III, Einakter 10, (Marionetten. Drei Einakter), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 3

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Telephon 12801.
Alex. Weigls Unternehmen für Zeitungs-Ausschhitto
„OBSERVER“
L. österr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-Tork,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt Alsrarisches Centralblatt, Leipzig
vom:
Pen Winer Wostlaligteisvorstelung halten wir es zu dauten¬
daß wir Arthur Schnitzlers Studie „Der Puppenspieler“
erstmalig zu fehen beramen. Eine im wahrsten Sinne des
Wortes feine Arbeit, voll jener geschmeidigen Ironie, die
wir bei Schnitzler niemals zu bewundern müde werden.
Georg Merklin hat sich ein Idealreich gegründet und lebt
darin glücklich und zufrieden. Er hat mit den gewöhnlichen
Menschenkindern nichts gemein. Er liebt es mit den Menschen
geradeso zu spielen, wie mit dem Leben und den Puppen.
Und da er so neben dem Leben geht, wird er ein glänzender
Beobachter und stiftet manches Glück. Das Leben narrt er
soviel als er nur vermag. „Dem wahren Künstler kann nie
etwas einfallen, denn er hat alles in sich, er hat die innere
Fülle. Das ist es, darauf kommt es an.“ Und so kommt
es, daß dieser Weltironiker Merklin (er hat in seiner Jugend
gedichtet) seine Stücke wohl durchlebt, aber niemals nieder¬
schreibt. Einmal sagt er „Ruhm? Zehn Jahre, tausend
Jahre, zehntausend? sag mir, in welchem Jahre die Unsterb¬
lichkeit anfängt und ich will um meinen Ruhm besorgt sein.
Reichtum? Zehn Gulden, tausend, eine Million? Sag' mir,
um wieviel die Welt zu kaufen ist, und ich will mich um
Reichtum bemühen. Vorläufig ist mir der Unterschied zwischen
Armut und Reichtum, zwischen Dunkelheit und Ruhm zu
gering, als daß es sich mir lohnte, einen Finger darum zu
rühren. Laß mich spazieren gehen, Freund, und mit Menschen
spielen. Das ist das einzige, was eines Menschen meiner
Art würdig ist.“ Diese espritvolle Ironie geht durch das
ganze Werk. Als Dichtung ist diese Studie gewiß keine
hochbedeutsame Arbeit, aber sie zeigt uns den vornehmen
und eleganten Filigrankünstler Schnitzler auf seiner Höhe.
Bühnenwirkung hat dies Stück auch nicht sonderlich, aber
es packt an einzelnen Stellen mit unbezwinglicher Ge¬
walt. Die Aufnahme war eine überaus freundliche und
vielleicht gibt dieser Erfolg dem einen oder dem anderen
Theaterdirektor Wiens einigen Ansporn, das Stück in seinen
Spielplan aufzunehmen.
Rudolf Huppert.
Telephon 12801.
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Alen. Weigls Unternehmen für Zeitungs-Ausschniito
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Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
u
Ausschhif
vom:
S
Wiener Peief.
(Originalbericht der „Jernationalen Kunst= und Theaterzeitung“.)
