Liebele
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5. 1
——
und mächtige Lorberkränze konnten noch als besondere Zeug¬
eder Verehrung gelten, welche in Berlin der Wiener
Gaste entgegengebracht wird. Es mag etwas von einer Therese
Krones in Hansi Niese's Wesen stecken. Einer Therese Krones
wurde ja auch nachgerühmt, dass sie durch sonnigen Humor die
sonnigste Heiterkeit verbreitete, aber auch durch die Natürlichkeit in
der Darstellung seelischer Schmerzen zu Thräuen rühren und er¬
schüttern konnte. Therese Krones war die poetische „Jugend“
Raimund's, und wie sie ihren Dichter und Verherrlicher gefunden
hat, so möge auch Hansi Nansi Bühnendichter finden, die für
das ursprüngliche Talent dieser Künstlerin die ausgiebigsten
Rollen schaffen. Es wäre unrecht, neben Hansi Niese nicht auch des
anderen liebenswürdigen Gastes, Paula Wirth, zu gedenken. Dafs
keine unserer Berliner Bühnen dieser trefflichen Schauspielerin einen
dauernden Platz einräumen konnte und Paula Wirth demnächst unter
die Amc
gehen muss, bleibt zu beklagen. Auch der dritte,
mit An
zu nennende Gast, Herr Hubert Reusch, ist noch
anwesen
ielt die Rolle des im Duelle fallenden Fritz. Die
nachfolge
mödie „Momentaufnahmen“, ist bereits bei der
82. Wiederholung angelangt.
Wochentagen von 110, Sonntägs völt 280 Ravern-vurcherer
Friedrichsbrücke, Eiserne Brücke, sowie der Weg am Kastanienwäldchen
haben einen sehr starken Fahrradverkehr an Wochentagen aufzuweisen,
an Sonntagen ist er jedoch ziemlich gering. Die Chaussee= und
Müllerstraße, die Schönhauser Allee, sowie die übrigen nach den Vor¬
orten führenden Straßenzüge kommen hauptsächlich nur für den Sonn¬
tagsverkehr in Betracht.
* Die „Königstadt“, heut eins der modernsten Viertel des
modernen Berlin, ist trotz aller Abbruchswut und neu erstehender
Mietskasernen doch noch immer reich an historischen Erinnerungen.
Wenn auch die alten Häuser gefallen sind, die alten Stätten blieben,
und reden zu jedem, der sie hören will. Wer von den Tausenden, die
alltäglich den Alexanderplatz überschreiten, ahnt wohl noch, dass
Berlin von hier aus einmal durch — die Dänen belagert wurde! Es
war 1349, als König Waldemar nach der Mark geeilt war, die Sache
seines Schwagers, des baierischen Markgrafen Ludwig, gegen den
„falschen Waldemar“ zu verteidigen. Die Spreestädte, die es mit dem
angeblichen Ascanier hielten, wurden von den Dänen eingeschlossen.
Besonders musste sich das Oberberger Thor, das sich an der Ecke der
heutigen König= und Neuen Friedrichstraße erhob, harte Angriffe
senkredact. Teil: Joh. Wilberg: f. Handel u. Inserate: J. V.: M. Schwar
Teiefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
N10
Ausschnitt
„OBSERVER“
Nr. 29
österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31a. —
Ausschnitt aus: Des Pleine Journal (Berlin)
vom 2# #llll. 1898
— Residenz =Theater. Gastspiel Hausi Niels,
Liedervorträge,
hierauf „Abschiedssouper.“
Eine gute That findet manchmal, eine kluge meistens ihren Lohn.
Als der Verlagsbuchhändler Steinitz seiner Zeit
Fald's Werke verlegte, dachte er wohl nicht, daß er
dereinst als Theaterdirektor durch die ihm günstige
Ungunst der Witterung dafür belohnt werden würde.
In Gemeinschaft mit Herrn Jarno, dem liebenswürdigen
Bonifant (wie ihn die Niese nennen würde), übernahm er Szepter
und Krone des vakant gewordenen Thrones in der Blumensirsße und
bannte mit Glück durch Momentaufnahmen das Publikum an 85 Mal.
Und die beiden Direktoren, von deuen der Eine viele fremde
Gedanken gelesen und der Andere viele fremde gesprochen, hatten
„zu selbiger Stund“ die gleiche eigene, (nicht etwa „aus dem
Französischen übersetzte,") Idee, daß die kurze erfolggekrönte Saison
keinen besseren Abschluß finden könne, als indem sie dem Kapitel
ihrer glücklichen Direktionsthätigkeit als mot ide la fin, die
Unterschrift jener Künstlerin folgen ließen, unter deren Zeichen
die sommerliche Berliner Theatersaison steht, + Hansi Niese.
