Liebelei
5. Liaeste, box 11/1
e
keine Puppen, sondern Menschen von Fleisch und er denkt gar nicht an ein Unrecht; so sind
1ode Cheater.
Blut, denen Du schon hier und dort begegnet bist, seine Freunde, so waren seine Kameraden im Re¬
(„Liebelei.“ Schauspiel in 3 Akten von Arth. Schnitzler.) bedauernswerte oder glückliche Leute, je nach dem gimente, so war wahrscheinlich auch sein Vater;
Standpunkt des Beobachters, sündhafte Menschen wo soll er eine andere Anschauung vom Weibe her
In Arthur Schnitzler hat das wienerische
meinetwegen, aber auf jeden Fall Menschen.
haben? Im vornehmen Junggesellenheim treffen
Quatier latin seinen Sänger gefunden und die
Die Träger der Handlung, wenn man die kurze sich die jungen Leute; Mizzi tollt mit ihrem
Liebelei“ ist ein echtes Bohemelied, ein leichtsinniger
Theodor, schäckert und lacht und freut sich der
Triller, ausklingend in eine gellende Dissonanz. Episode so nennen darf, sind zwei junge Leute,
Stunden, von denen sie weiß, daß sie enden werden
Studenten, reich, unabhängig, die das Leben ohne
Ein Stück Großstadt=Alltag ist's und nicht mehr,
Fragen und Grübeln genießen, leichtsinnig wie der
wie sie begonnen; sie hat den Burschen ganz gerne,
und doch von einer so schweren Tragik, daß wir
Mensch nur sein kann, dem nie die Sorge ins doch lieben? Wenn sie's vielleicht einmal gekonnt,
betlommen, geläutert — wenn sich darob auch die
jetzt kann und will sie's nimmer; man freut sich
Antlitz geblickt, und zwei junge Mädchen, die eine
Schulfuchser des Dramas entsetzen — den Saal
verlassen. Kein großer Vorwurf — ein findiger ein lebenslustiges Ding, das sich aus den kümmer= eben der Jugend und ist leichtsinnig so lange man
Reporter brächte die ganze Handlung in 10 Zeilen lichen Verhältnissen des Elternhauses hinaussehm jung ist. Christine aber, das arme Mädel, das
unter — und doch eine Tragödie von tiefer Wirkung. und den Weg in die „Halbwelt“ auch prächtig keine Vergangenheit hinter sich hat, liebt Fritz,
Die Zeiten sind eben vorüber — ob man in findet, eines jener „süßen Mädeln“, deren Leichtsinn ihr ganzes Sein möchte sie ihm schenken; sie sieht
Parenthese glücklich oder leider sagen will, ist jas etwas harmloses besitzt; die andere, die Tochter wohl die Kluft zwischen dem armen Dachstübchen
und dem modernen, raffiniert eleganten Salon,
ohne Belang — wo der Dichter, den Wünschen eines braven Musikers, ein gutes, mutterloses Kind
doch was frägt sie darnach: sie verlangt ja nichts,
vertrockneter Literarhistoriker gehorsam, sich seinen mit einem Herzen voll hingebungsvoller Liebe.
Stoff nur von der Menschheit „Höhen“ herabholen Fritz, der eine der beiden jungen Leute, hat ein sie liebt und möchte nur einen Sonnenstrahl der
das seinen Kameraden! Liebe in ihr Herz fallen sehen, der ihr Leben
Verhältnis mit einer Frau,
durfte und nur gewisse Konflikte für „dramatisch“
Theodor mit einiger Sorge erfüllt, soweit dieser erhellte. Und auch in Fritzens Innern scheint so
galten, als ob sich das Menschenleben vielleicht
überhaupt Sorgen kennt
etwas wie Liebe sich zu regen, ganz leise, vielleicht
und zur Ablenkung
auch nur an bestimmte Katastrophen hielte!
