VI, Allgemeine Besprechungen 1, 7, Erwin Stranik, Seite 2

tiefergrissen über sich ergehen. Ein Fest vollzog sich, dem kein
inen; die
uren ver¬
srüheres vergleichbar.
7—1a.
Freilich: die Aufführung der Neunten Symphonie bildete
nicht die erste Bekanntschaft mit deutscher Musik. Schon im
Jahie 1917 war diesen späteren Ereignissen durch ein nicht minder
bedeutendes Waguis vorgearbeitet worden: damals kam Mendels¬
sohns „Walpurgisnacht“ in der Musikakademie zu glanzvoller
Orchestrierung und Goethes Worle, in deutscher Heimalsülle,
erklaugen vor dem ganzen gebildeten Japan. Man bedenke: 1917,
zern und
da eigentlich dieses Land noch mit Deutschland im Krieg stand,
auf jene
wirkte doch der deuische Geist bereits wieder so mächtig ein, daß
ächerlich“
er wahre Orgien der Begeisterung, allerdings in die Lautlosigkeit
geschieht.
japani'cher Sphäte übertragen, hervorzurufen vermochte. Das
hienen zu
Saatkorn, vom Leiter der Musikakademie auf fruchtbaren Boden
Gewöhn¬
verpflanzt, trug herrliche Blüten, das Interesse an deutscher
fößt, zum
Kunst, sei es Musik oder Dichtung. erlahmte nicht mehr, ver¬
Nenschheit
stärkte sich sogar und stellte bald wieder einen der schwerwiegendsten
on ihnen
Kultursaktoren im Lande der aufgehenden Sonne dar, trotz der
ch hundert
englischen und französischen Konkurrenz, die in Paul Clandel
einen so tüchtigen Anwalt sand.
Lachen ist
Nun aber erhob sich für Deutschland einer, dessen über¬
t es das
ragenden Wert kein Genius fremder Nationen zu verschatten ver¬
ß alberne
mag: Goethe. Einzelne Hauptwerke kursierten schon seit längerer
befreundet
Zeit in japanischen Uebersetzungen, so natürlich der „Faust“, der
erzweiseln,
Sicherheits= auch schon im Tokioter Imperialtheater vor einigen Jahren in
t, daß ihr gekürzter Bühnenfassung zur Aufführung gelangt war. Mehrsache
je erscheint. Uebersetzungen wurden auch von den anderen Goetheschen Haupt¬
werken bekannt, ein großer Verlag kündete vor kurzem sogar eine
der Lacher
dreizehnbändige Gesamtausgabe an, allerdings nicht eine solche,
och von den
cherlich zu die allen wissenschaftlichen, sondern eher den gebildeten Laien¬
noch so begriffen entsprechen dürfte. Goethes wahren Triumph in Japan
zeln seiner zu schaffen nahm sich einzig Professor Yamagiihi vor, der
reisgegeben Ordinarius für deutsche Sprache und Literatur an der Waseda¬
s, ist eine Universität, gewiß kein leichtes Untersangen, wenn man be¬
erständigung denkt, daß die absolute Westlichkeit Goethes, unseres
„Olympiers“, in starkem Gegensatz zu wahrhaft japanischem
solchen Ge¬
Empfindungs= und Denkleben steht. Dennoch wird und muß
durch die
Goethes Universalität den Japanern nahegebracht werden: seine Be¬
bezeichnet strebungen, deutschen Geist und deutsches Wesen zu ergründen,
können vor diesem Heros nicht haltmachen. Die Uebersetzung der
lächerlichen
bedeutendsten Werke Goethes wird von den einzelnen Deutsch¬
sagen, ein
lehrern der japanischen Hochschulen durchgeführt. Yamagishi, dessen
also nicht
seinerzeitiges Werk über „Das deutiche Drama der Gegenwart“
ondern auch
bereits berechtigtes Interesse hervorrief and der selber fleißig,
gründlich und mit aufrichtiger Hingabe als Uebersetzer und Minler
bezeichnend.
zu walten versteht, wird seine Fähigkeit ganz in den Dienst der
mit den großen Sache stellen und vor allem die wissenschaftliche Einleitung,
7, bei un- die Darstellung des Lebens und der Werke des Weimarer Meisters
ch zu jung übernehmen Geplant sind folgende Werke in die achtzehnbändige
## einen ver- Ausgabe einzureihen, deren buchhändlerische Ausgabe der Verlag
welche beide Omura in Tokto besorgt, und die er, in dunkelbraunen Halb¬
ikurtile oder lederband gebunden, zum Preise von je 3•50 Yen (6 Mark
rciert, ohne.
oder 10 Schilling) verschleißt: „Götz von Berlichingen“
oder später
„Italienische Reise",
„Iphigenie", „Tasso“
„Egmont“
„Westöstlicher Diwan“, „Faust“, erster und
verständnis. „Gedichte“
Teil“, „Hermann und Dorothea“ „Reineke
zweiter
iem Lacher Fuchs“ „Clavigo“, „Stella“, „Die Geschwister", „Die Laune
gemeinsames des Verliebten“. „Die Mitschuldigen“, „Die natürliche Tochter“
leibt dennoch Werther", „Wahlverwandtschaften", „Wilhelm Meister“ (beide
r wie ein Teile), „Dichtung und Wahrheit", „Die Novelle", „Kampagne
in Frankreich“. „Zweiter römischer Aufenthalt", „Belagerung von
reisst. Man
Mainz", „Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter“.
gegen dich.
Neben dieser überragenden Hinwendung zu Goethe kome
etwas, das
aber das sonstige deutsche Dichttum alter und neuer Prägung in
sich keiner
Japan ebenfalls nicht zu kurz. Goethes Weimarer Genosse,
ihm, kaum
Schiller, weist die meisten seiner Werke in japanischer Ueber¬
ihlen lautes
setzung auf. „Wilhelm Tell“ wurde bereits, wenn auch nur
#i#e erschüttert.
unbegründet in einzelnen Szenen, auf die Bühne gebracht. Von Lessing gibt es
Komisches zu sowohl „Miß Sara Sampson" und „Emilia Galotti“, aber
„Nathan den Weisen“ und sogar sein Lustspiel
eößer als im auch
„Minna von Barnhelm“, dagegen wurde mir von einer Ueber¬
setzung Kleists nichts bekannt. Wohl aber finden wir Hebbel ver¬
und nerven¬
treten, den ebenfalls Yamagishi herausbrachte, und zwar seine
Ausdruckes:
„Nibelungen“, auch „Maria Magdalena“, das sogar gespielt
chen wir, als
wurde. Geillparzer ist mit „Sappho“ und sonst noch einigen
ich Wahnsinn
Dramen vertreten, Ludwigs „Erbförster“ existiert ebenfalls im
der innigsie Japanischen.
Von neuerer Dichtung wirkte der Naturalismus, insofern er
es hat er ein
sich mit der Bühne befaßte, sehr stark, Gerhart Hauptmann wird
ist, und du
Du fühlst von allen Japanern gut gekannt, oft gespielt und ist mit fast
allen Werken übersetzt, er beherrschte neben Ibsen (Gesellschafts¬