II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1109

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Liebe
5. Lanae1
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Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitf ausbürgisch Deutsches Tagblatt
Herceannstadt
vom: 137#

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Theater.
(J—.)— Welch hoher Wertschätzung sich Artur
(Schnitzler in deutschen Landen erfreuen darf,
ist erst so recht zutage getreten, als der eigenar¬
#tige Dichter vor kurzem seinen 50. Geburtstag
feierte. Und wie man sich auch zu ihm stellen
mag: kein Unbefangener wird leugnen können,
daß er unter den Modernen einer der liefgrün¬
digsten und geistreichsten Dramatiker ist und einer
der ehrlichsten dazu, kein Macher, sondern ein Poet;
der nicht um Geldes oder Ruhmes illen, un¬
bekümmert um Meinung und Geschmalk des Ta—¬
ges.aus innerem Drung zu schaffen pflegt. Dies
letzte wird auch der Grund davon sein, daß seine
Werke bisher in den breiteren Schichten nicht
heimisch geworden sind. Dies Entgegenkommen,
Mg

geisige und felsche Mitarbeiten ist nicht jeder=(s. mackvoll besorgt hat, just der rechte Mann. 2r
manns Sache und gerade in der Provinz — wie hat dafür den flotten Ton und den weltmännischen
viele sind denn ihrer, die Zeit und Sammlung; Schliff und fand sowohl für die Genußfreudigkeit,
genug haben, auch außer dem Theater sich demi wie für den grillenhaften Spleen und das End¬
Lebenswerk eines Dichters eingehend zu widmen?
chen Romantik, das in dieser Gestalt steckt, sehr
Von den zahlreichen Schauspielen Schnitzlers sind
glückli##e Nüancen. Ueberrascht hat mich Herr Ol¬
wenn ich mich im Augenblick recht erinnere —
den, den ich bisher nur in kleineren Rollen ge¬
auf unserer Bühne nur Liebelei“ „Das Ab=sehen gabe und der als Freund Max hervorra¬
schiedssouper“ und „Der junge Medardus“ gege= gend gut war. Das saloppe, schleppende Aristo¬
ben worden. Die Erfahrungen, die man hier mit
kraten=Wienerisch, die überlegene Nonchalance, der
sogenannten literarischen Komödien gemacht hat,
kaustische Witz gaben der Figur scharfes Prosil und
sind für die Direktion freilich nicht sonderlich er¬
außerordentliche Wirksamkeit. Dieser kluge Seeptiker
mutigend und zu den meisten Dramen Schnitzlers
lag außer der üblichen Schablone und hatte ganz
möchte ich selbst nicht gerne geraten haben, aber
persönliches Gepräge. Die Damen in der „Frage
vielleicht könnte man doch mit einem oder dem
an das Schicksal“ und der „Episode“ haben nicht
andern, z. B. mit der interessanten Komödie viel mehr zu bringen, als das Stichwort zur
„Freiwild“ oder mit dem prächtigen Einakter Schlußpointe. Es ist selbstverständlich, daß Frl.
„Zum grünen Kakadu“ einen Versuch machen. Mit
Lederer (Cora) und Frl. Weinberger (Bi¬
einem Ensemble von solch besonderer Tüchtigkeit,
anca) darin nichts vermissen ließen. Ein weiteres
wie das heurige, wäre selbst „Das weite Land“
Feld der Betätigung hatte Frl. Bauer in „Ana¬

wohl kaum ein Wagestück.
tols Hochzeitsmorgen“ und im „Abschiedssouper“,
Der gestrige Einakterzyklus „Anatole“, die als explosivoe Magyarin und als Wiener
das Erstlingswerk Schnitzlers, gehört keineswegs! Ballettmädel die Lachlust rege hielt. Insbesondere
zu jenen, die eines besonderen Studiums be= in der letzteren Rolle war sie in ihrer Mischung
dürften. Die mit genialer Hand hingeworfenen von Beschränktheit und Mutterwitz, Leichtsinn und
Skizzen sprechen wohl zu jedermann, ausgenommen Gutherzigkeit von köstlichem Humor und erstaun¬
licher Wirklichkeitstreue. Der hochamüsante Abend,
etwa jene, die solch federleichte, nur scheinbar ober¬
dessen Wiederholung allen Freunden heiterer und
flächliche Kunst aus Grundsatz verwerfen. Den
feiner Pikanterien bestens empfohlen sei, erweckte
Inhalt der vier Stückchen auch nur flüchtig an¬
im vollen Hause behagliche Lustspielstimmung und
zudeuten, würde einerseits zu viel Raum bean¬
spruchen, andererseits wäre aber damit auch nicht
starken Beifall nach allen Szenen.
das Wesen ihrer Wirkung erklärt. Der Reiz
dieser liebenswürdigen Sächelchen liegt nicht im
Stofflichen: den Liebesabenteuern eines Wiener
Donjuans mit den süßen Mädeln der Vorstadt,
sondern in der prächtigen Milieu= und Charakter¬
zeichnung, dem blendenden Tialog, der ganzen von
einer seinen Ironie durchsättigten Form, nicht
zuletzt aber in der echt wienerischen Melange von
Frohsinn und Rührsamkeit, Uebermut und Resig¬
nation, die uns da in sublimer Schale kredenzt
Inszenierung, Spiel und Ausstattung standen
auf vornehmem Niveau und ließen keine berech¬
tigten Wünsche unbefriedigt. (Bloß die fahle Be¬
leuchtung beim Abschiedssouper hätte ich gerne et¬
was heller und gemütlicher gehabt.) Für den
Helden der bittersüßen Liebesgeschichten ist Herr
Wonger, der auch die Spielleitung sehr ge¬
e.