bringt er, unterstützt von seiner Freundin Mizzi, spürt er es noch gar nicht, andere Liebe als
Die Natur kennt nicht „groß" und „klein“, eine Bekanntschaft zustande zwischen seinem Freunde bisher, doch es ist spät, vielleicht schon zu spät,
„wichtig“ und „nebensächlich“; warum soll da nicht und des Musikers Tochter Christine. — Da
Während eines Liebesmahles bei Fritz ertönt
auch ein Stück kleines Menschenleben, sei es nun oben, wo Fritz sich jetzt eine Blume gesucht, deren die Klingel. Fritz erbebt, seine Gäste verschwinden
unglücklich, elend, verderbi, auf die Bühne gestellt Dust ihn berauscht, da wären doch manche Zufälle in ein Nebengemach, wortlos tritt der Mann der
werden? Sind in Wahrheit nicht alle Herzen den
möglich, der Gatte ..... da ist so ein kleines gefallenen Frau herein; es ist, als ob der Tod ins
gleichen Qualen unterworfen, fühlen sie nicht den
„süßes Mädel“ doch klüger, da gibts keine Szenen, Zimmer getreten wäre. Wenige Worte nur fallen,
gleichen Jubel, sind die „Sünden“ auf den „Höhen“
niemand frägt danach, da kann sich Fritz erholen doch die Szene ist von elementarer Tragik. Vor
andere, als in der Tiese? Nein! Nur durch die und zu anderen Gedanken kommen. So denkt kurzen. Augenblicken noch das Liebesgeflüster, leicht¬
Umgebung scheinen sie andere Werte zu haben.] Theodor Kaiser über die kleinen Mädeln im Hinter= sinnige Lebensfreude im ganzen Raume, und jetzt
als ob der Tod sich gemeldet.
Vor dem
Das einzige wahre Gesetz, das das Dramatreppenhause; wozu wären sie denn auch sonst auf
erfüllen muß, ist die Forderung nach lebendigen der Welt? „Ich oder ein anderer; besser ich als! Duelle treibi es Fritz noch zu Christine; in der
Menschea. Schnitzlers Gestalten leben, das sind ein anderer.“ Der Mensch ist eigentlich nicht schlecht, armen Dachkammer läutert sich die Seele des junge
5. Liaeste, box 11/1
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keine Puppen, sondern Menschen von Fleisch und er denkt gar nicht an ein Unrecht; so sind
1ode Cheater.
Blut, denen Du schon hier und dort begegnet bist, seine Freunde, so waren seine Kameraden im Re¬
(„Liebelei.“ Schauspiel in 3 Akten von Arth. Schnitzler.) bedauernswerte oder glückliche Leute, je nach dem gimente, so war wahrscheinlich auch sein Vater;
Standpunkt des Beobachters, sündhafte Menschen wo soll er eine andere Anschauung vom Weibe her
In Arthur Schnitzler hat das wienerische
meinetwegen, aber auf jeden Fall Menschen.
haben? Im vornehmen Junggesellenheim treffen
Quatier latin seinen Sänger gefunden und die
Die Träger der Handlung, wenn man die kurze sich die jungen Leute; Mizzi tollt mit ihrem
Liebelei“ ist ein echtes Bohemelied, ein leichtsinniger
Theodor, schäckert und lacht und freut sich der
Triller, ausklingend in eine gellende Dissonanz. Episode so nennen darf, sind zwei junge Leute,
Stunden, von denen sie weiß, daß sie enden werden
Studenten, reich, unabhängig, die das Leben ohne
Ein Stück Großstadt=Alltag ist's und nicht mehr,
Fragen und Grübeln genießen, leichtsinnig wie der
wie sie begonnen; sie hat den Burschen ganz gerne,
und doch von einer so schweren Tragik, daß wir
Mensch nur sein kann, dem nie die Sorge ins doch lieben? Wenn sie's vielleicht einmal gekonnt,
betlommen, geläutert — wenn sich darob auch die
jetzt kann und will sie's nimmer; man freut sich
Antlitz geblickt, und zwei junge Mädchen, die eine
Schulfuchser des Dramas entsetzen — den Saal
verlassen. Kein großer Vorwurf — ein findiger ein lebenslustiges Ding, das sich aus den kümmer= eben der Jugend und ist leichtsinnig so lange man
Reporter brächte die ganze Handlung in 10 Zeilen lichen Verhältnissen des Elternhauses hinaussehm jung ist. Christine aber, das arme Mädel, das
unter — und doch eine Tragödie von tiefer Wirkung. und den Weg in die „Halbwelt“ auch prächtig keine Vergangenheit hinter sich hat, liebt Fritz,
Die Zeiten sind eben vorüber — ob man in findet, eines jener „süßen Mädeln“, deren Leichtsinn ihr ganzes Sein möchte sie ihm schenken; sie sieht
Parenthese glücklich oder leider sagen will, ist jas etwas harmloses besitzt; die andere, die Tochter wohl die Kluft zwischen dem armen Dachstübchen
und dem modernen, raffiniert eleganten Salon,
ohne Belang — wo der Dichter, den Wünschen eines braven Musikers, ein gutes, mutterloses Kind
doch was frägt sie darnach: sie verlangt ja nichts,
vertrockneter Literarhistoriker gehorsam, sich seinen mit einem Herzen voll hingebungsvoller Liebe.
