IV, Gedichte und Sprüche 3, Buch der Sprüche und Bedenken, Seite 54

Büchern, wenn schon nicht mit der Fahizkolt.
ien Für¬
so doch mindestens mit der Absicht legitimieren,
hrönik
von dieser Zeit, die sie hinter sich (dem Loser)
cb von
lassen, auch was mitzunehmen. Für den Leser.
ien sein
Die gewiß noch näher liegende Fordorung, daß
ir alten
igiesen
die Scbriftsteller von der Zeit mitgenom¬
be Ge¬
men wären, unterdrückt sich dem Besprécher
alische
von selbst, weil ja diese Forderung dech nur
r Selb¬
einen Schrei nach dem modernen Dichter mar¬
om An
kiert, nach dem Glücksfall also. So ein Glücks¬
Ein¬
fall ist, beispielsweise, Joseph Roihs: „Flucht
t Over¬
ohne Ende, ein Bericht, der durchaus keine
einen
Flucht aus der Zeit gibt, sondern einen klaren
an und
Vorsprung macht in die Richtung, die von der
erüber¬
11
Zeit selbst einzuschlagen wäre. Nun ist es zwar
der flüehtigen Schriftsteller eigene Sache, ob
Giu¬
sie diesem Aufgebot folgen wollen oder nicht,
Zildern¬
und die Frage: Wo flüchtest du hin? vielleicht
Geh.
*
eine vermeidliche. Aber unerläßlich wird die
Frage: Wo flüchtest du her? Und da erweist
Jeutsch¬
es sich leider, daß wir meistens schon mit den
unt ge¬
Ausgangsstationen solcher Fluchtversuche längst
auen
keine Verbindung mehr haben wollen.
Hoch¬
leben¬
nbilder,
„Das göttliche Gesicht“ beißt ein
aftlich,
Roman von Bruno Götz (Wien. F. S. Spei¬
en Do¬
delsche Verlagsbuchhandlung. 214 Seiten. Geb.
1e For¬
=K 6). Der Verfasser, obwohl in Riga geboren
stinnen
und Uebersetzer von Tairoffs „Entfesseltem
In zwei
Theater“ schildert in seinem Buch die Aben¬
8 um
teuer eines Jünglings, der sich aus der unseligen
Papst
bessere
Zeit der „Maschinenorgien“
11
1 Con¬
Sphäre der wesentlichen Innerlichkeit hinüber¬
dessen
nern
Obiekt der Schilderung bildet — man lese das Buch
wie¬
und wird nicht enttäuscht werden.
peria¬
seiner
Münzkunde und Geldgeschichte der
kräf¬
Einzelstaaten des Mittelalters u. d.
te. im
neueren Zeit. Von Dr. Ferdinand
n der
Friedensburg. Mit 230 Abbildungen auf
19 Tafeln. (Handbuch der mittleren u. neueren
Geschichte. Herausgegeben von † Georg r. Be¬
Friedrich Meinecke. Abt. IV).
München. R. Oldenbourg. VIII. 196 Seiten.
Geh. M 14.
# iat
Das Werk ist das Gegenstück der in demselben
1. ein¬
Handbuch efwa gleichzeitig in 2. Auflage erschie¬
talien
nenen „Allgemeinen Münzkunde und Geldgeschichte
nicht
von A. Luschin von Ebengreuth. deren Systematik
iltere
durch die historisch-chronologische Münzgeschichte
taats¬
der Einzelstaaten (vom Hyzantinischen Reich als
rsten
dom groben Vorbile an) ergänzt wird. Münz¬
2 für
geschichte steht, da das Werk ia zu einem Hand¬
achen,
buch für Historikor gehört, im Vordergrund und mit
bleibt
Recht. Das Buch des, bekannten Numismatikers er¬
einer
füllt seinen Zweck treitlich. Ein Desiderat: statt
jüng¬
vorwiegend die erhaltenen Münzen zu untersuchen,
sollte man auch die Verbreitung der einzelnen Münz¬
Aehn¬
arten aus dem urkundlichen Material des Historikers
zusammenstellon. Kein Geringerer als der uns im
und.
