II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 2013

Liebelei
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5. L.t 841
Nenes Wiener dcurnal, Wien
„vom:
16 NAl 934
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sprach mit Oskar Straus über „Tiebeler
Ge
Reminiszenzen an den „Eisvogel“ im Prater, an das
„Ueberbrettl“ und Bernard Shaw.
Von
Egon Michael Salzer.
London, im Mai. lange dagegen sträubte, die Sanktion für die musikalische Be¬
Oskar Straus gehört zu den ewig jungen Herren des arbeitung seines Stückes zu gewähren. Die gleichen Schwierig¬
älteren Jahrganges, die sich einen Spaß daraus machen, inner= keiten legte er der Verfilmung des „Schokoladesoldaten“ ent¬
gegen, obwohl er sich überzeugen lassen mußte, daß seine ersten
halb einer halben Woche zweimal dreißig Stunden im Expreßzug
Bedenken ungerechtfertigt waren und er aus der Operette große
zu sitzen, um eine Stunde lang ein Rundfunkkonzert aus eigenen
Einnahmen beziehen konnte. Wie Oskar Straus nunmehr
erzählt, sind die Wiverstände gegen die Verfilmung nahezu
Werken zu dirigieren. So kam er nach acht Jahren wieder auf
beseitigt und der „Schokoladesoldat“ wird mit den Straus¬
ein paar Tage nach London, bei der Ankunft in der unter der
Melodien einen neuen Siegeszug um die Welt antreten. Straus
frühsommerlichen Hitze schwitzenden Themsestadt bereits fest ent¬
hat Shaw nie gesehen und eine Begegnung auch diesmal ver¬
schlossen, sobald als möglich in seine zwischen Schönbrunn und
säumt, da der Dramatiker nicht in London ist und erst in einigen
Kobenzl liegende Wiener Heimat zurückzukehren. Vergeblich sucht
Wochen von seiner Neuseelandreise zurückerwartet wird.
man in London ein Gartenrestaurant, in dem man bei einem
Glas kühlen Biers einen warmen Maiabend im Freien ver¬
„Liebelei“=Operette getreu nach Schnitzler.
bringen kann. Man muß eines der eleganten Lokale im Zentrum
Anläßlich seines Londoner Radiokonzerts häk Straus seine
der Stadt aufsuchen und entweder in unvermeidlichem Zug
Walzerouvertüre zu seiner neuen Operette „Liebelei“ zum ersten¬
oder bei geschlossenen Fenstern die Schwüle des Abends er¬
mal dirigiert. Die reizende Musik ist unbedingt dazu geschaffen,
dulden. Oskar Straus denkt dabei wehmütig an den zwei Tage
um die Popularität des „Walzertraums“ zu erreichen, eine
zuvor verbrachten Abend am Kobenzl und läßt sich mit London
Hoffnung, die auch der Komponist hegt, der der Meinung ist,
und der störenden Tafelmusik nur dadurch versöhnen, daß eine
daß er mit dieser Musik sein Bestes seit vielen Jahren geboten
Damenkapelle aufspielt und Erinnerungen an seine Walzer¬
hat. Die Ouvertüre ist aus eine Reihe verschiedener Walzer¬
traumjugend erweckt.
motive zusammengesetzt und darum einzig in ihrer Art.
„Eine Damenkapelle beim „Eisvogel“ im Prater, die —
wenn auch nicht mehr in Originalbesetzung — heute noch spielt,
„Das Libretto der „Liebelei“ ist im vollen Einvernehmen
war an der Entstehung des „Walzertraums“ mitbestimmend“
mit den Erben Artur Schnitzlers zustande gekommen“, erklärt
erzählt Oskar Straus, seine Havanna zum elftenmal an¬
Strauß. „Die Handlung ist die gleiche geblieben und weicht nur
zündend. „Den Abenden dort verdanke ich die Einfälle zum
in der Konstruktion ab. Schnitzlers Anfang ist bei uns erst das
zweiten Finale. Ja, ja, der „Eisvogel“ hat so manches überlebt,
vierte Bild. Die erste Szene spielt in einer Konditorei am Renn¬
der „Walzertraum“ jener Zeit ist aber endgültig verflogen.
platz in der Freudenau, wo man von dem Verhältnis des jungen
Wenn meine Operette auch noch jedes Jahr ein paar hundertmal
Offiziers mit der Frau des Obersten erfährt und der Freund die
in allen Teilen der Welt aufgeführt wird und in manchem weh¬
Bekanntschaft mit Christine vermitteln will. Dann wickelt sich
die Handlung ganz ähnlich wie bei Schnitzler ab und wenn man
mütige Erinnerungen wachrufen mag...“
nicht das Original auswendig kennt, wird es einem schwer fallen,
Die verfehlte Karriere als Pianist.
