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Prager Theater.
„Rechte der Seele# #on Ginseppe Giacosa. Seelische Handlung
ist auch Handlung, und wir sind durch ibsen schon so sehr an sie
gewölnt, dass wir sie im Drama neben der äusseren als vollwerthig an¬
erkennen — nur muss sie meisterli#n geführt sein. Glacosa wühlt und
wühlt, er versenkt sich in den tiefsten Schacht der seele dech plötzlich
##agt ihm das Grubenlicht, und er findet ien Ausgang nicht. Es ist
ein schrecklicher Kampf. den eine Frau mit sch zu kämpfen hat, wenn
sie einem ungeliebten Mann angehört und einen anderen liebt, der, ohne
ihre Neigung zu kennen, sie mit der seinigen bestürmt. Wiederholt hat
dieser unglücklich lievende Mann dem Weide die ganze #### sen“..
Leidenschaft offenbart, doch masste er immer wieder erfahren, dass die
von ihm Angebetete ihren Gatten liebe; das Pflichtbewusstsein hatte
dem Weibe stets diese Antwort dictirt. In seiner Verzweiflung hatte
darauf der riebende seinem Leben selbst ein Ende gemacht. Der Gatte
der unglücklichen Frau, der bis dahin von ihrem Verhältnisse zu dem
Selbstmörder nichts gemerkt, erhält durch einige Briefe, die er im
Nachlasse des durch eigene Hand gefallenen Freundes vorfindet, plötzlich
Nachricht davon. Er stellt die Frau zur Rede, doch es wird ihm von
ihr bedeutet, dass sie ihre Pflicht stets gekannt habe und dass er diese
Frage nicht mehr berühren solle. Der Mann aber, der seine Gattin
leidenschaftlich nebt, fragt wieder, und nun bricht die Katastrophe
herein; die Gattin erklärt ihm, dass sie niemals eine Neigung zu ihm
gehegt, dass sie stets den Anderen im Herzen grtragen habe und dass
sie auch den Todten noch liebe; es sei ihr eine Wonne, ihm all' dies zu
sagen, und sie verlasse mit Freuden sein Haus, um niemals wieder¬
zukehren. Offenbar hat Giacosa für sein einactiges Drama einen wirk¬
samen Schluss gebraucht und darum so kräftige, wenn auch unvermittelte
Accente verwendet. Wo ist denn die Ursache der teuflischen Freude,
mit der das Weib seinem liebevollen Gatten eine so furchtbar tiefe
Wunde schlügt? Ist’s etwa die allzu grosse Vertrauensseligkeit des
schwachen Mannes, der die Herzensregungen seiner Gattin zu spät ent¬
deckt? — Die Argumentation fehlt, das Drama bleibt ein Torso, ein
Rumpf, mit dem nichts anzufangen ist, ein verunglückter Versuch. Und
von dem Bedenken gegen die dramatisehe Technik abgesehen, wie
jämmerlich sind beide Charaktere! Das Weib, das verkörperte egoistische
Princip, die Gefühllosigkeit in persona, der Menn ein elender Schwächling,
der gerade im Augenblicke, da ihm die ehelich angetraute Frau den
Seelenfrieden roh zerstört, auf den Knien um ihre Gunst bettelt — wo
bleiben da die Rechte der Seele? In Fr. Johanna Buska hatte das Stück
eine kräftige Stütze; die Darstellerin wusste der Heldin so viel Würde und
Seelenadel zu verleihen, dass die Hörer über den Mangel an einheitlichem
Wesen dieser Gestalt hinweggetäuscht wurden. Auch die Leidenschaftlich¬
keit der letzten Scene brachte die Künstlerin völlig zur Geltung. Eine
undankbarere Rolle war Herrn Kirch zugefallen, aber er spielte den
unmännlichen Gatten doch so wirkungsvoll wie möglich.
