VI, Allgemeine Besprechungen 1, 7, Marcell Salzer, Seite 4

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1. Panphlets offprints
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und immerdar auf Reisen ist. Selbst der Geheime Hofrat Joseph Kürschner, der vom
„Deutschen Litteraturkalender“, vermochte bis heute nicht seine Privatadresse aufzu¬
stöbern. Es ist eben niemals daheim.
Shakespeare und kein Ende.
Von Anton Berg.
s ist über Shakespeare schon so viel gesagt, dass es scheinen möchte, als wäre nichts
L mehr zu sagen übrig; und doch ist dies die Eigenschaft des Geistes, dass er den
Geist ewig anregt.“ So schrieb vor 80 JJahren Gocthe, und noch heute gelten, freilich in
einem anderen Sinne, diese Worte. Seit dem Jahre 1857, in welchem Miss Detila Bacons
Schrift erschien, will der Streit darüber, ob der Schauspieler Shakespeare oder der Ge¬
lehrte Bacon der Verfasser der unter Shakespeares Namen bekannten Dramen und
Sonette sei, nicht zur Ruhe kommen, und in letzter Zeit ist derselbe durch Edwin Bormans
Buch „Das Shakespeare-Geheimnis“ aufs neue in ein akutes Stadium getreten und hatin
Büchern und Zeitschriften eine umfangreiche Litteratur gezeitigt, in der die Baconthe
teils verfochten, zum grössten Teile indessen auf das entschiedenste bekämpft und
worfen wird.
Jetzt hat ein junger Berliner Gelehrter, Hermann Häfker, zu der Frage Stelli¬
genommen und die Sache von einer Seite angefasst, die bisher nicht beachtet oder 5
rücksichtigt worden war — den Sonetten. Von diesen ausgehend, sucht er in seinem
„Was sagt Shakespeare“*) zu beweisen, dass Bacon der Verfasser der anonym und unter
dem Pseudonym Shakespeare erschienenen Dichtungen sei. Ich möchte das Büchlein
warm empfehlen, obgleich ich — wie im voraus bemerkt sein möge — mit des Ver¬
fassers Ansichten nur in wenigen Punkten übereinzustimmen vermag; es ist anregend
und geistreich geschrieben, ohne geistreichelnd zu sein, und zeugt von emsigem Studium
und redlichem Bemühen, in den Geist der Sonette einzudringen und ihren oft apokryphen
Inhalt zu deuten. Dagegen muss tadelnd hervorgehoben werden, dass Häfker hie und
da unnötigerweise einen gereizten, manchmal bissigen Ton anschlägt — ohne einen solchen
scheinen derartige Dinge heutzutage nicht mehr behandelt werden zu können — und dass
er nur zu leicht die Meinungen anderer für bare Münze nimmt, ohne sie genügend auf
ihre Stichhaltigkeit hin zu prüfen.
Die gemeinhin unter dem Titel Southampton-Sonette bekannten Dichtungen haben
von jeher den Shakespeare-Forschern und Übersetzern arges Kopfzerbrechen verursacht.
Man wüsste nicht recht, wie man diese poctischen Liebeserklärungen an einen Jüngling,
die nicht in den Rahmen der andern Werke Shakespeares passten, deuten sollte. Nahm
man sie als den poctischen Ausdruck erlebter Thatsachen, so fiel ein schwerer sittlicher
Makel auf den Dichter; betrachtete man sie als Schöpfungen einer freiwaltenden Phan¬
tasie, so entsprach das wenig dem Wesen und Geiste Shakespeares; fasste man sie end¬
lich allegorisch auf, so sprachen auch dagegen gewichtige Gründe, wenn sich auch
mancher mit saurem Schweiss abgemüht hat, ihnen in diesem Sinne eine an den Haaren
herbeigezogene Deutung zu geben. Man neigt sich nun meist der zuerst von Nathan
Drake vertretenen Ansicht zu, dass die Sonette an den Grafen Southampton, Shakespeares
Freund, dem er schon früher seine „Venus und Adonis“ und „Lucretia“ gewidmet hatte,
gerichtet gewesen sind und sich auf dessen Lebensschicksale beziehen. Diese Hypothese
hat nach meinem Dafürhalten die meiste Wahrscheinlichkeit für sich; natürlich muss man
die Sonette unter dem Gesichtspunkte der Zeit, in der sie geschrieben wurden, betrachten
und darf sie nicht mit dem Massstabe messen, mit dem wir Kinder des 20. Jahrhunderts
es thun würden; wir betrachten ihre „Honigsüsse“ als magenverderbend. „Die kritische
*) H. Häfker. Was sagt Shake-speare: Die Selbstbekenntnisse des Dichters in seinen Sonetten.
Ein Beitrag zur Shakespeare-Bacon Frage. Berlin 1806. Verlag von Schuster & Loeffler.
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