II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 327

4.9. Ana¬
1 Zyklus
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(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus:
Der Mar¬
von 15
Anatol in Budapest.
Aus dem leichtsinnigen Melancholiker, aus
dem Hypochonder der Liebe ist auf der Bühne
des Ungarischen Theaters ein Oberflächling mit
unschöfen, manchmal geradezu clownartigen
Bewegungen geworden. Max, sein skeptischer
Sancho pansa hat ein abstoßendes, grelles
Lachen angenommen. Und erst die weiblichen
Wesen! Entweder zu unbedeutend oder zu ge¬
rauschvoll. Am besten ist noch das „Abschieds¬
souper gelungen, denn da gibt es Pointen und
ganze Töne, da kann eine Charakterkomikerin
wie Frau Forrai mit der sympathisch falschen
Stimme, mit dem Vorstadtbenehmen das freche
Luderchen vom Ballett unvergeßlich machen.
Auch der „Hochzeitsmorgen mit seinem kom¬
schen Lärm hat eingeschlagen. Wem aber der
liebe, kleine Katechismus von den kleinen Ge¬
fühlen, an denen wir alle kränkeln, als Buch
beschaulicher Stunden ans Herz gewachsen war,
vie auch in Budapest so vielen jungen Frauen
und jungen Männern), der tat und tut am
besten, dieser übrigens publikums erfolgreichen
Aufführung fern zu bleiben. Die ansonsten auf
der Höhe ihrer Aufgabe stehende Regie wollte
dekorativ des Guten zu viel geben und richtete
Anatols Zimmer als Kitschwohnraum aus Berlin-
Westen ein, alles funkelnagelnen, letzte Wert¬
heimeleganz. Selbst das könnte noch verziehen
werden. Nicht aber, was der Darsteller des
Anatol — ich nenne Herrn Alexander Gott nur
ungern, denn sonst ist er ein Schauspieler von
bei den „Weihnachtseinkäufen sich
Takt
leistet. Die Winterstimmung des Bildes ist an¬
heimelnd gut, dicht fällt der Schnee, und die
Gabriele in Budapest ist schön und elegant.
Herr Goth hält es aber für notwendig, während
des lieblichlebhaften Gespräches halb und halb
auf Trottoir und Fahrweg, einen Fuß oben,
einen unten, zu hopen, der jungen Frau Maroni
zu kaufen und zuende, als sie fort ist und er
mit einem sordinierten „Gnädige Frau —
stehen zu bleiben hat, einer vorbeikommenden
Midinette nachzusteigen. Unser lieber Anatol,
der Freund beschaulicher Stunden, wäre zu dieser
Gemütsroheit nicht fähig, denn draußen in der
Vorstadt erwartet ihn sehnsüchtig das süße
Mädel im kleinen Zimmer. Anatol in Budapest
(Ungarisches Theater, Isabellaplatz) braucht einen
wirksamen Szenenschlußeffekt, und er nimmt
sich heraus, was er braucht.
Eugen Mohágs.