III, Einakter 2, (Anatol), Weihnachts-Einkäufe, Seite 1

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2. Neihnachtseinkaenfe
Telephon 12801.
„OBSERVER‘
1 österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeilungs-Ausschnltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen.
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom.
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewühr.)
Ausschnitt aus: #eeigel Tagstall, Aussig WE.
vom:
— S HUTEHBERIGOE
#* Vorlesung Arthur Schustzler in Teplitz¬
Schönan. Ueber Einmu des Teplitz¬
Schönauer Leseklubs las Arthur Schnitzler
vor einem Publikum, das den Vereinshaus¬
saal bis auf das letzte Plätzchen füllte, eigene
Werke vor.
Seine vornehme, ruhige Art zu sprechen,
welche aber nicht hinderte dort, wo es am
Platze war, warme, zu Herzen gehende Akzente
zu finden, gewann dem Dichter bald die
Sympathien der Zuhörer und stellte den zur
Erzielung einer nachhaltenden Wirkung not¬
wendigen Kontakt zwischen Beiden rasch her.
Der Dialog „Weihnachtseinkäufe“ aus
dem Zyklus Anatol ist eine fein pointierte,
von geistreichen Einfällen und Wortspielen
durchsetzte Studie, mit welcher der Dichter
wohl selbst nicht sein Bestes gegeben zu haben
glaubt.
Den Höhepunkt des Abends bildete die
Vorlesung des Einakters „Die letzten Masken“.
In ergreifender, packender Weise schildert
Schnitzler einen an der Welt und wohl auch
an sich selbst zugrundegegangenen Dichter, der
im Elend seine Sterbestunde erwartet; er
läßt den Freund aus der Jugendzeit, der
mittlerweile ein berühmter Dichter geworden
ist, zu sich holen, um ihn zu sagen, daß er
der Zurückgesetzte — von ihnen Beiden
der reichere gewesen, indem des Anderen —
des Berühmten — Gattin von dessen geisti¬
ger Oede zu dem armen verkannten Freunde
sich flüchtete. Dem Sterbenden treten die
„Lebendigen Stunden“ seines verpfuschten
Lebens vor die erlöschenden Augen. Und wie
nun der große, berühmte Dichter kommt und
der Sterbende, der ihn mit einem Worte zu
Boden schmettern könnte, schweigt, weil er die
Nichtigkeit alles Seienden erkennt und Neid
und Haß in nichts zusammensinken vor dem
großen Unbekannten, das muß man gelesen
und wenn man es voll, in ganzer Größe auf
sich wirken lassen will, von Schnitzler selbst
gehört haben.
Ich glaube, daß dieses Werk ein bleiben¬
der Gewinn für unsere Literatur sein wird.
Zum Schlusse brachte uns Schnitzler die
Humoreske Exzentrik“ welche die Zuhörer
durch geistreiche, witzige Führung des Dialo¬
ges unterhielt.

Diese Vorlesung regte wohl wieder ein:
mal die Frage an: Bietet uns ein Werk
mehr, wenn wir es selbst lesen, oder, wenn
es uns vorgelesen wird?
Ich glaube: Es kommt auf das Werk
und auf den Vorleser an. Die letzten Masken
werden sich wohl viele noch einmal vor¬
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