Ein „Arthur Schuitzler=Abend“, wie er am 12. Dezember im
Larl=Theater veranstaltetet wurde, gehört immer zu den bedeutendsten
Saisonereignissen des geistigen und literarischen Wien. Und dies um¬
somehr, wenn man weiß, wie selten dieser größte moderne Dramatiker
Oesterreichs in seiner Vaterstadt überhaupt zu Worte gelangt. Daher
ist es nicht hoch genug anzuschlagen, daß sich ein Ensemble namhafter
Schauspieler zusammengefunden hat, mit der löhlichen Absicht, drei
von den geistvollsten Stücken des Dichters in einer fein abgetönten
Darstellung dem Wiener Publikum vorzuführen. Man gab drei
kleine Einakter „Die letzten Masken“ und „Literatur“ — beide schon
durch Berliner Gastspiele hier flüchtig bekannt gemacht — ferner eine
Premiere: die feine psychologische Komödie „Der Puppenspieler“. Es
ist ein eigenes Verhängnis, das die Stücke Schnitzlers von den
Bühnen Wiens fernhält. Während sie für das Burgtheater, von
einigen farbloseren abgesehen, zu wenig dezent sind, sind sie für das
Volkstheater zu subtil und daher zu wenig kassenkräftig, so daß
nur noch das Theater in der Josefstadt in Betracht kommt, das an
seinen literorischen Abenden“ einige seiner kleinen Einakter aufgeführt
hat. Auch der zur erstmaligen Bühnendarstellung gebrachte Einakter
„Der Puppenspieler“ ist seiner Entstehung nach nicht mehr neuesten
Datums, da er schon vor nun 2 Jahren, — wenn ich mich nicht
irre, war es in der Pfingst=Nummer der „Neuen freien Presse“.
zum ersten Mal abgedruckt worden ist.
Georg Merklin ist ein
phantasiebegabter, junger Künster gewesen, der es in der Welt vielleicht
weit gebracht haben würde, hätte er es gelernt, sich ruhig an den
Schreibpult u setzen und zu schaffen. Da er soweit niemals ge¬
kommen, mehr sich damit begnügte, zu seiner eigenen Lust, gleich
einem Puppenspieler, an unsichtbaren Fäden das Schicksal anderer zu
leiten, so war er allmählich herabgekommen, arm und hilflos geworden.
In diesem Zustande hatte ihn auf der Straße ein alter Freund, der
Hautboist Jagitsch getroffen, der den sich Sträubenden endlich bewogen,
ihm in sein Haus zu folgen. Jagiisch hatte vor 11 Jahren in Ge¬
sellschaft seines Freundes Merklin einen unvergeßlichen, beglückenden
Abend verlebt, dem er sein Lebensglück verdankt. Merklin, der es
liebte, anderer Schicksale zu bestimmen, hatte nämlich damals an die
Seite des jungen und schüchternen Musikers die schöne Anna, eine
Freundin seiner Freundin Irene, gesetzt und sie beauftragt, mit ihrem
Nachbar verliebt zu tun. Das Mädchen war dem Wunsche des
Dichters — in den sie verliebt gewesen — auch nachgekommen, in
der geheimem Absicht aber, dessen Eifersucht zu erregen. — Während
sich die wiedergefundenen Freunde jenen Abend noch einmal vor
Augen rufen, tritt plötzlich Jagitschs Frau ein, und Merklin erkennt
dieselbe Anna, die er dereinst zum Gankelspiel mit seinem Freunde
beredet. Wieder freut er sich für einen Augenblick seines gelungenen
Puppenspieles, hat er doch beider Schicksale gestaltet, und seiner Laune
verdankt auch das blonde Töchterchen, der Augapfel seiner Eltern, das
Dasein. Und diese Frau, sie hatte ihn einst geliebt, und erst als sie
gesehen, daß er ihre Liebe nicht erwiderte, da hatte sie den anderen
genommen. Aber ach, derweil hatte sein Weib, das er sich genommen,
ihn verlassen, und sein eigenes Kind war gestorben. Da duldete es
den Unglücklichen nicht länger in dieser friedlichen Behausung, er weist
Herzlichkeit und Gastfreundschaft von sich und flüchtet hinaus als
Für die Gestalt des verlorenen
Bettler auf die ungastliche Straße.
Dichters fand Josef Jarno ergreifende Töne, Herr Claar spielte den
Zaglisch, Frida Wagen Frau Anna. — „Die letzten Masken“ erzielten
durch das flotte Spiel der Herren Heine. Treßler, Erich Schmidt
vom Burgtheater gleichfalls einen recht schönen Erfolg. Am stärksten
wirkte jedoch die satirische Komödie „Literatur“ mitf Leinen originellen
Typen und den scharfen und zutreffenden Peinnn