Als sie anläßlich einer Wohlthätigkeitsmatinée in Schnitzler's
„Liebelei“ und „Abschiedssouper“ auftrat, hätte man
mit bewunderndem Staunen in der glänzenden Soubrette
eine große Schauspielerin entdeckt. Der weibliche Komiker war
über Nacht zu einem weiblichen Charakterdarsteller geworden. Es
war eine glückliche Idee der beiden Bühnenleiter, dem großen
Publikum erneute Gelegenheit zu bieten, dieser vollendeten
Beweisführung beiwohnen zu können, wenn auch nur
an wenigen Abenden. Und gestern wollte
uns
den Abschied recht schwer machen. Nachdem der Vorhang über, 50.
7*
den unverwüstlilichen „Momentaufnahmen“ gefallen war, erschien4.—
die in Berlin bereits populär gewordene Künstlerin, wohl zur Er- 5.—
Meurto.
Zahlbar
höhung des Lokal=Kolorits in Steyrer Tracht und trug5 — im Voraes
mit bekannter Meisterschaft vier Steyrer Lieder vor, 0.—,
von denen besonders „s' kurze Röckerl“ und die freuetisch gschnilte ist das
erzwungene Zugabe „mir
san Landsleut', linzerische auch steht es den
Bubn“ stürmischen Beifall und ungezählte Hervorrufe zu ändern.
weckten. Im darauffolgenden „Abschiedssouper“ bot
sie, wie von der Erstaufführung an der gleichen Stätte her be¬
kannt, als Balleteuse eine Charakterleistung von packendster Natur¬
wahrheit.
Wir kennen keine zweite Schauspielerin, die
es
wie die Niese versteht, Gedankenstriche durch ein
Aufblitzen der lachenden Augen in Worte zu übertragen,
Sätze durch eine Bewegung der Hand, der Schultern, der ganzen, Leben
und Witz sprühenden Person zu vollenden. Sie war glänzend, der
Urtyp einer Cabotine, voll hinreißender Laune und amüsantestem
Realismus. Ihr sekundirten auf das Liebenswürdigste Josef Jarno
und Max Reimann. Das Publikum befand sich in einer
derart beifallsfreudigen Stimmung, als stünde das Residenz¬
Theater nicht am grünen Strand der Spree, sondern an
den Ufern des Tajo. Es wird deshalb wohl mit südlicher Be¬
geisterung die freudige Nachricht vernehmen, daß Hansi Niese
ihr Gastspiel noch bis Sonntag Abend ausdehnt, ihm also
noch an zwei Abenden Gelegenheit geboten wird eines der wenigen
wahrhaft großen Talente über die die deutsche Bühne zur Zeit ver¬
fügt, bewunden zu können.
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und mächtige Lorberkränze konnten noch als besondere Zeug¬
eder Verehrung gelten, welche in Berlin der Wiener
Gaste entgegengebracht wird. Es mag etwas von einer Therese
Krones in Hansi Niese's Wesen stecken. Einer Therese Krones
wurde ja auch nachgerühmt, dass sie durch sonnigen Humor die
sonnigste Heiterkeit verbreitete, aber auch durch die Natürlichkeit in
der Darstellung seelischer Schmerzen zu Thräuen rühren und er¬
schüttern konnte. Therese Krones war die poetische „Jugend“
Raimund's, und wie sie ihren Dichter und Verherrlicher gefunden
hat, so möge auch Hansi Nansi Bühnendichter finden, die für
das ursprüngliche Talent dieser Künstlerin die ausgiebigsten
Rollen schaffen. Es wäre unrecht, neben Hansi Niese nicht auch des
anderen liebenswürdigen Gastes, Paula Wirth, zu gedenken. Dafs
keine unserer Berliner Bühnen dieser trefflichen Schauspielerin einen
dauernden Platz einräumen konnte und Paula Wirth demnächst unter
die Amc
gehen muss, bleibt zu beklagen. Auch der dritte,
mit An
zu nennende Gast, Herr Hubert Reusch, ist noch
anwesen
ielt die Rolle des im Duelle fallenden Fritz. Die
nachfolge
mödie „Momentaufnahmen“, ist bereits bei der
82. Wiederholung angelangt.
Wochentagen von 110, Sonntägs völt 280 Ravern-vurcherer
Friedrichsbrücke, Eiserne Brücke, sowie der Weg am Kastanienwäldchen
haben einen sehr starken Fahrradverkehr an Wochentagen aufzuweisen,
an Sonntagen ist er jedoch ziemlich gering. Die Chaussee= und
Müllerstraße, die Schönhauser Allee, sowie die übrigen nach den Vor¬
orten führenden Straßenzüge kommen hauptsächlich nur für den Sonn¬
tagsverkehr in Betracht.
* Die „Königstadt“, heut eins der modernsten Viertel des
modernen Berlin, ist trotz aller Abbruchswut und neu erstehender
Mietskasernen doch noch immer reich an historischen Erinnerungen.
