VI, Allgemeine Besprechungen 1, 6, Josef Körner Spätwerk, Seite 16

1. Panphlets Offorints
hesen ja auch nicht vollständiger Bio¬
ber dann den Verzicht auf die Fülle
Summierung und Variierung des
es persönlich=sachlichen Substrats wett¬
dlungen nicht blaß und dürr bleiben,
konstruktion gar zu deutlich durch¬
wie in den beiden letzten Dramen
ioch nie um die Einheit und Ueber¬
Im „Einsamen Weg“, im „Weiten
edardus“ hat er doch immerhin ver¬
ing über das Gestrüpp der Neben¬
emporzuheben; in der „Komödie der
zum Weiher“ ist der Kampf um
ben Prätendenten der Handlung noch
dürfte seinen Grund darin haben,
sicke zu früh aus der Hand gab.
eitet nicht leicht und nicht leichtsinnig.
hat uns seine Arbeitsweise geschildert,
die beinahe pedantische Gewissen¬
pu fertige Werke immer wieder um¬
ich (was der Verfasser dieser Blätter
s eigenem Munde vernommen hat).
Ursprünge manches Werks von der
sind, wie während der Arbeit bis¬
Lustspiel und umgekehrt, ein Lust¬
en ist, wie nicht selten eine Schöpfung
en verkettet war
—, so z. B. machten
„Professor Bernhardi“ im ersten
fick aus. Was in diesem Falle noch
ist in Schnitzlers letzten Theater¬
blieben.
ineswegs so gemeint, als hätten in
hrung“ die Falkenir= und die Max¬
miteinander zu tun, stünden völlig
nur störend gegeneinander. So töricht
ein Künstler wie Arthur Schnitzler
greifen die beiden Handlungen so¬
hitzlers alten Probleinen und Gestalten wird
dennoch offenbar. Von dem Dichter, der —
in die unmittelbarste Nähe der Gottheit gestellt
(S. 31): „Keiner ist so sehr wie er Mensch
enblicks.“ Aber hatte nicht schon Herr von
) es ausgesprochen, daß die im Worte Tätigen
nblicks Götter — und zuweilen weniger als
Körner S. 21). Jetzt scheidet Schnitzler diese
tstellers jäh, indem er als teuflichen Gegensatz
ters den Literaten bestimmt.
itzler (Berlin 1922), S. 95.
—.—
box 36/6
wohl äußerlich ineinander, als auch und noch mehr besteht
zwischen ihnen eine wichtige, freilich nicht ohne weiteres durch¬
schaubare gedankliche Beziehung.
Bei einläßlicherem Durchdenken der Geschehnisse in diesem
Stück fällt auf, wie durchaus verschieden die Beurteilung ist,
die dem parallelen Erleben Aureliens und Maxens zuteil
wird. Das Mädchen, das aus einem Männerarm in den
andern gleitet, verliert an Wert, begeht in den Augen der
Männer etwas Unbegreifliches und Unverzeihliches, kann solche
Erlebnisse selber nicht ertragen und verwinden, verfällt in
Schwermut, endet im Freitod; der Jüngling, der von einer Ge¬
liebten zur andern flattert, hört nirgends einen Vorwurf, wird,
ob er auch aus einem fremden Abenteuer kommt, darum
nicht minder liebevoll ausgenommen, keine der drei Jungfrauen
stößt sich an sein erotisches „Vorleben“. Die Männer, die
mit und ohne Erfolg um Aurelie buhlen, ziehen, wenn sie
aufeinander stoßen, fast immer einen unsichtbaren Degen aus
der Scheide
die Mädchen, die sich Max schenken, hegen
zueinander keinerlei böse Gefühle. Es ist ein Gegensatz, der
schon in den „Schwestern“ hervorgehoben wird, wo Casanova
diesbezüglich den utopischen Wunsch formt:
könnten Männer je
So Brüder sein wie alle Frauen Schwestern —
Fürwahr, das Leben wär' ein leichter Ding.
Ob tatsächlich Liebessünden gegenüber die Frau allezeit
so nächsichtig und milde, der Mann immer so streng und nach¬
trägerisch ist, steht hier nicht zur Debatte; in Schnitzlers Welt
gilt dies tatsächlich als ein unaufhebbares Gesetz erotischer
Psychologie. Schnitzler begegnet sich in solcher Meinung mit
dem Liebesphilosophen Stendhal: La différence dans les
denx sexes est si réelle, qu’une femme passionnée peut par¬
donner une infidélité, ce qui est impossible à un homme
(De L'amour, chap. XXXVII). Nur daß Schnitzler weniger
den Wesensunterschied von Mann und Weib als Ursache
solchen Gegensatzes betont, als darin eine Funktion der ma߬
losen Eitelkeit des Mannes erblickt, der immer der erste und
einzige sein will!). Im übrigen ist unser Dichter gerade von
der absoluten Sdentität der erotischen Empfindung bei Mann
und Weib überzeugt, was schon Anatol verrät mit dem Worte:
„Immer wollen wir uns einreden, die Weiber seien darin
anders als wir ... Ganz gleich sind wir.“ Drum ist denn
auch Schnitzlers Gesamtwerk ein einziger Protest gegen die
doppelte Sexualmoral, und allvoran die „Komödie der Ver¬
führung“. Indes, der echte Dichter, der alles aus dem eigenen
Herzen holt, gibt auch in seinen Negationen einen Teil von
sich selbst. Etwas von der so leidenschaftlich bekämpften Zwie¬
1) Bgl. Körner, S. 31.
15