II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 252

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8. Freiwil¬
dringendsten Interesse ver¬
Königreiches Böhmen und des Wohlischen Landtages, e¬
geradezu alberne Phraseologie, welche die Czechen über diesen
schwüle Atmosphäre in
gs werden die Krönungseide und die pragmatische Sanction
ihren Lieblingsgegenstand sich gebildet haben, ist in die Adresse
gerufen, wieder schließt die Adresse mit dem schmetternden
inale von der heiligen Wenzelskrone, die der Landtag auf dem übergegangen, und man kann kaum mehr ernst bleiben, wenn Adreß=Debatte erhitzen zu
st. Gleich hier finden wir
Liebesjagdlaune, schnurrige Comödianten und Theatermädchen
Die Fertigung des Namens de gleiche Frau
führung. Dieser Paul Rön
flattern in leichtem Schwarm über die Scene. Die hat ein
von Adolph Wilbrandt befindet sich auf Seite 21
der Sympathische angelegt,
„Verhältniß mit dem, und so weiter. Der Director über¬
und 22. Ferner enthält die vorliegende Nummer
Seite begeben. Aber was ste
blickt väterlich die Beziehungen, die sich schnell knüpfen und
auf Seite 23 bis 25 den Schluß der Aufzeichnungen
lösen. Aber Eine will im allgemeinen Taumel nicht mit reicher junger Mensch, hat
„aus dem Nachlasse des Freiherrn v. Pratobevera
vor Allem sein Leben auf d
thun, das ist die Naive Anna Riedel. Es stellen ihr so
solcher Lage befindet, hat in
(Rückblicke auf das Jahr 1848).
ziemlich alle Herren nach, und sie bleibt am. Sie ist
zum Theater gegangen, um ihr Brot verdienen, die Anspruch auf unsern Neid,
höchst Naive, und will gerade nur ihr Brot dienen, nicht ist sehr angenehm, ein Sy
en, Feuilleton.
Werth eines Menschen be¬
mehr und nicht weniger. Das ist schwer, Hungern oder
Menschen nützlich wird oder
Carl-Theater.

Schwelgen, ein Drittes gibt es für junge Damen an diesem
ist mehr Mann, Karinski
(„Freiwild“, Schauspiel von Arthur Schnitzler.
Kunstinstitute nicht. Es ist sehr anziehend, zu sehen, wie sich
Der Mann hat offenbar Recht — aber es wird nicht
alle Leute, Colleginnen und Collegen, der Director, der wilde Lieutenant. Der Rock
bewiesen. Das ist der Eindruck, den wir schließlich aus dem
Regisseur und nicht zum wenigsten die Zuschauer bemühen, er in jedem Augenblicke ber
essen umbringen zu lassen,
Schnitzler'schen Schauspiele „Freiwild" mitnehmen. Nun ist
es ja nicht immer nothwendig, daß ein Stück etwas „be die arme Kleine in ihren vorsintfluthlichen Grundsätzen
Uebelthat, die er sonst be
weise“. Ein Dramatiker braucht nicht wie ein Advocat auf wankend zu machen. Selbst diejenigen, welche sich keine un¬
Rönning nur behaglich,
mittelbare Befriedigung davon versprechen, daß die Naive
lediglich seinen eigenen Ge¬
zutreten, obwol ihm auch dies gestattet sein mag. Doch wenn
am Abendmal der Lebemänner theilnehme, arbeiten wie
gesehen, ist er ein unnützer
er sich entschließt, zu plaidiren, so muß der logische Bau
Verschworene darauf los, daß sie falle. Laster will Gesell¬
der zügellose Kriegsmann, ob
seiner Gründe geschlossen und wetterfest sein. Die Sophistik
schaft haben, die Tugend bleibt gern einsam. Oder gedeiht
Es begibt sich, daß de
der Gefühle, von der ja das Drama in der Regel lebt,
die Tugend nur in der Einsamkeit?
Anna Riedel werde seiner
lassen wir auf der Bühne leichter gelten, als das Spiel mit
Zwei Männer aber streiten um das Mädchen; der
Damit ist natürlich etwas
Vernunftgründen, weil wir bei diesem fortwährend mit¬
te will sie in Ehren gewinnen, der Andere seinen Spaß
Wette. Das Mädchen hat
denken und prüfen.
mit ihr haben. Dieser, der Lieutenant Karinski, ist ein
darüber hält er vor Rönni
Betrachten wir zunächst den Fall, an welchem der Un¬
wilder Mensch. Er wird im Stück nicht übel mit den Worten
er dessen Neigung zu Anne
fug des Duells nachgewiesen werden soll. Die Geschicht¬
charakterisirt, daß er ein Soldat für den Krieg sei. Für
in grober Weise. Rönning
spielt in einem kleinen Badeorte, und zwar beim Bühnen¬
den Frieden taugt so Einer nicht, da sind seine Instincte
dann reißt ihm die Geduld
ausgang. Da ist das Sommertheater, eine bessere Schmiere,
zu heftig und fügen sich nicht in den gelassenen und gesetz¬
ins Gesicht. Karinski war
an der es lustig und traurig zugeht. Wieder eine Gegend
lichen Lauf der Dinge. So Einer braucht Aufregungen
sonst hätte er den Angreife
flüchtiger Liebeleien. Schnitzler hat diese Dinge bereits wieder
heißerer Art, den Ritt auf unbändigem Pferde, das ihn
machen müssen. Zwei Offi¬
holt mit angenehmem Talent geschildert, er ist etwa der Murger
einer eleganteren österreichischen Bohème. Vom Leben sieht abwerfen will, den Kampf bis aufs Messer um eine Dirne,
den Wüthenden sogleich we
oder hohes Kartenspiel, in dem er Leben und Ehre wagt.
Beleidigung nicht im selber
und behandelt er nur die Lebewelt, ein bischen Rausch und
Jammer. Daß es noch größere Fragen gebe, als ob die Der Krieg braucht solche Gesellen, im Frieden rumoren sie
Da die Zeit gegeben
nur schädlich und lästig herum, benehmen sich überall wie
Gegenwart — so folgt jetzt
Mitzi mit dem Rudi gehe oder die Poldi vom Ferdl plötz¬
in Feindesland. Das Mädel, auf das er Lust hat, gehöre
keines, und darin besteht
lich verlassen worden sei, scheint er in seinen Werken nicht
ihm, meint Karinski, der darin als ein rechter Wilddieb
sich, dem Lieutenant mit
zu wissen. Ja, selbst wenn ihm eine größere Frage über
vorgeht. Auf ein Mädchen vom Theater könne man doch
Er findet, daß er ihm kein
den Weg läuft, wie eben in „Freiwild", macht er sich sie
ohneweiters Jagd machen, es sei Freiwild.
ein Bube benommen,
sofort für seine Bedürfnisse zierlicher zurecht.
Dieses Mädchen hat nun zufällig einen Vertheidiger,
Da stehen wir also noch beim hinteren Ausgang des
Sommertheaters, Officiere auf Urlaub, Lebemänner in der der Paul Rönning heißt und ein silberanigter ehemann Buben gesichtigt, und da¬
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