II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 571

Liebelei
5. Mnltenennnschant
box 11/1
Telephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
„OBSERYER‘
Ne105
Nr. 9
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Tünkenstrasse 12.
Filiale in Budapest: „Figyelö“
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus:
Silesia, Teschen
vom: X%
97107
AHHA
Tyrater und Kunst.
Troppau. 24. October. (Theater.) Zu den geistreichsten
Schriftstellern Wiens gehört unbedingt Arthur Schnitzler, dessen
Drama „Liebelei“ am 22. d. M. nach langer Pause wiede# bei uns
aufgeführt worden ist. Diese bitterernste Tragödie des Leichtsinns mit
dem harmlosen, ein wenig leichtfertig klingenden Titel ist bei uns am
26. September 1896 zum ersten Male gegeben worden. Das Stück
machte damals keinen besondern Eindruck, und es dauerte sehr lange,
bis es wieder auf dem Repertoire erschien. Indes auch bei der gestrigen
Aufführung vermochte es keinen starken Erfolg zu erringen, der Beifall
war weder allgemein noch sonderlich begeistert. Und doch hat das
Stück große Vorzüge. Die meisten der Charaktere sind vortrefflich ge¬
Fschildert, der Dialog ist leicht, an manchen Stellen bedeutend, vor Allem
aber beleuchtet das Drama mit hellem, nicht farbigem Lichte gewisse
inclusive
Verhältnisse der Gesellschaft, an denen eben die Gesellschaft gern mit
Porto.
einem leichten Räuspern, mit einem halben Seitenblick vorübergeht undZahlbar
meint. Verhältnisse, die man ignorirt, seien nicht da. Der geringe Er=im Voraus.
folg des Dramas bei uns mag einerseits wohl in dem Umstande liegen,
daß die Handlung für ein dreiactiges Stück denn doch zu klein ist, tte ist das
findererseits verlangt das Schauspiel eine ganz vorzügliche Darstellung, iteht es den
weil vorzugsweise nicht Handlungen, sondern Stimmungen und Gefühle dern.
zum Ausdrucke zu bringen sind. Nicht alle der Mitwirkenden besaßen
aber jenen hohen Grad künstlerischer Gestaltungskraft, welche dem Stückethaltend dio
Ullelbst bei einem Publicum Erfolg sichern muß, das sich von der Welt, Morgen¬
hin welche uns der Dichter führt, abgestoßen fühlt. Ihrer Aufgabeer Zeitung")
wwurde eigentlich nur Frl. Köchl als „Mitzi Schlager“ vollkommenthschaftliche
Lherecht. Das war der personificirte gutmüthige Leichtsinn, ganz die Diese Mit¬
tüsrille, welche singt, so lange die Sonne scheint, unbekümmert um den
Winter, der einmal kommt.. Sie hat „Verhältnisse“, ja, natürlich stets
eins nach dem andern und davon kommt ihre „unheimliche Fertigkeit
m Du=Sagen“ aber in ihr steckt dabei nicht eine Spur von Berech¬
nung und Gewinnsucht, ganz naive Leichtfertigkeit, sie will sie eben
nur „unterhalten“! Man beobachtete Frl Köchl in der
dieser echten Wiener Volksgestalt mit Vergnügen, sie war kö
verthig dieser Leistung spielte keiner der übrigen Darstelle
Christine) hatte wohl manchen sehr guten Moment.
Gegenstück zu dem Leichtsinn Mitzi Schlagers, ein ernste
das die „Liebelei“ zur heißesten Leidenschaft wird. Das
Gemüth Christinens vermag sich nur einem Manne hin
nit dem Tode des Geliebten ist ihr Leben vernichtet. Di
reilich schwer. Die hochgesteigerte Erregung des leidenschaftlichen
hens darzustellen, dieses übermächtige Fühlen, das sie bewegt, zu v
inschaulichen, den furchtbaren Affect der Verzweiflung bei der Nachricht
om Tode des Geliebten auszudrücken, der für eine Andere hat sterben
nüssen: dazu gehört freilich ein sehr großes Können, so groß, daß es
ie junge Schauspielerin jetzt noch nicht besitzen kann. So ist's kein
Bunder, daß das Spiel nicht durchaus einheitlich erschien. Vor Allem
nuß Frl. Helm auch Sprachstudien treiben. Niemals darf die Sprache
jesucht erscheinen, niemals darf sie, selbst im höchsten Affect, grell und
pröde klingen und auch „der Schrei“ muß sorgfältig geübt werden;
venn der Schrei zum lauten Kreischen wird, balancirt die Darstellerin
tets auf der haarscharfen Grenze zwischen dem Erhabenen und dem
Lächerlichen. Keinen sehr glücklichen Abend hatte Herr Valberg als
Fritz Lobheimer. Er behandelte diese Stimmungsrolle passiver, als
iöthig gewesen wäre, man kam nicht einmal zur Antheilnahme an dem
ungen, so muthwillig verspielten Menschenleben, sondern man ärgerte
ich nur über die unselige laxe Moral der „jungen Leute“, von denen
ben auch Fritz Lobheimer einer ist, eine Moral, die immer Unheil und
elend im Gefolge hat. Recht gut gefiel uns Herr Felix als der
Vernunftmensch" Theodor Kaiser. Sein anspruchsloses Spiel, seine
ngekünstelte Sprechweise machten einen sehr günstigen Eindruck. Das
heater war wie immer sehr gut besucht.
Teschen. 25. October. (Theater.) Der Beifall, den W. Mey¬
Försters „Alt=Heidelberg“, Schauspiel aus der Studentenzeit, über
und gestern auch auf unserer Bühne gefunden, ist nicht so sehr ein C
folg des dichterischen Könnens des Verfassers, er wird vielmehr herve
gerufen durch den Schauplatz, auf welchem sich das Stück abspielt, durch
Alt=Heidelberg und dessen eigene Poesie. Bei dem bloßen Klange dieses
Namens zieht poctische Stimmung ein in die Seele, die bald wehmüthig
darnach frägt, wohin die alte Burschenherrlichkeit entschwunden, bald
wieder in die übermüthige Jugendlust einstimmt, die das Lebenselement
des deutschen Studenten ist. Im Mittelpunkt der Handlung steht der
Erbprinz Karl Heinrich, eine Waise, der in der strengsten Hofetiquette
erzogen, auf ein Jahr an die Universität Heidelberg geschickt wird. Das
flotte, frische, ungebundene, von S#¬