II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 347

8. Freiwild
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eis.
Preis 20 Heller für Wien
36. Jahrgang.
wunderbare Neuaufgabe sie endlich dem Lese¬
publikum vollständig vermittelt, und an die
Fulda sich sogleich heranmachte, um sie zu
übersetzen. Aus dem klassischen Mittel¬
hochdeutsch in das weniger klassische Berliner¬
Tiergartendeutsch. Die Cohns, Meyerheims u.
s. w. sollten auch des Pfaffen Werner — im
Mittelhochdeutschen hatte das Wort noch seine
durch liberale Blätter nicht getrübte Bedeutung
Werk genießen. Also schon damals ein
starker Sinn für das Aktuelle, eine feine
Witterung für die Marktkonjunktur. Indes die
Wissenschaft wies Fuldas Liebeswerben ziem¬
lich kühl zurück, die Cohns u. s. w. lasen
lieber den Kurszettel als den Heimbrecht, und
wenn sie von Bauern etwas wissen wollen,
wandten sie sich lieber an Auerbach, der
nicht so der zufahrend war wie der weniger
zimperliche Werner. Mit der Wissenschaft
was also nicht und wandte sich zurück
zu eigener Produktion, die er so glück ver¬
heißend begonnen hatte. Das Wort „eigen“
maß dabei weniger in besitzanzeigendem
Sinne verstanden werden, sondern ist eher als
„eigenartig aufzufassen. In den achziger
Jahren des 19. Jahrhunderts interessierte man
sich bereits für einen gewissen Henrik Ibsen,
dessen Werke allmählich in Mode kamen.
Namentlich ein Problem, das er rücksichtslos
und mit elementarer Gewalt behandelte, das
der Wahrhaftigkeit, fesselt die Leute. Wahr¬
heit unter jeder Bedingung oder Wahrheit mit
Vorbehalten, Notlüge unter besonderen Be¬
dingnissen oder ihre unbedingte Verwertung
Darum dreht sich der Streit. Ein altes Thema,
das nicht nur von jedem Theologen anders
behandelt wurde, sondern auch schon oft als
dramatische Unterlage gedient hatte. Nun war
die Frage durch Ibsen neu angeregt, die Dis¬
kussion über Zweckmäßigkeitslügen und be¬
kennen der absoluten Wahrheit unter allen
Umständen ward von Tag zu Tag erregter
da sollte der Mann mit dem Sinne fürs Aktuelle
zückbleiben? Nein, auch er warf sein ge¬
wichtiges Wort in die Wageschale, auch er
mischte sich in die Schar derer, die Wahrheit
um jeden Preis nicht gutheißen. Diese Ten¬
denz mußte für Herrn Fulda von vorneherein
feststehen und ihr blieb er bis heute treu.
(Fortsetzung folgt.)

Wiener Premièren.
Deutsches Volkstheater. „Freiwild“
Schauspiel von Arthur Schnitzler. (Zum
erstenmale aufgeführt am 28. Jänner). Sieben
Jahre mußte „Freiwild“ als Freiwild im Buch¬
handel umherirren, bis es endlich in Wien die
gesuchte — Gefangenschaft fand. Vorerst mußt
allerdings die löbliche Direktion des Volks¬
theaters bei der hochlöblichen des Burgtheaters
die nötige Courage zum Kampf gegen den Zwei¬
kampf holen, dazu noch die Gewißheit, daß
auch der Lohn für diese gute Absicht: das
Publikum nicht ausbleiben wird. Nachdem aber
im Burgtheater Hartleben und sogar Eugen