II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 525

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4.9. Anatol - Zyklus
sen daher noch keine Kon¬
bungen geführt worden.

Theater= und Kunstnachrichten.
E ET INTERNATIONAL
(Artur Schnitzlers „Anatole" in London.) Aus
LA PRESSE S. A.
London wird gemeldet: Die gestern abend im Theater of
Art erfolgte Aufführung von Schnitzlers „Anatole hatte
du Rhône — Genève
einen großen Erfolg. Das vollbesetzte Haus nahm das Werk
Coupures-Genève — Tél. Stand 40.05
Adr.
mit lautem Beifall auf. Man hofft, in wenigen Wochen „Pro¬
fessor Bernhardi geben zu können, dessen Aufführung
Bureau International de coupures de journau¬
infolge Erkrankung einiger Mitglieder verschoben werden
Traductions de et en toutes langues
mußte.
Correspondants dans toutes les grandes villes
Extrait du Journal:
LES ACARICATEN, Das
Adresse:
MAR 1998
Date:

Arthur Schnitzlers Name erschien seit Jahren
nicht mehr im Repertoire des Zürcher Schauspielhauses.
Zürcher Schauspielhaus.
Daß man ihn vermißte, bewies das volle Haus, das sich
. Lange hat mich kein Theaterstück so tief innerlie¬
zur Première von vier Szenen aus dem „Anatol¬
gepackt wie des Tschechen Frantiset Langer Schauspie¬
einfand. Man ging mit hen Erwartungen ins Theater
Peripherie. Nicht angenehm un rhalten und und wurde leidenen großen Teil enttäuscht. Die
zerstreut, nicht verstandes mäßig angeregt ut interessiert
„Frage an das ging völlig eindrucklos vor¬
ergriffenen Herzens verläßt man das Theater. Da¬
über. Wundervoll spielten dann aber Maria Karsten
Milieu; die Peripherie der Großstadt, jene dumpfe und
und Theo Shall „Weihnachtseinkäufe. Hier empfand
drückende Atmospere, aus der es kein Entrinnen und man unmittelbar den holden Zauber, der über diesem
kein Empor gibt. Im Nebenzimmer hämmert Tag un
Jugendwerk Schnitzlers liegt. Mit Abschiedssouper und
Nacht der Schuster: so hämmert das Schicksal auf diese Anatols „Hochzeitsmorgen wurden lebhafte Heiterkeits¬
unglücklichen Menschen ein, erbarmungslos. In diese erfolge erzielt. Das ist etwas; aber für Schnitzler ent¬
Welt kehrt der Franzi zurück, nachdem er ein Jahr ge¬
schieden zu wenig. Wiener Weisen, als Ouverture und
sessen. In seinem frühern Zimmer findet er die Anna
in den Zwischenakten dargeboten, waren mit Geräusch,
die sein Mädel wird. Die Not zwingt sie, auf die Stra߬
verbunden.
zu gehen. Eines nachts bring sie einen ältern Herrn
Bernard Shaw liebt es, mit dem Fleuret nach der
heim, den der Franzi in blinder Wut erschreckt. Er kann
sogenannten guten englischen Gesellschaft zu stechen
die Polizei hinters Licht führen, so daß er für die Auf¬
Frederik Lonsdale haut gleich mit dem Dreschflege
findung der Leiche des Erschlagenen gar eine Belohnung
auf sie ein. In seinem Lustspiel „Mrs. Cheneys
erhält. Franzi und Anna können sich nun schöne Klei¬
Ende kommen all die Lords samt ihrem weiblichen
der kaufen und als Tänzerpaar auftreten. Aber den
Anhang derart ins Halstuch, daß die Sympathie des Zu¬
Franzi verfolgt seine Mordtat, im Kino, überall. Er
schauers sich im Fluge der brillanten ausenden Mrs
muß sich durch ein Geständnis Befreiung schaffen. Er
Cheney und ihrem in Oxford erzogenen Manager zu¬
stellt sich der Polizei, die aber seinen Worten keiner
wendet. Und wenn schließlich Mrs. Cheney als Ladt
Glauben schenkt. Da läßt er sich aburteilen von einer
Arthur Dilling endet", so frägt man sich, wer eigent¬
Nichter, dem sich die Sinne verwirrten, weil er beim
lich die gute Partie macht. Inwieweit diese Zeichnung
Rechtsprechen so viel Unrecht tun mußte. Und Franz
findet seine innere Ruhe wieder. In 13 Bildern von der vornehmen englischen Gesellschaft verzeichnet ist
diese erschütternde Passion ab. Das Milieu und die braucht uns nicht zu interessieren. Tatsache ist, das
dieses Durcheinander von Menschen, deren innerer Wer¬
Menschen der Vorstadt sind vom Dichter mit gleichen
Meisterschaft gezeichnet. Unvergeßlich etwa die nächtliche und äußerer Schein so sehr disharmonieren, zu gan¬
lustigen Situationen führt. In die gegenwärtige Hoch¬
Szene im Park, da Franzi zum erstenmal den Richter
konjunktur des Kriminalstückes paßt es überdies, daß
trifft; oder die Szene vor dem Polizeikommissär, da
Franzi durch ein Geständnis sein Gewissen erleichtern auch hier wieder die Blendlaterne in Funktion tritt
will, wo ihm aber an Hand des Protokolls klipp und Lonsdales Lustspiel ist nicht das, was man einen Schla¬
klar nachgewiesen wird, daß seine Ausführungen nicht ger nennt; aber man unterhält sich einen Abend lang
stimmen können. Regisseur Herbert Waniek schuf eine bei ihm ganz gut, vorausgesetzt allerdings, daß zwei se
Aufführung, die hönsten Lobes würdig war; im Bühnen= usgezeichnete Kräfte wie Traude Carlsen und Theo
Shall die beiden Hauptrollen spielen. Die Gesellschafts¬
bildner Maxim Frey stand ihm ein ausgezeichnete
szenen litten unter der Unzulänglichkeit einiger Damen
Helfer zur Seite. Theo Shall, der Vielgewandte, spielt
den Franzi mit der gleichen unfehlbaren Sicherheit wie in Ensemble.
er sonst seine Salonlöwen auf die Bühne zu stellen
Louis Verneuils Lustspiel „Kopf oder
pflegt. Mathilde Danegger liegt das Mädchen aus dem Schrift“, das sich mit bemerkenswerter Grazie in ge¬
Volk besser als die Bartänzerin. Aus dem übrigen wagten Bezirken bewegt, bot Sascha Races Gelegenheit
Ensemble seien hervorgehoben Hans Pawlow als Richter zu einer glänzenden schauspielerischen Leistung. Die
und speziell der Polizeikommissär von Theodor Fischer, Rolle der mit der deutschen Sprache auf Kriegsfuß
der bei jedem Auftreten den Eindruck eines hervorragen
stehenden rumänischen Studentin hatte extra für sie ge¬
den Künstlers hinterläßt. Der Erfolg beim Publikum
schrieben werden können; so sehr ist sie ihrer Begabung
entsprach dem Werte des Stücke¬
konform,