II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1033

Liebelei
5. S
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— Uargticher
Enttäuschung, der darin erschien, als er kalt
und stumm an ihr vorüberging. Eine
Ahnung kam ihm, daß da ein innerer Z
sammenhang zwischen diesem Vorgang un
ihrer wenige Stunden danach eingegangene
überstürzten Verlobung bestehen könne. Abe
er verzog keine Miene, fragte nur obenhin
„Was gab wohl die Veranlassung zu de
Krach mit Bertoldi?“
„Gott — meine Frau ist ja sehr diskret
nd ließ nie etwas darüber verlauten. Ich
atte indessen durchaus den Eindruck, daß
der alte Geck ihr gegenüber zudringlich
wurde, worauf sie ihm den Stuhl vor die
Tür setzte. Esther ist nämlich von einer
fabelhaften Ehrpusselichkeit und Prüderie.“
„Die Bezeichnung „alter Geck“ die Sie
da eben brauchten, paßt wohl nicht auf Ber¬
toldi.“
„Sagen wir also: „Alter Don Juan.“
„Auch das kann ich mir nicht vorstellen.“
„Sie haben eben eine allzu günstige Mei¬
nung von ihm, die ich nicht ganz teile.“
Pallinger wurde ein wenig gereizt. Die¬
ser abweisende Ton irritierte ihn.
Haidek zog lächelnd die Schulter hoch, als
wolle er damit ausdrücken: „Wir haben wohl
üverhaupt sehr verschiedene Ansichten.“
„Bertoldi ist der stabil Gewordne, durch
das Herkommen geheiligte Humbug in der
Kunst und im Leben,“ sprudelte der andere
mit gesteigerter Lebendigkeit. „Wie das schon
in der letzten Nummer der „Freien Bahn“
gesagt wurde. Er hat den Leuten von jeher
Sand in die Augen gestreut.“
„Verzeihen Sie, aber etwas derartiges
stand gar nicht in dem betreffenden Artikel,“
sagte Haidek, der ein untrügliches Gedächt¬
nis für alles besaß, was er einmal gründlich
gelesen.
„Ja, so! Richtig! Es stand nich darin,
doch es hätte so darin stehen sollen,“ fuhr
Pallinger nervös heraus. „Die Redaktion
fand die Wendung zu stark und strich den
Fat.“
au Leittten, Der Alter —....
volant“ in der „Freien Bahn“ schreibt.“
„Ich kenne ihn auch nicht. Das klang
trotzig und deshalb auch unglaubwürdig.
„Auf Ihr Wort, Herr Pallinger?“
„Herr Baron, ich sitze doch nicht auf der
Anklagebank und brauche mich also auch nicht
einem hochnotpeinlichen Verhör unterziehen
zu lassen,“ brauste der auf.
„Gewiß nicht, Herr Pallinger, ich will Sie
auch nicht länger mit Fragen belästigen, die
Ihnen unbequem zu sein scheinen.“
Damit griff Haidek nach seiner Mütze, rief
nach der Bedienung und stand auf.
„Entschuldigen Sie mich, Herr Baron,“
lenkte der andere nun ein. „Ich habe mich
eben wohl etwas in der Form vergriffen.
Sie wissen, ich bin ein neuer Mann und noch
nicht ganz sattelfest in diesen Dingen. Das
hätte er sonst nicht leicht zugegeben, doch jetzt
paßte es ihm gerade, das zu betonen. „Las¬
sen Sie daraus keinen Mißton zwischen uns
entstehen.“
Haidek zündete sich eine Zigarette an, wäh¬
rend er auf die Kellnerin wartete, und ant¬
wortete nicht.
„Wenn Sie es wünschen, will ich alles
über den Verfasser der Artikel in Erfahrung
zu bringen suchen, was Ihnen irgend wis¬
senswert erscheint,“ fuhr jener geschmeidig
und beflissen fort.
„Bitte, bemühen Sie sich nicht. Die Sache
geht mich ja schließlich nichts an.“
Der Freiherr grüßte sehr obenhin und
ging hinaus.
(Fortsetzung folgt.)


Berliner Theaterbrief.
„Liebelei.“
Oper in 3 Akten von Franz Neumann.
Mit der Vorführung dieses neuen Werkes
elnes jungen Frankfurter Musikers hat Herr
Gregor von der Komischen Oper den Berlinern
gewissermaßen seine Abschiedskarte überreichen
wollen. Er verläßt nämlich mit dem nächsten
ersten April den Schauplatz seiner hiesigen, an
künstlerischen Erfolgen wohl reichen, jedoch im
übrigen dornenvollen Tätigkeit, um die Leitung
der Wiener Hosoper zu übernehmen. Herr
Gregor wird in der Theatergeschichte der
Reichshauptstadt stets mit Ehren genannt wer¬
den müssen, denn er hat seinen vielbedrohten