Jahre 1926 entriscene Harry Bresslau hatte
gar¬
eine dorartige Münzgeschichte des mittelalterlichen
abe
Italien- aus den Urkunden im Manuskript vollendet;
doch ging es bei seiner Vertreibung aus Straßburg
nten
verloren. Wer nimmt die Arbeit auf?
aus
uns
The medieval village. By G. G. Coul¬
1910
ton. Combridge. Universitu Press. XXX. 603
sten
pages.
und
Coulton ist nicht eigentlich Historiker oder
25
Wirtschaftshistoriker, sondern Kirchenhistoriker;
mit
außer¬
seine erstaunlich umfassende Erndition erscheint
glän¬
etwas ungleichmäßig und ungeordnet. So ist es vor¬
zeihlich, daß manche methodologische oder kritische
hende
Bemerkung für deutsche Leser überllüssig ist. So ist
Man
Polemik gegen Joh. Janssen eine längst erledigte
sters“
Angelegenheit. Immerhin gibt das Buch, das sich
und
mehr an das gebildete Publikum wendet als an den
euen.
Gelehrten, eine Reihe von anschaulichen Bildern
Nerei
des bäuerlichen Lebens im Mittelalter, die stets im
tritt
Hinblick auf die sozialen Probleme der Gegenwart
r In¬
ausgewählt eind und sich zu einem Gesamtbild run¬
denen
den. Etwa geistliche Grundherrschaft, Bannrechte
eben
gutsherrliche Gerichtsbarkeit, patriarchalische Ge
walt, früheste Revolutionen des Bauernstandos, Frei
unte.
lassung, soziale Geltung des Bauernstandes. Häufig
auf
geht Coulion von den Durham Rolls aus, die eg
reiß
durch weither geholte Parallelen erläntert. Nur eine
chen
hätte ich grundsätzlich einzuwenden: die Generalig
von
sierung zu einem Mittelaltert egriff gibt nur scheing
die
bar ein detailliertes Bild jeger einzelnen Seite de
und
Oegenstandes. So etwas gibt es eben nicht. Wer
oder
hätte nicht die „Wesensschau“, sondern die Evolus
rgun¬
tion. Man will die Verschiedenheit in der sozialer
n. ob
und wirtschaftlichen Lage der einzelnen Gruppe
eine
be¬
der Hörigen, ihre Rechtsgrundlage. ihre Entwicklung
kennen lernen: doch in dem Wirrwarr der Jahr
enem
Kon-hunderte geht jeder Zusammenhang verloren. In
iner) einzelnen wäre viel zu berichtigen; freuen wir un
Vau- lieber des Buches, weil es uns statt, der beliebten
Ro- Theorie vom Mittelalter, wie es sein sollte, das
das 1 Mittelalter zeigt, wie es wirklich gelebt hat.
am Lagd Mazgnnemint ef in k##. biet zoian
in eine recht absonderliche Gesellschaft. Lanter
Zugereiste Da gibt es Anarchisten, Theosopben.
Journalisten, allerhand Reformer Schwindle¬
und Narren; eine russische Fürstin, die lauter
geniale Bilder malt, ein junges Mädchen, eine
Art heiliger Pippa, die zum Mondschein tanzt,
und einen verkomnmenen haltischen Baron, der
diese Gesellschalt zusammenhält. Tragisches.
alles
Gemeines. Wunderliches begibt sich
symbolisch vertieft — der junge Mann hat an
allem sein Teilchen gehabt, dann wandert er
weiter nach dem Süden und die alte Fürstin
wie Werfel sagt — „den Segen des
gibt ihm
Weas“: „Recht so. Weite dein I.
wenn's dicl auseinandersprengt, fürchte dich
nicht! Dann ist es Geburt und neue schönere
Gestalt.“ Also ist zu gewärtigen, daß der junge
Mann einen neuen Gedichtband wird erscheinen
lassen. Und das ist gar nicht recht so. Denn
nach den lyrischen Kostproben, die in dom Ro¬
man ausgiebig verstreut sind, wissen wir, daß
der begabte Jüngling sich doch wird fürchten
müssen. Vor einom Vergleich mit Else Lasker¬
Schüler, deren schwacher Epigone er leider ist¬
Wenn er uns einen Bericht über den Fasoismils
mitbringt, werden wir ihm besseren Dank wissen.