Eine völlig andersgeartete Sphäre ist es, in der sich das Arthur
Schnitzler’sche Drama „Liebelei“ bewegt. Ein leichtsinniger, lebens¬
freudiger und ein mehr schwärmerisch beanlagter junger Mann sind
unzertrennliche Freunde. Jener warnt diesen oft, sich nicht von einem
Weibe bestricken zu lassen, sondern mit mehreren sein Spiel zu treiben,
was niemals so verhängnissvoll werden könne. Indess hat eine junge Frau¬
des empfänglichen jungen Mannes Herz erobert und hält es in ihrem
Banne. Der Freund sucht ihm, um ihn zu zerstreuen und von dieser
Leidenschaft zu befreien, andere Damengesellschaft und nähert ihn einem
jungen, hübschen, unschuldsvolien Mädchen, das sich unbewasst in Gesell¬
schaft eines lockeren, leichtfertigen, weiblichen Wesens befindet. Hier
hätte nun eine lichtvollere Lebensfortsetzung erfolgen können, nicht nur
von Seiten des schwermüthigen jungen Mannes, der sogleich an dem
Mädchen Wohlgefallen findet, sondern auch von Seiten des Mädchens,
das als Tochter eines armen, biederen Musikers bisher jede Freude ent¬
behrt und nun in dem warmen Gefühle der Liebe alle Wünsche und
Sehnsuchten erfüllt findet. Während die beiden leichtsinnigen Naturen
scherzen und tändeln, finden sich die beiden anderen zu halbernstem
Gespräche zusammen. Doch der Glücksfaden, der kaum gesponnen worden,
reisst mitten entzwei; der Gatte der jungen Frau nimmt an dem Räuber
seiner Ehre Rache und tödtet ihn im Zweikampfe. Dem armen, guten
Geschöpfe bleibt nicht einmal der Trost, dass sein Geliebter um seinet¬
willen aus dem Leben geschieden; in ihrer Verzweiflung entflieht sie aus
dem Vaterhause und gibt sich selbst den Tod. — In diesem Werke athmet
Alles echtes, blutdurchströmtes Leben: der brave, herzadelige Musiker, der
seinem Kinde nicht nachspüren will, um ihm nicht durch Vergällen des
Lebensfrühlings die Herbheit des Lebensherbstes empfindlicher zu machen,
seine engelsreine, unschuldssüsse Tochter und nicht minder die übrigen
Gestalten. Dabei Humor und Ernst so prächtig harmonisch vereinigt!
Kurz, der Wiener Dichter hat hier ein vortreffliches Werk geschaffen.
Und wie vortrefflich war auch die Aufführung! Herr Tauber gab dem
jugendlichen, leichtsinnigen Lebemanne in allen Theilen seiner Dar¬
stellung die entsprechende Färbung und Frl. Moller zeichnete das
der den
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Schi
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„Rechte der Seele# #on Ginseppe Giacosa. Seelische Handlung
ist auch Handlung, und wir sind durch ibsen schon so sehr an sie
gewölnt, dass wir sie im Drama neben der äusseren als vollwerthig an¬
erkennen — nur muss sie meisterli#n geführt sein. Glacosa wühlt und
wühlt, er versenkt sich in den tiefsten Schacht der seele dech plötzlich
##agt ihm das Grubenlicht, und er findet ien Ausgang nicht. Es ist
ein schrecklicher Kampf. den eine Frau mit sch zu kämpfen hat, wenn
sie einem ungeliebten Mann angehört und einen anderen liebt, der, ohne
ihre Neigung zu kennen, sie mit der seinigen bestürmt. Wiederholt hat
dieser unglücklich lievende Mann dem Weide die ganze #### sen“..
Leidenschaft offenbart, doch masste er immer wieder erfahren, dass die
von ihm Angebetete ihren Gatten liebe; das Pflichtbewusstsein hatte
dem Weibe stets diese Antwort dictirt. In seiner Verzweiflung hatte
darauf der riebende seinem Leben selbst ein Ende gemacht. Der Gatte
der unglücklichen Frau, der bis dahin von ihrem Verhältnisse zu dem
Selbstmörder nichts gemerkt, erhält durch einige Briefe, die er im
Nachlasse des durch eigene Hand gefallenen Freundes vorfindet, plötzlich
Nachricht davon. Er stellt die Frau zur Rede, doch es wird ihm von
ihr bedeutet, dass sie ihre Pflicht stets gekannt habe und dass er diese
Frage nicht mehr berühren solle. Der Mann aber, der seine Gattin
leidenschaftlich nebt, fragt wieder, und nun bricht die Katastrophe
herein; die Gattin erklärt ihm, dass sie niemals eine Neigung zu ihm
