II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 99

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4.9. Anatol - Zyklus
Madrid, Mann,
..... Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
ningabe ohne Gefahr.
Ausschnitt aus
liche hands

1910
Aus dem Kunstleben.
Leling-Theater.
Schnitzlers „Anatol“
Wir waren bevelend jünger, als Artur Schnitzlers
elegant melancholische Szenenreihe aus dem abenteuerreichen
Dasein eines Wiener Don Juanito erschien. Aber grade darum
dachten wir heut abend recht vergnügt die nachdenklichen
Witze und heiteren Problemchen des fein unterhaltenden
Buches im Theater zu genießen — zumal es noch immer
eine Ausnahme ist, wenn Brahm die moderne Dramatik
auf die leichte Achsel nimmt.
Es war auch zunächst sehr vergnüglich, den
wegnerischen Lebenskünstler und Selbstbetrüger, seinen
trockenen Freund und Szenenfüller Max und das eine oder
andere Wegner Madl beisammen zu sehen und plauschen
zu hören. Doch ließ die Freude bald nach, da die Geschichte
im wesentlichen sich nur um sich selbst drehte, statt sie, vor¬
wärts zu bewegen. Der Horizont ist zu eng, das psycho¬
logisch Fesselnde zu zersplitternd fein für eine regelrechte
Abendfüllung.
Dazu kommt wohl auch, daß die zwei bühnenwirksamsten
der fünf Stücklein („Die Frage an das Schicksal" und „Das
Abschiedssouper") längst, zusammen oder getrennt, über
viele Bühnen gegangen sind, „Weihnachtseinkäufe und
Episode sind doch gar zu dünn und handlungs¬
los, um als dramatische Werke noch so kleinen
Stils betrachtet werden zu können. Und zu Ehren
des Dichters muß festgestellt werden, daß er das offenbar
auch gar nicht beabsichtigte, als er in lyrisch-humoristisch¬
sentimentalen Stunden der sachte schwindenden Jugend diese
zurten Skizzen hinwarf. Im selben Maße, in dem sie dem
derberen Wesen des Dramas oder dem lauten des Theaters
sich nähern, im selben Maße müssen sie an ihrem eigensten
Raz Einbuße erleiden.
Trotzdem eines ins andere gerechnet, ein recht unter¬
Haltsamer Abend ward es doch noch. An drolligen
Situationen und witzigen „Prägungen" blieb genug, um
über mane Stellen immer wieder hinwegzukommen.
Das Lessing=Theater hatte auch keine künstlerischen
Kosten gescheut, um den „Anatol“ für die Bühne
zu gewinnen. Die Regie Emil Lessings half tunlichst
nach, allzu Schmächtiges durch Mimenkünste kräftiger
erscheinen zu lassen. Heinz Monnard war im Wieneri¬
schen wie im Selbstironischen des Lebemanns gelegent¬
lich ein bißchen zu besorgt um deutliche Kund¬
gebung der künstlerischen Absichten, hatte aber viele
köstliche Momente und war der Verlebendigung
des blassen Buch=Anatols im ganzen äußerst nützlich. Aus
Max, dem Mann im Schatten, machte Emil Reichers
launige Mimik erstaunlich viel. Und die Damen
Susin, Herterich
Somary, Lossen,
und Triesch waren jede auf ihrem Posten ebenso reizend
wie vortrefflich. Die beste Gelegenheit, sich auszuzeichnen,
hatten dabei Mathilde Sussin und Irene Triesch, beide
nutzten die Gelegenheit mit glücklicher Mischung von Können
Willy Rath.
und Laune.
in Bern, Basel,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapols
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Pet¬
burg, Toronto.
de des de
Ausschnitt aus:
12 1370
von:
Ostsee Zeitung, Stettu
Berliner Premieren.
ch. Berlin, 3. Dezember. (Tel.) Im Lessing=Theater
wurde heute abend der Schnitzlersche Anatole-Zyklus zum ersten
Male als Ganzes von den fünf Einaktern
gehören ja seit längerer Zeit zum ständigen Repertoire dieser und
anderer Bühnen. Sie waren auch heute der Mittelpunkt des
großen und bedingungslosen Erfolges, den die leicht und keck hin¬
geworfenen Genrebilder aus dem Liebesleben eines Jung¬
gesellen ernteten. Die Aufführung entsprach im allgemeinen dem
„Wiener Porzellangenre“, Herr Monnart als Anatole hatte
allerdings nichts Wienerisches, sondern höchstens ein bißchen
Wienchnerisches an sich und auch der Lebens= und Liebeskünstler
von Schnitzlers Gnaden hatte mehr Trottelhaftigkeit, als erlaubt
erschien. Auch Emanuel Reicher schien sich in der Rolle des
Dulders und vornehmen Zuschauers nicht sonderlich wohl zu
fühlen. Dafür waren die weiblichen Figuren sehr gut ver¬
treten. Fräulein Sussin gab im „Abschiedssouper ein
Kabinettstückchen sprudelnder Launen und Irene Treich war
am „Hochzeitsmorgen" eine temperamentvolle Geliebte von
gestern.