Wenn auch die alten Häuser gefallen sind, die alten Stätten blieben,
und reden zu jedem, der sie hören will. Wer von den Tausenden, die
alltäglich den Alexanderplatz überschreiten, ahnt wohl noch, dass
Berlin von hier aus einmal durch — die Dänen belagert wurde! Es
war 1349, als König Waldemar nach der Mark geeilt war, die Sache
seines Schwagers, des baierischen Markgrafen Ludwig, gegen den
„falschen Waldemar“ zu verteidigen. Die Spreestädte, die es mit dem
angeblichen Ascanier hielten, wurden von den Dänen eingeschlossen.
Besonders musste sich das Oberberger Thor, das sich an der Ecke der
heutigen König= und Neuen Friedrichstraße erhob, harte Angriffe
senkredact. Teil: Joh. Wilberg: f. Handel u. Inserate: J. V.: M. Schwar
Teiefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
N10
Ausschnitt
„OBSERVER“
Nr. 29
österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31a. —
Ausschnitt aus: Des Pleine Journal (Berlin)
vom 2# #llll. 1898
— Residenz =Theater. Gastspiel Hausi Niels,
Liedervorträge,
hierauf „Abschiedssouper.“
Eine gute That findet manchmal, eine kluge meistens ihren Lohn.
Als der Verlagsbuchhändler Steinitz seiner Zeit
Fald's Werke verlegte, dachte er wohl nicht, daß er
dereinst als Theaterdirektor durch die ihm günstige
Ungunst der Witterung dafür belohnt werden würde.
In Gemeinschaft mit Herrn Jarno, dem liebenswürdigen
Bonifant (wie ihn die Niese nennen würde), übernahm er Szepter
und Krone des vakant gewordenen Thrones in der Blumensirsße und
bannte mit Glück durch Momentaufnahmen das Publikum an 85 Mal.
Und die beiden Direktoren, von deuen der Eine viele fremde
Gedanken gelesen und der Andere viele fremde gesprochen, hatten
„zu selbiger Stund“ die gleiche eigene, (nicht etwa „aus dem
Französischen übersetzte,") Idee, daß die kurze erfolggekrönte Saison
keinen besseren Abschluß finden könne, als indem sie dem Kapitel
ihrer glücklichen Direktionsthätigkeit als mot ide la fin, die
Unterschrift jener Künstlerin folgen ließen, unter deren Zeichen
die sommerliche Berliner Theatersaison steht, + Hansi Niese.
Als sie anläßlich einer Wohlthätigkeitsmatinée in Schnitzler's
„Liebelei“ und „Abschiedssouper“ auftrat, hätte man
mit bewunderndem Staunen in der glänzenden Soubrette
eine große Schauspielerin entdeckt. Der weibliche Komiker war
über Nacht zu einem weiblichen Charakterdarsteller geworden. Es
war eine glückliche Idee der beiden Bühnenleiter, dem großen
Publikum erneute Gelegenheit zu bieten, dieser vollendeten
Beweisführung beiwohnen zu können, wenn auch nur
an wenigen Abenden. Und gestern wollte
uns
den Abschied recht schwer machen. Nachdem der Vorhang über, 50.
7*
den unverwüstlilichen „Momentaufnahmen“ gefallen war, erschien4.—
die in Berlin bereits populär gewordene Künstlerin, wohl zur Er- 5.—
Meurto.
Zahlbar
höhung des Lokal=Kolorits in Steyrer Tracht und trug5 — im Voraes
mit bekannter Meisterschaft vier Steyrer Lieder vor, 0.—,
von denen besonders „s' kurze Röckerl“ und die freuetisch gschnilte ist das
erzwungene Zugabe „mir
san Landsleut', linzerische auch steht es den
Bubn“ stürmischen Beifall und ungezählte Hervorrufe zu ändern.
weckten. Im darauffolgenden „Abschiedssouper“ bot
sie, wie von der Erstaufführung an der gleichen Stätte her be¬
kannt, als Balleteuse eine Charakterleistung von packendster Natur¬
wahrheit.
Wir kennen keine zweite Schauspielerin, die
es
wie die Niese versteht, Gedankenstriche durch ein
Aufblitzen der lachenden Augen in Worte zu übertragen,
Sätze durch eine Bewegung der Hand, der Schultern, der ganzen, Leben
und Witz sprühenden Person zu vollenden. Sie war glänzend, der
Urtyp einer Cabotine, voll hinreißender Laune und amüsantestem
Realismus. Ihr sekundirten auf das Liebenswürdigste Josef Jarno
und Max Reimann. Das Publikum befand sich in einer
derart beifallsfreudigen Stimmung, als stünde das Residenz¬
Theater nicht am grünen Strand der Spree, sondern an
den Ufern des Tajo. Es wird deshalb wohl mit südlicher Be¬
geisterung die freudige Nachricht vernehmen, daß Hansi Niese
ihr Gastspiel noch bis Sonntag Abend ausdehnt, ihm also
noch an zwei Abenden Gelegenheit geboten wird eines der wenigen
wahrhaft großen Talente über die die deutsche Bühne zur Zeit ver¬
fügt, bewunden zu können.