Stoff nur von der Menschheit „Höhen“ herabholen Fritz, der eine der beiden jungen Leute, hat ein sie liebt und möchte nur einen Sonnenstrahl der
das seinen Kameraden! Liebe in ihr Herz fallen sehen, der ihr Leben
Verhältnis mit einer Frau,
durfte und nur gewisse Konflikte für „dramatisch“
Theodor mit einiger Sorge erfüllt, soweit dieser erhellte. Und auch in Fritzens Innern scheint so
galten, als ob sich das Menschenleben vielleicht
überhaupt Sorgen kennt
etwas wie Liebe sich zu regen, ganz leise, vielleicht
und zur Ablenkung
auch nur an bestimmte Katastrophen hielte!
bringt er, unterstützt von seiner Freundin Mizzi, spürt er es noch gar nicht, andere Liebe als
Die Natur kennt nicht „groß" und „klein“, eine Bekanntschaft zustande zwischen seinem Freunde bisher, doch es ist spät, vielleicht schon zu spät,
„wichtig“ und „nebensächlich“; warum soll da nicht und des Musikers Tochter Christine. — Da
Während eines Liebesmahles bei Fritz ertönt
auch ein Stück kleines Menschenleben, sei es nun oben, wo Fritz sich jetzt eine Blume gesucht, deren die Klingel. Fritz erbebt, seine Gäste verschwinden
unglücklich, elend, verderbi, auf die Bühne gestellt Dust ihn berauscht, da wären doch manche Zufälle in ein Nebengemach, wortlos tritt der Mann der
werden? Sind in Wahrheit nicht alle Herzen den
möglich, der Gatte ..... da ist so ein kleines gefallenen Frau herein; es ist, als ob der Tod ins
gleichen Qualen unterworfen, fühlen sie nicht den
„süßes Mädel“ doch klüger, da gibts keine Szenen, Zimmer getreten wäre. Wenige Worte nur fallen,
gleichen Jubel, sind die „Sünden“ auf den „Höhen“
niemand frägt danach, da kann sich Fritz erholen doch die Szene ist von elementarer Tragik. Vor
andere, als in der Tiese? Nein! Nur durch die und zu anderen Gedanken kommen. So denkt kurzen. Augenblicken noch das Liebesgeflüster, leicht¬
Umgebung scheinen sie andere Werte zu haben.] Theodor Kaiser über die kleinen Mädeln im Hinter= sinnige Lebensfreude im ganzen Raume, und jetzt
als ob der Tod sich gemeldet.
Vor dem
Das einzige wahre Gesetz, das das Dramatreppenhause; wozu wären sie denn auch sonst auf
erfüllen muß, ist die Forderung nach lebendigen der Welt? „Ich oder ein anderer; besser ich als! Duelle treibi es Fritz noch zu Christine; in der
Menschea. Schnitzlers Gestalten leben, das sind ein anderer.“ Der Mensch ist eigentlich nicht schlecht, armen Dachkammer läutert sich die Seele des junge