Das wäre noch neuere Geburt.
„Zurück aus Babylon“ nennt Sig¬
frid Siwertz seinen, von A. F. Cohn aus
dem Schwedischen übersetzten Roman (Lübeck,
Otto Quitzow. 307 Seiten. Geb. M 6.80). Die
„Zurück!“-weisende Hand, welche das Buch als
Titel trägt, ist resoluter als die formende des
Verlassers. Obwohl als Schwede berechtigt, das
Jahrzehnt nach dem Krieg mit einem Blick aus
Neutralien zu übersehen, behandelt Siwertz sein
Thema: der einzelne in der gespenstisch ge¬
wordenen europäischen Gesellschaft nicht viel
anders als etwa ein russischer Schriftsteller,
den seine private Skopsis vom revolutionären
Rußland weit westwärts abrücken ließ. Er
macht aus seiner Skepsis keine Not. Als
moderner Schriftsteller, der Siwertz vielleicht
sogar ungern ist, weiß er, was diese private
Skepsis heute noch abgeben kann: das Knurren
des zahnlosen Kettenhundes eines sentimentalen
Idealismus, dem Haltung wichtiger ist als
Situation. Dieses Wissen gibt dem Roman die
sympathische Atmosphäre einer Zeitflucht aus
guten Gründen: Zeitflucht als Schicksal. Leider
gibt der Roman auch eine Lösung. Sie ist von
gestern. Wenn der schwedische Ingenieur Linus
Treffenberg nach seinen schrecklichen Erleh¬
nissen in einer Typhusbaracke in Baku flüchtet
und mit Personal- und Wertpapieren seines in
jener Baracke zugrunde gegangenen Lande¬
mannes und Schiebers versorgt in Paris als
weltverlorener Träumer und erfolgreicher Bör¬
senspekulant ein phantastisches Doppelleben
fühlt: ein todtrauriger und doch exakter Schwim¬
mer in der Inflation aller bürgerlichen Werte
— so ist das alles gesehen, erlebt, erlitten und
gut erzählt. Wenn er aber, zum Schlusse in den
Armen seiner Jugendliebe, in der Heimat ein
stilles Glück sucht und im Winkel findef, be¬
gleitet ihn Siwertz doch zu unbedenklich auf
diesem Weg, der ein Weg ist von der Modernität
zur Banalität. Eine gut vorbereitete Enttäuschung,
die aber solange unvermeidlich bleiben wird, bis
die Sei riftsteller einsehen, daß es auf der Flucht
aus der Zeit nur eine Rettung gibt: die Rettung
in die Vorläufigkeit.
Soma Morgensiern.
EIN NEUER
SCHNITZLER-BAND.
Arthur Schnitzler, der in seinen Schau¬
spielen und Novellen eine Menge aphoristisch zuge¬
spitzter Nachdenklichkeiten verstreut hat, legt eine
Sammlung: „Buch der Sprüche und Be¬
denken (Wien, Phaidon-Verlag. 234 Seiton) vor.
Im Vorwort rechtfertigt er sie und sich mit großer
Bescheidenheit, er glaubt selber nicht an letzte
Formulierungen, er gibt zu, auch Selbstverständlich¬
keiten mit hineingenommen zu haben, es kam ihm
darauf an, den Meinungen entgegenzutreten, als seien
die Aussprüche seiner Theaterfiguren seine eigenen.
Schnitzler ist Skeptiker und, wie sollte es andere
sein, Pessimist, er hat lange und tief ins Leben hin¬
eingesehen, das Ergebnis seiner Weltanschauung,
nein, „Weltbetrachtung“, kristallisiert sich in dem
Motto „Von Fall zu Fall“. Da er von den meisten
Kritikern die Ansicht hat, sie wünschten den
Autoren etwas zu sagen, statt zu berichten, was die
Autoren ihnen sagen, so wollen wir nicht in diesen