gehegt, dass sie stets den Anderen im Herzen grtragen habe und dass
sie auch den Todten noch liebe; es sei ihr eine Wonne, ihm all' dies zu
sagen, und sie verlasse mit Freuden sein Haus, um niemals wieder¬
zukehren. Offenbar hat Giacosa für sein einactiges Drama einen wirk¬
samen Schluss gebraucht und darum so kräftige, wenn auch unvermittelte
Accente verwendet. Wo ist denn die Ursache der teuflischen Freude,
mit der das Weib seinem liebevollen Gatten eine so furchtbar tiefe
Wunde schlügt? Ist’s etwa die allzu grosse Vertrauensseligkeit des
schwachen Mannes, der die Herzensregungen seiner Gattin zu spät ent¬
deckt? — Die Argumentation fehlt, das Drama bleibt ein Torso, ein
Rumpf, mit dem nichts anzufangen ist, ein verunglückter Versuch. Und
von dem Bedenken gegen die dramatisehe Technik abgesehen, wie
jämmerlich sind beide Charaktere! Das Weib, das verkörperte egoistische
Princip, die Gefühllosigkeit in persona, der Menn ein elender Schwächling,
der gerade im Augenblicke, da ihm die ehelich angetraute Frau den
Seelenfrieden roh zerstört, auf den Knien um ihre Gunst bettelt — wo
bleiben da die Rechte der Seele? In Fr. Johanna Buska hatte das Stück
eine kräftige Stütze; die Darstellerin wusste der Heldin so viel Würde und
Seelenadel zu verleihen, dass die Hörer über den Mangel an einheitlichem
Wesen dieser Gestalt hinweggetäuscht wurden. Auch die Leidenschaftlich¬
keit der letzten Scene brachte die Künstlerin völlig zur Geltung. Eine
undankbarere Rolle war Herrn Kirch zugefallen, aber er spielte den
unmännlichen Gatten doch so wirkungsvoll wie möglich.
Eine völlig andersgeartete Sphäre ist es, in der sich das Arthur
Schnitzler’sche Drama „Liebelei“ bewegt. Ein leichtsinniger, lebens¬
freudiger und ein mehr schwärmerisch beanlagter junger Mann sind
unzertrennliche Freunde. Jener warnt diesen oft, sich nicht von einem
Weibe bestricken zu lassen, sondern mit mehreren sein Spiel zu treiben,
was niemals so verhängnissvoll werden könne. Indess hat eine junge Frau¬
des empfänglichen jungen Mannes Herz erobert und hält es in ihrem
Banne. Der Freund sucht ihm, um ihn zu zerstreuen und von dieser
Leidenschaft zu befreien, andere Damengesellschaft und nähert ihn einem
jungen, hübschen, unschuldsvolien Mädchen, das sich unbewasst in Gesell¬
schaft eines lockeren, leichtfertigen, weiblichen Wesens befindet. Hier
hätte nun eine lichtvollere Lebensfortsetzung erfolgen können, nicht nur
von Seiten des schwermüthigen jungen Mannes, der sogleich an dem
Mädchen Wohlgefallen findet, sondern auch von Seiten des Mädchens,
das als Tochter eines armen, biederen Musikers bisher jede Freude ent¬
behrt und nun in dem warmen Gefühle der Liebe alle Wünsche und
Sehnsuchten erfüllt findet. Während die beiden leichtsinnigen Naturen
scherzen und tändeln, finden sich die beiden anderen zu halbernstem
Gespräche zusammen. Doch der Glücksfaden, der kaum gesponnen worden,
reisst mitten entzwei; der Gatte der jungen Frau nimmt an dem Räuber
seiner Ehre Rache und tödtet ihn im Zweikampfe. Dem armen, guten
Geschöpfe bleibt nicht einmal der Trost, dass sein Geliebter um seinet¬
willen aus dem Leben geschieden; in ihrer Verzweiflung entflieht sie aus
dem Vaterhause und gibt sich selbst den Tod. — In diesem Werke athmet
Alles echtes, blutdurchströmtes Leben: der brave, herzadelige Musiker, der
seinem Kinde nicht nachspüren will, um ihm nicht durch Vergällen des
Lebensfrühlings die Herbheit des Lebensherbstes empfindlicher zu machen,
seine engelsreine, unschuldssüsse Tochter und nicht minder die übrigen
Gestalten. Dabei Humor und Ernst so prächtig harmonisch vereinigt!
Kurz, der Wiener Dichter hat hier ein vortreffliches Werk geschaffen.
Und wie vortrefflich war auch die Aufführung! Herr Tauber gab dem
jugendlichen, leichtsinnigen Lebemanne in allen Theilen seiner Dar¬
stellung die entsprechende Färbung und Frl. Moller zeichnete das
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