VI, Allgemeine Besprechungen 1, 6, Josef Körner Spätwerk, Seite 20

Panphlets offprints
Dank und Abschied hinninunt. Da dringt
n. Die Friedensboten sind zu spät zur
n im Gange. Mit einem Schlage steht
Leben ist jetzt des Kaisers, kommt er aber
er jede rückgelassene Schuld begleichen;
eden freche Ungebühr in der Erwägung
inn verstört, und ohne Zwang erklärt er
as Mädchen aber gibt ihn ganz frei: er
eben, die Erinnerung an sie soll ihn nicht
ler selbst, dessen Amt unnütz geworden,
seinem alten Regiment in den Krieg ziehn.
gs übersichtliche Inhaltswieder¬
daß eine Menge von Neben¬
tlich vernachlässigt wurde. Denn
ung“ zerfällt auch dieses Stück
da= und die Sylvester=Handlung,
8 dritte, mit ihnen nur äußer¬
ganisch verbunden, die Kuppel
um eine Liebeshandlung zu
seine Atmosphäre eine Liebes¬
Schnitzler schon einmal — und
Ruf des Lebens“ versucht. Dort
Symbol des Todes in scharfe
Antithese zur Liebe, blieb inner¬
Liebeshandlung untergeordnet;
litische Geschehen, trotzdem es
nde nichts zu tun hat!), zu sehr
ner eignen Problematik breit,
ft und Raum. Das Stück zer¬
die Einheit der Handlung steht
hdelt es sich um das Problem
Mädchens? oder um das der
n Mann? um das Heimats¬
Oder verbirgt sich der eigent¬
ahnsinnigen Sekretär Ungnad,
it des Solipsismus eine ernst¬
chriften Schnitzlers findet der
Schritt und Tritt; aber es sind
nbewußte Reminiszenzen, son¬
einzigartiges Ereignis wie der Krieg
rengen, daß sie den kranken Vater ver¬
Helden die letzte Nacht zu verschönen;
werden durch den Krieg weder ausgelöst
Frer psychiatrischen Beurteilung dürfte
„Die Welt als Wille und Vorstellung“,
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dern wohlbeabsichtigte Wiederaufnahmen älterer dialektischer
Prozesse. Das gilt besonders für Sylvesters Wesen und Schick¬
sale; sie erinnern bis zur Verblüffung an Gestalten und Er¬
eignisse des „Einsamen Wegs“, des „Wegs ins Freie“ der
Casanova=Novelle. Er ist ein Julian Fichtner redivivus, in
ihm fließen Georg Wergenthin und Heinrich Vermann zu
einer einzigen Gestalt zusammen, er hält wie der alternde
Casanova eine enttäuschungsvolle Heimfahrt. Des Kanzlers
Schwester Anselma gehört in eine Reihe mit den Schwestern
des alten Weiring („Liebelei“) und des Dr. Gräsler!). Der
Sekretär Ungnad stammt aus der Familie des „Puppen¬
spielers“ Georg Merklin?). Wichtiger als solche Aehnlich¬
keiten, deren Zahl leicht zu vermehren wäre, ist die tiefe
Problemverwandtschaft des „Weihergangs“ mit der „Komödie
der Verführung". Dort war der Fall gesetzt, daß ein Alternder
an ein sich darbietendes Spätglück nicht zu glauben wagt
und durch seinen Zweifel dieses Glück und damit die Geliebte
und sich selber zerstört; die Verurteilung lag in Falkenirs
eigenen Worten: „Ist Vorhersicht nicht Schuld? Hat sie nicht
die geheimnisvolle Kraft, heraufzubeschwören, was sie ver¬
hüten möchte? Und wenn es ihr gelänge, zu verhüten, wäre
sie dann noch Vorhersicht gewesen?“
Also war der Zweifel falsch? — Der Dichter wendet
die Sache nun ins Gegenteil. Im „Gang zum Weiher“ greift
ein Alternder zuversichtlich nach einem Spätglück, es entgleitet
ihm, und er geht zugrunde. Was Falkenir verhüten möchte,
um der Geliebten willen, Sylvester verschuldet es zum eigenen
Schaden: er hält für Liebe, was doch nur Bewunderung und
Freundschaft war. Man darf noch weitergehen. Leonildas
Rettung durch den Jugendfreund, der rechtzeitig sich ihrer be¬
mächtigt, hätte auch der tiefer angelegten Aurelie beschert sein
können, wenn Prinz Arduin, ihr Jugendgespiele, sie ent¬
schlossen sich geholt hätte, ehe sie an Falkenir Liebe, Glück
und Leben vergab'). Ja eine Szene des „Weihergangs“ könnte
ohne Veränderung eines einzigen Worts in den Schlußakt
der Verführungskomödie herübergenommen werden, so sehr
paßt er dahin. Es ist die Auseinandersetzung der „gefallenen“
Leonilda mit dem rückgekehrten Sylvester, der um ihre Liebe
bettelt; also dieselbe Situation, in die der seiner Schuld sich
bewußt gewordene Falkenir der „Sünderin“ Aurelie gegen¬
über gerat. Allerdings ähnelt dieser Dialog zugleich und viel¬
leicht noch genauer dem kurzen Redewechsel zwischen Aurelie
und Arduin, der ihr am dänischen Strand nach und trotz allem
was geschah, noch einmal seine Hand anbietet und verschmäht
1) Bgl. Körner, S. 52f.
2) Ebend. S. 161.
*) „Komödie der Verführung", S. 20.
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