IV, Gedichte und Sprüche 3, Buch der Sprüche und Bedenken, Seite 3

Buch der Snrneche und Bedenken box 35/3
Seite 31
25. Dezember 1924
Neue Freie Presse.
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Es ist immer noch besser, wenn sich zwei Menschen über
eine Stirn so mächtig ballt, als könnte in jedem Augenblick
(Nachbruck verbolen.)
den tiefen Abgrund ewiger Fremdheit hin kühl die Hände
ein flammender Blitz von Wirklichkeit daraus nieder¬
reichen, als wenn sie einander über den trügerischen Wirbeln
fahren, um zu leuchten oder um zu vernichten.
des Verstehens gerührt in die Arme sinken.
gen.
he und Bedenken.
Was das Leben so mühevoll und oft so hoffnungslos
In jeder wirklich guten Anekdote steckt der Keim zu
ht erschienen.)
macht, das ist nicht einmal die Existenz des Unsinns und der
einem Mythos, jede dichterische Allegorie nimmt die Richtung
das
Lüge in all ihren Formen und Graden;
hnitzler.
nach einem Symbol zu.
Schlimmere ist, daß wir immer wieder genötigt, ja
manchmal sogar geneigt sind, uns mit dem Unsinn
Menschen haftet meist
auseinanderzusetzen, als wenn ihm ein Sinn zu eigen — und
etwas Schrullenhaftes,
Wir sind in jedem Falle verdammt, unsere Neben¬
mit der Lüge zu paktieren, als wenn sie guten Glaubens oder
s an, so daß man sich
menschen auszunützen; nicht nur aus sogenannten egoisti¬
gar die Wahrheit selber wäre.
berzen doch nicht erfreuen
schen Gründen, sondern in einem tieferen Sinne: zur Er¬
nicht nur fade schmeckt,
füllung unseres durch unsere Anlagen bedingten Schicksals.
hal den Durst zu stillen
Die Menschen, die wir zu diesem Zweck nicht
So mancher glaubt, immer noch einem verlorenen
Sinne verunreinigender
brauchen können, entfernen wir unwillkürlich aus unserer
Glücke nachzuweinen, und es ist längst nur mehr der abge¬
überhaupt genießbar zu
Seele dem Reinen etwas Nähe, und mit unbewußtem Scharfblick wählen wir aus der
schiedene Schmerz darum, dem seine Tränen fließen.
Menge der uns Begegnenden eben diejenigen aus, die
ein irdisches, wenn nicht
ihrem Wesen nach dazu geschaffen sind, uns das
Tugend aller Tugenden:
unsere entdecken und entfalten und so unser Schicksal
Im Herzen jedes Aphorisma, so neu oder gar paradox
lich von Lüge beigemischt
erfüllen zu lassen.
es sich gebärden möge, schlägt eine uralte Wahrheit.
icht nur zu ideeller Ent¬
er Wirkung in die Welt
Daß wir enttänschen, das mag uns oft genug
Parabel vom Schmied.
ohne eigene Schuld begegnen; — es genügt dazu, daß
Menschen, die uns überschätzt oder auch nur nach Verdienst
ihnen auch Gegensätze
(Aus einem Zyklus „Das Dorf“.)
gewürdigt haben, sich von uns fort oder über uns hinaus
unausgleichbar scheinen —
entwickeln, oder daß sie sich das auch nur einbilden. Be¬
Von Anton Wildgans.
1 durch die Unendlichkeit
stätigen aber müssen wir uns immer wieder aufs neue,
sie dürfen noch so
mit jedem Tag — aus eig’ner Mühe und Kraft.
Heute gab mir der Schmied am Ende des Dorfes zu denken;
sind doch immer Ehren¬
Eben kam ich des Wegs, als einen Hengst er beschlug.
nen ausgetragen werden
Fichtenstämme, gewaltige, hatte der Wagen geladen,
hätte sich selbst eine oder
Die Eigenschaften unserer Nebenmenschen wie unsere
Der vor der Schmiede hielt, fest durch ein Steinstück
gesetzt — stehen einander,
eigenen sind uns immer nur ihrer qualitativen Bedeutung
gebremst.
nur Worte ins Gesicht
nach offenbar; und es ist kaum vorherzusehen, bis zu welchem
Im gelockerten Riemzeug standen die wuchtigen Braunen.
Faust in der Tasche, als
Grad irgendeine Eigenschaft unter bestimmten Umständen
Aber Mähne und Schweif hatten sie falber als Korn.
sich zu entwickeln vermag. Wenn sich uns also das
Warfen die Häupter klirrend im messingfunkelnden Kummet.
Bild eines Wesens durch solche unvorhergesehene Weiter¬
Peitschten die Fliegen von sich, scharrten und stampften den
entwicklung einer Eigenschaft zu verändern, sich manchmal
Grund.
aher auch die absolute
geradezu in sein Widerspiel zu verwandeln scheint, dürften
e Idee bleiben; zwischen
Doch da nahte der Meister mit Eisen und Werkzeug, der
wir nicht von Enttäuschungen, sondern müßten eher
Fuhrmann
ß und Liebe, ja zwischen
von Bestätigungen reden; und es tut nichts zur
ische Linie, unserem Auge
Hob nun dem Hengste das Bein, legte den Huf sich aufs —
Sache, daß solche Bestätigungen, die unserer Menschen¬
n aber vermag auch der
Knie.
kenntnis doch nur schmeicheln sollten, uns viel schmerzlicher
s zu wandeln, daß er nicht
Mit dem Messer zuerst gereinigt, geschnitten, geebnet
berühren, als es die eigentlichen Enttäuschungen zu tun
und, wie die menschliche
Ward das mächtige Horn, knirschend flog weißlicher Spahn.
meist nach der übleren
Jetzt mit der Zange ergriff der Meister das glühende Eisen,
pflegen.
kommt es, daß menschliche
Preßte dem Hufe es an, rauchend zischte es auf.
cht sich öfter für strenges
Doch da entriß sich der Hengst mit gewaltigem Rucke, beinahe
Politische Ueberzeugung —? Das ist oft nichts anderes
ks, daß sie geneigter ist, zu
Wären Fuhrmann und Schmied unter die Räder gestürzt.
als die bequeme Larve, hinter der ein Lump seine widerliche
daß das Renegatentum
Aber sie duldeten nicht die Laune des störrischen Tieres
Fratze verstecken möchte, um — unter dem Schutz der Masken¬
enverfassung vorstellt als
Und mit mutiger Kraft ward es bald wieder bezähmt.
freiheit — auf dem politischen Faschingsrummel, den wir !
Klingend traf nun der Hammer die Nägel, es stoben die
am Aschermittwoch Weltgeschichte zu nennen lieben, un¬
Funken
gestraft oder gar bejubelt sein feiges Unwesen zu treiben.
Und das Eisen saß fest und das Werk war getan.
ns wirkt, das ist gleichsam
ichkeiten, das sich um
dingungen geknüpft, aber es gehört zu deren Natur, daß sie
ablegt, tritt die Leidenschaft hervor, wie sie im Leben dieses
nicht an den Tag gelegt, ja kaum angedeutet werden,
Mannes, aus dem von ihm geliebten Mädchen hervorbrechend,
rasende unbedinate Liebes= sondern nur durch ihre Erfüllung zur Erkennbarkeit gelangen.
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