II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 178

4.9. An
to
Zyklus
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1
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I. österr. behördl. konz. Unternehmen für
Zeitungsausschnitte
Wien, I., Konkordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
que fange deut¬
Ausschnitt aus
Hamburg
3 MAI
1911
vom
Anatol.
Fünf Einakter von Arthur Schnitzler In Szene gesetzt von
Carl gemann. Zum ersten Male aufgeführt im Deut¬
schen Schauspielhaus am Dienstag, den 2. Mai.
Die armen Wiener Früher pries man, mit einer leisen
Geringschätzung im Ton, ihr Phäakentum. Heute, Dank
Schnitzler, stehen sie im Licht des „Anatolischen". Grazie,
sentimentale Heiterkeit, leichtfertige Gemütlichkeit
„heut
alles, wie einst. Nur der Ernst fehlt. Aber tut man den
Leuteln von der blauen Donau nicht unrecht? Ich glaube.
Wenigstens habe ich gestern vergebens nach dem typisch Wie¬
nerischen gesucht, das Schnitzler so treffend wiedergeben soll.
Ich habe nur das Anatolische gefunden. Aber das schwimmt
heute in allen Großstädten oben, wie Schlagrahm auf dem
Kaffee. Denn die junge Lebewelt dieser Städte ist sich über¬
all gleich. (Ist es doch überhaupt bezeichnend, daß die erfolg¬
reichen Dramatiker unserer Tage fast überall „Helden" inter¬
nationalen Gepräges verwenden!) Mich erinnerte Schnitz¬
ler vor allem an einen witzig frivolen Causeur der Kopen¬
hagener Zeitung „Politiken. Er nennt sich Christensen,
trägt aber eigentlich einen ganz anderen Namen und
seine Wiege soll sogar in Hamburg gestanden haben. Sein
Kopenhagenertura sieht dem Wienertum Schnitzlers zum Ver¬
wechseln ähnlich. Auch er meistert den Anatoltyp aus¬
gezeichnet, aber er hat viel mehr Stilgefühl als Schnitzler.
Er schreibt 120 Zeilen Plauderei und sie wirken wie eine
Lustspielszene. Schnitzler schreibt Lustspielszenen und sie
wirken wie eine Plauderei, Christensen begnügt sich mit
einem Plätzchen im lokalen Teil seiner Zeitung. Schnitzler
für seine Causerien den ganzen Theaterapparat nötig.
Und allem sprühenden Witz, bei aller sprudelnden Lustig¬
keit, bei allem Scharfsinn, aller Menschenkenntnis, womit
Charakterzeichnung und Stimmungsgehalt seiner Themen
erschöpft werden, die er der Tragikomödie des wirklichen
Lebens mit seinen frivolen Bitterkeiten entnimmt — dies
Bedürfnis wirkt ein wenig schwer und umständlich.
Schnitzler hat das Anatolthema später in seinem Schau¬
spiel „Liebelei vertieft. Was ist Liebelei? Liebe ohne
Liebe. Flirt. Aber beim Flirt sind sich beide Partner be¬
wußt, daß es sich nur um ein Spiel handelt. Bei der Lie¬
belet wird der Flirt=Standpunkt oft nur von den jungen
Männern der sogenannten besseren Stände eingenommen. Da
die jungen Mädchen ihrer eigenen Kaste ihnen in den Jahren,
da sie sich die Hörner ablaufen, sich „austoben", wie es zu
heißen pflegt, kaum zugänglich sind, wenden sie ihre Ge¬
fühle jenen freieren Damen zu, die außerhalb der Gesell¬
schaft stehen oder den Mädchen des „Volkes" (zur Unter¬
scheidung von „Gesellschaft“). Im ersteren Fall bleibt es
meistens beim Flirt. Im letzteren Fall ereignet es sich aber
wohl manchmal, daß dort, wo der Mann nur an Liebelei
denkt, das junge Mädchen wirkliche Liebe spendet. Die Kon¬
flikte und Katastrophen, die sich dann ergeben, hat Schnitzler
in seinem Schauspiel „Liebelei“ behandelt. In den „Anatol¬
Szenen bleibt er aber jedem Ernst fern. Die „Flammen",
die Anatol bis zum Hochzeitsmorgen entzücken, quälen, pei¬
nigen, verlassen, besitzen so wenig wie er selber erotische
Leidenschaft. Sie haben nur die erotische Phantasie. Das
sind
Herz kommt nicht in Frage, nur die Sinne. Sie
keine
Schmetterlingsnaturen. Sie haben nur Oberfläche,
gesamte Produktion

gewür¬
die allein er die Liebe verste
mental
heit und mit einigen
Das ist der Ausklang der Szenenreihe, die
unsere allem künstlerischen Er

be¬