II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 43

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4.9. Anatol - Zyklus
Telephon 12.801.
OBSER
1. österr. beh. konz. Unterzehmen für Zeitung
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Dalmande de donde
INER TAGSLA
Ausschnitt aus
vom
I
Lessingtheater.
Paula Somary, Lina Lussen, diese auffallend denkräftig¬
Schauspielerin, Hilde Herterich und Irene Triesch, die
Zum erstenmal: Anatol. Fünf Einakter von Arthur Schnitzler, keine Aufgabe hatte, spielten vier der Wiener Mädels, und
I. E. Im Lessingtheater fand Schnitzler gestern abend ein sehr
Mathilde Sussin die fünfte. Das war die Annie in „Ab¬
dankbares Publikum besonders in der Mitte des Abends war der
schiedssouper, die immer gefällt, denn sie hat eine Schwipsszene,
Beifall stark. Einige Stückchen aus diesem fünffingrigen Zyklus, der
und die auch gestern außerordentlich gefiel.
das Leben eines Wiener Viveurs mit lauter Heiterkeit und leisem
Ernst umspannt, sind uns schon bekannt, und es gibt kaum eine reisende
Künstlerin, die sich nicht aus dem Abschiedssouper eine
leichten Erfolg geholt hätte. Alle zusammen, diese fünf Bijouterien,
geben eine zu gleichmäßige und darum ermüdende Wirkung. Man
kann schließlich selbst den schönsten Walzer nicht fünfmal hinter¬
einander hören. Die beiden letzten zudem, Episode und
Anatols Hochzeitsmorgen, haben nicht mehr ursprüng¬
lichen Glanz. Sie haben ihn von den ersten Stücken geborgt, und
die Frauengestalten kommen zu keiner bestimmten Farbe.
Aber in den ersten drei Stücken. Die Frage an das Schick¬
sal", „Weihnachtseinkauf und Abschiedssouper
ist der Gestalter Arthur Schnitzler sehr liebenswert, wie hoch er auch
inzwischen über diese Nebenspiele hinausgestiegen ist. In diesem
„die Dinge nehmen, wie sie sind gleicht auch er wie sein Landsmann
Hermann Bahr dem Franzosen Capus, ein freiheitsseliger Geist des
Widerspruchs gegen alles Philistertum ist, ohne Worte ganz heimlich
diesen Szenen eingeschlossen, und die ungemachte Grazie seiner Keck¬
heit kommt aus einer sehr vornehmen und sehr gütigen Natur. Man
hat die Empfindung, die von anderen Arbeiten Schnitzlers sehr be¬
glaubigt wird, daß die Dichterhände, die hier das sogenannte „Unehr¬
bare ausstellen, ganz reine und edle Hände sind.
So begleiten wir den melancholisch-heiteren, lässig unter
nehmungslustigen, oft enttäuschten, nie abgeschreckten Anatol durch
mannigfaltige Abenteuer. Wir sehen ihn immer wieder am füßen
Wiener Mädel haften, mag sie nun Cora, Gabriele, Annie, Bianca
oder Ilona heißen. Noch bis in den Morgen seines Hochzeitstages
hinein lebt er sein bei Nacht sehr geschäftiges Müßiggängerleben, und
obschon es an fünf Stücken nun schon genug ist, wünschten wir fast
noch ein sechstes, weil wir wissen möchten, was für ein Ehemann aus
diesem allzu Erfahrenen wird.
Der Darsteller des Anatol hat es nicht leicht, die Wirkungen zu
steigern und dennoch in Grenzen zu bleiben. Heinz Monnard
kam am Schluß nicht ganz um die Gefahr des schlotterig Burlesken
herum. In den ersten drei Stücken war er ausgezeichnet. Man
kann den schleppenden Ton des Wieners im allgemeinen und die
müde, dann wieder schnell erregte Anmut dieses besonderen Wiener¬
Anatol nicht besser spielen. Emanuel Reicher gab der Freund
Mar sehr witzig, nur etwas zu angefahrt bequem in der Haltung.