wie sicherem Taktgefühl hat der Verfasser die modern
anmuthenden Vorgänge in eine uns fern liegende Zeit versetzt! Die
gelungene Aufführung dieses Stückes war die feinste Gabe des
Abends. Herr Pategg verkörperte sehr wirksam den kernigen, auch
in seelischen Zweifeln noch mannhaft seine Ehre vertheidigenden
Waffenschmidt Cyprian. Ein holdes Bild weiblicher Anmuth und
Ehrbarkeit war seine Gattin die Marianne Wulf darstellte. Ueber¬
legener Geist mit einem Zusatz beißender Satire sprach aus dem
Paracelsus des Herrn Lettinger.
Noch stärkeren Beifall als das Schnitzlersche Stück hatte
Wicherts unverwüstliches Lustspiel. So lange es zerstreute Pro¬
fessoren und grobe Generale giebt, wird wohl auch dieses Genre¬
bildchen immer wieder in Seene gesetzt werden. Die Anzahl der
Paracelsus
9.1..
Telephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
„OBSERYER“
Nr. 96
L. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“-
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockhelm.
Ausschnitt aus:
Neve Presssische Jing, Borsig
von# ####702
Bühnenstücke ist gering, in denen sich soviel Witz auf so natüirliche
Theater und Musik.
Weise ergiebt. Dazu die Charakteristit der Personen, die auch für
Schiller=Theater.
Schauspieler von mittlerer Begabung mit Händen zu greifen und
Am Mittwoch wurden im Schiller=Theater zum ersten Male
überhaupt nicht zu verfehlen ist, wobei es wenig in Betracht konnnt,
die bekannten vier Einakter „Unter blonden Bestien“ von Max
ob hier einmal in derberen Strichen, dort feiner gezeichnet wird.
Dreyer, „Der Tod und der Thor“ von Hugo v. Hofmanns¬
Die Darstellung im Schillertheater hielt die Mitte. Hans Kuhner
thal, „Pararelsus“ von Arthur Schnitzler, und „Post
als zerstreuter Professor blieb trotz kleiner Uebertreibungen dul
festum“ von Ernst Wichert aufgeführt. In dem Dreyerschen
glaubwürdig. Frl. Mallinger als seine so umständlich u
Stücke, das seine Entstehungnd seinen Titel wohl einer
bene Geliebte ließ erkennen, daß ihr resolutes Wesen dem zukü
Reminiscenz an die Thusnelda=Vertidiusepisode in
Kleists Herrn Gemahl von großem Nutzen sein werde, und auch
Herrmannsschlacht“ verdankt, führten
e] Rickelts General v. Oberberg erweckte das Vertrauen, daß e
Wasa,
blonde Frau Inga, und Georg Päschke, der den
aller Barschheit doch einen recht annehmbaren Schwiegerpapa abgeb
Für
würde.
heißblütigen talienischen Geiger gab mit bemerkenswerther
L. C.
1 Gewandtheit ihren Dialog. Von dem gefährlichen Höhepunkt ge¬
2 leitete Herr Pategg als Gatte der Frau Inga die erregten G#
müther sicher und mit gutem Humor in die normale Stimmung1
„ 10 wieder zurück, um schließlich das Stückchen mit einer edlen That un
den sie anspruchslos kündenden echten Mannesworten warm ausklingendas
Abonn zu lassen.
den
Abonn
Die Wahl der Dichtung von Hofmannsthal war ver¬
fehlt. Als Lektüre lasse ich mir die guten Gedanten in ihrem hübschen
Versgewande wohl gefallen, wenn sie auch nicht die poetische Kraftale
Inhalt ähnlicher Dichtungen wie z. B. des „Winteridylls“ von Karl Stielern¬
blät besitzen. Auch ein auregendes Objekt künstlerischen Buch=g“)
wodur schmuckes mag das Werk für einen phantasiereichen Zeichner sein zehe
Leben für die scenische Wiedergabe ist
jedoch ganz ungeeignet.lit¬
theilu Went. Shakespeare Geister erscheinen läßt, so geschieht das für kurze
Zeit, und nur wenige, aber inhaltschwere Worte hören wir von ihnen.
Hofmannsthals Geister verweilen viel zu lange und zerstören durch!
ihr rein menschliches Benehmen und ihr langathmigen Auseinander¬
setzungen jede Illusion. Wir empfinden sie sehr bald als leibhaftige
Menschen und ärgern uns über ihr todtenartiges Aussehen und ihre
affektirt geisterhafte Sprache. Auch eine bessere Inscenirung, als sie
an diesem Abend zu sehen war, wird daran nichts ändern.
Die für den Bühnenschriftsteller durchaus nothwendige Bild¬
kraft, die Hugo v. Hofmannsthal in diesem Jugendwerke noch gänzlich
mangelt, besitzt Arthur Schnitzler in hohem Grade. Wie sicher
sind in seinem lustigen Versspiel, in dem der altehrwürdige Bombastus
Paracelsus das unheimliche Wesen des Hypnotismus demonstriren
muß, die Bühnenwirkungen berechnet! Wie verwebt sich Ein¬
bildung und Wirklichkeit, Ernst und Scherz, Harmlosigkeit
und Satire zu einem harmonisch gefügten Ganzen! Und
mit wie sicherem Taktgefühl hat der Verfasser die modern
anmuthenden Vorgänge in eine uns fern liegende Zeit versetzt! Die
gelungene Aufführung dieses Stückes war die feinste Gabe des
Abends. Herr Pategg verkörperte sehr wirksam den kernigen, auch
in seelischen Zweifeln noch mannhaft seine Ehre vertheidigenden
Waffenschmidt Cyprian. Ein holdes Bild weiblicher Anmuth und
Ehrbarkeit war seine Gattin die Marianne Wulf darstellte. Ueber¬
legener Geist mit einem Zusatz beißender Satire sprach aus dem
Paracelsus des Herrn Lettinger.
Noch stärkeren Beifall als das Schnitzlersche Stück hatte
Wicherts unverwüstliches Lustspiel. So lange es zerstreute Pro¬
fessoren und grobe Generale giebt, wird wohl auch dieses Genre¬
bildchen immer wieder in Seene gesetzt werden. Die Anzahl der