festzustellen, wo Schnitzlers Dialog aufhört und Paul Kneplers
Wenn Oskar Straus von Erinnerungen spricht, kommt er
Worte beginnen. Das Ende ist ein wenig vom Original ab¬
gern auf seine Studentenzeit zu sprechen, in der ihm Eduarb
Hanslick mit kritischem Prophetenblick eine große Zukunft als — weichend. Der Ausgang des Duells bleibt offen. Der junge
Klaviervirtuose vorausgesagt hat, nachdem er sich von der Un= Offizier ist nur schwer verwundet. Wenn Christl sich nach ihm
erkundigt, versichert man ihr, daß er am Leben bleiben wird. „Aber
tauglichkeit seiner Kompositionen überzeugt hatte. Straus war
damals auch ein ausgezeichneter Pianist und beschäftigte sich nur wenn er auch lebt, ich werde für ihn dann doch nichts anderes
so nebenbei mit ernsten Kompositionen, die merkwürdigerweise alle sein als eine kleine Liebelei ...“ Das ist ungefähr der Sinn der
einen Verleger fanden, obwohl sie nach dem eigenen Urteil des letzten Szene.
Die Reihenfolge der Erstaufführungen kann ich heute noch
Komponisten wenig Erfolg hatten.
nicht feststellen. Es liegen schon Angebote aus London, Paris
„Während meiner Dirigententätigkeit in Mainz lernte ich
und Zürich vor, die Uraufführung wird aber aller Wahr¬
den Direktor des Musikverlages Schott kennen“ meint Oskar
scheinlichkeit nach in Wien stattfinden.“
Straus, „und der war von meiner Zukunft so überzeugt, daß er
Ueber die voraussichtliche Besetzung kann Oskar Strauß
aus puram Idealismus meine Streichquartette und Kammer¬
auch noch nichts verraten. Man weiß aber, daß Yvonne
musikstücke verlegte und sogar sehr anständige Honorare dafür
Printemps sich für die Rolle auf der französischen Bühne
bezahlte. Jahre hindurch akzeptierte er meine Produktion wider¬
interessiert, daß auch Lily Pons, die berühmte französische
spruchslos und zu meiner größten Verwunderung, denn ich
Koloratursängerin der Metropolitan Opera, sie gern singen
wußte, daß keine Aussicht auf Erfolg bestand. Das erste
möchte und daß Lea Seidl mit der Darstellung der Hauptrolle
Manuskript, das er refüsierte, war „Wenn die Musik kommt",
in London ihren Friederike=Erfolg noch übertreffen würde.
gerade das Werk, mit dem ich dannn meine so erfolgreiche
Vielleicht kommt auch Luise Ullrich hieher, um die Schlager=Mitzi
Tätigkeit mit dem „Ueberbrettl“ begonnen hatte. Das und der
zu spielen, die sie im Tonfilm schon so erfolgreich dargestellt hat.
„Lustige Ehemann“ begründeten meine Karriere und sind für
Die ausgezeichnete Kritik ihrer Leistungen in der „Unvoll¬
die Verleger heute noch eine unversiegliche Einnahmenquelle.“
endeten .. .“, dem Schubert=Film mit Hans Jaray, der in London
„Der Schokoladesoldat“ als Tonfilm.
in der deutschen Fassung zu einem der stärksten Erfolge geworden
Heute hat Oskar Straus das Klavierspielen beinahe schon
war, berechtigen zu der Erwartung, daß die junge, so überaus
verlernt und als Dirigent produziert er sich auch nur noch
talentierte Schauspielerin auch auf der englischen Bühne erfolg¬
selten. Das Londoner Rundfunkgastspiel ist nur eine Aus¬
reich sein könnte. Das sind aber alles Prognosen, die über das
nahmt da seine ganze Arbeitszeit vom Komponieren und der
hinausgehen, was der Komponist darüber sagen will. Eines ist
Instrumentation in Anspruch genommen ist. Im Gespräch über
seine großen Londoner Erfolge kommen wir auch auf seinen jedenfalls sicher — „Liebelei“ wird in der nächsten Saison der
jahrelangen Kampf mit Bernard Shaw zu sprechen, der sich Schlager der internationalen Operettenbühnen sein...