III, Einakter 1, (Anatol), Die Frage an das Schicksal, Seite 2

K
1. Die Frage an das Schicaal
Zeitung: Deutsche Tageszeitung
(Morgen-Ausgabe)
Adresse: Berlin
Datum:
Schnitzler=Abend.
[Theater in der Königgrätzer Straße.)
Es ist wahrlich kein Vergnügen, an einem schwülen Mai¬
abend im Theater zu sitzen und noch schwülere Schnitzlersche
Einakter über sich ergehen zu lassen. Anatol ist gewiß ein
Typ, der vor Jahren interessierte; aber heute kennt man ja
schon ganze Generationen von Nachfolgern dieses sansten, sich
durch die (Frauen=) Welt schmarotzenden Wieners, so daß er
selber — als Urtyp— nicht farbiger, plastischer, wirklicher er¬
scheint als all die andern, die von betriebsamen Komödien¬
schreibern nach seinem Muster geschnitzt sind. „Die Frage
an das Schicksal“ schläserte beinahe ein, obgleich
Eugen Burg den ängstlichen Anatol noch genießbar
machte und Alexander Eiert als Freund Max vor
Biederkeit strahlte. Maria Orska fiel in diesem Akl
eigentlich weniger durch ihr Spiel als ihr Kostüm auf: die
gewaltigen, dreiteiligen Hamstertaschen an den Hüften wirk¬
ten durchaus zeitgemäß. Noch schwächer erschien der Akt
„Denksteine“ in dem Irene Trieschs großes
Können fast versandete. Unterhaltsam war dafür das flott
„Abschiedssouper“.
Hier benahm sich Maria Orske
als rabiate Ballettratte stilecht: sie plätscherte in dem Ele¬
ment, das ihrem Wesen adäquat zu sein scheint. Auch der
letzte Einakter „Literatur“ interessierte, weil er flott und
sicher gespielt wurde. Irene Triesch, die schon viel
sympathischer aussah als in „Denksteine“ gab die dichtende
Margarethe sprühend und lebhaft, während Eugen Burg den
blonden Clemens waschechte Wiener Züge verlieh. Alexandet
Ekert hatte aus dem Bohsmedichter Gilbert eine stark ver
gröberte Hartlebentype gemacht. Das Publikum nahm die
Sächelchen ziemlich gemessen auf, nur beim „Abschiedssouper“
gab's einmal starken Beifall.
H. K.
—Unch.
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Schnitzier=Abend.
(Theaterin Der Köningrüser She.)
Es ist wahrlich kein Vergnügen, an einem schwülen Mai¬
abend im Theater zu sitzen und noch schwülere Schnitzlersche
Einakter über sich ergehen zu lassen. Anatol ist gewiß ein
Typ, der vor Jahren interessierte; aber heute kennt man ja
schon ganze Generationen von Nachfolgern dieses sanften, sich
durch die (Frauen=) Welt schmarotzenden Wieners, so daß er
selber — als Urtyp— nicht farbiger, plastischer, wirklicher er¬
scheint als all die andern, die von betriebsamen Komödien¬
schreibern nach seinem Muster geschnitzt sind. „Die Frage
an das Schicksal" schläferte beinahe ein, obgleich
Eugen Burg den ängstlichen Anatol noch genießbar
machte und Alexander Ekert als Freund Max vor
Biederkeit strahlte. Maria Orska fiel in diesem Akt
eigentlich weniger durch ihr Spiel als ihr Kostüm auf: die
gewaltigen, dreiteiligen Hamstertaschen an den Hüften wirk¬
ten durchaus zeitgemäß. Noch schwächer erschien der Akt
„Denksteine“, in dem Irene Trieschs großes
Können fast versandete. Unterhaltsam war dafür das flotte

„Abschiedssouper“. Hier benahm sich Maria Orska
als rabiate Ballettratte stilecht: sie plätscherte in dem Ele¬
ment, das ihrem Wesen adäquat zu sein scheint. Auch der
letzte Einakter „LiteraturLinteressierte, weiler flott und—
sicher gespielt wurde. Irene Triesch, die schon viel
sympathischer aussah als in „Denksteine“ gab die dichtende
Margarethe sprühend und lebhaft, während Eugen Burg dem
blonden Clemens waschechte Wiener Züge verlieh. Alexandet
Ekert hatte aus dem Bohemedichter Gilbert eine stark ver¬
gröberte Hartlebentype gemacht. Das Publikum nahm die
Sächelchen ziemlich gemessen auf, nur beim „Abschiedssoupery
gab's einmal starken Beifall.
H. K.

box 34/5
Ausscamitt Sue
Berliner Morgenpost, Berlin
3
vom:

Arthur Schnitzler-Abend.
im Theater in der Königgrätzer Straße.
„Anatol!“ „Schier dreißig Jahre bist du alt“ —
und
zähltest, als du zur Welt kamst, höchstens fünfundzwanzig! Ein
Menschenalter ging über dich dahin! Du hättest es vielleicht lächelnd
ertragen, wären nicht die Zeiten zu böserletzt so andere geworden.
Aber jetzt in diesen Stürmen des Weltkrieges diese tändelnden Ge¬
nießerblüten vom Wiener Anatol uns vorzusetzen — es war wirk¬
lich kein glücklicher Einfall, meine Herren Direktoren Meinhard
und Bernauer!
Man will und wag ja gegen Arthur Schnitzler nichts sagen.
Er hat uns auch gestern manchmal mit Geist und Grazie erfreut,
hat uns verschmitzt mit Doppelsinnigkeiten geneckt und uns als gute
Freunde zuletzt wieder bchalten. Wir grüßen Dich, halkyonischer
Arthur Das bißchen Mehltau auf Deinen Haaren soll uns nicht
gar zu sehr beteüben — wir alle zahlen den Zoll des Irdischen.
Nurhütte man's nicht just jetzt uns in Erinnerung bringen sollen ...
Und auch die Künstler, die „Anatol“ und „Max“ diese mit
Liebeserjahrenheit kolettierenden, in bunten Glitzerweisheiten sich
bespiegelnden Lebejünglinge, vorzutäuschen hatten, waren beleibte
Herren gesetzten Alters — weil sie einmal jung gewesen! Vor
zwanzig Jahren wohl hätte man die Herren Burg und Eckert
in diesen Rollen seher mögen. Jetzt boten sie bloß noch, wenn
auch stattliche, heangerestes. Dann mimten die Damen Orska
und Triesch dazwischen, sollten nichtsnutzige, verlicbte, und
immer noch liebenswerte Wiener Mädel sein. Es gelang
ihnen nur sehr zum Teil. Die Triesch ist eigentlich auch
schon darüber hinaus. Und die Orska vermag sich nicht loszulösen
vom Ewig=Luluhaften. Was sie im „Abschiedssouper“ bot, war
ja gewiß roffiniert und springlebendig. nur in einer falschen Re¬
gisterlage. Man durfte nicht daran denken, welche Vollsechtheit
und blutvolle Naivität die Niese einst in dieser Rolle zu zeigen
weßte — nun aucheschon vor achtzehn Jahren!
Fen drei „Anatol“=Schnörlelcien folgte. aus einer anderen
Schultler= Periode, ein vorsichtig frappierter und ausgekühlter
Sekt, das witzreiche Lustspiel „Literatur". Man sah es oft
und hat sich immer wieder gut darin untethalt u. obwohl alles
ein wenig überspint und irenisch ausgeklügelt erscheint.
waren #n *
urg und Sckert besser am
besonders letzterer ichui aus eiem viertülnshen, ##