VI, Allgemeine Besprechungen 2, Marcel Salzer Programmheft, Seite 24

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2. Cuttings
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Gedichte sind gemalte Fensterscheiben:
Liebenswürdig, erquiekend, geistreich und er¬
war von ganr ausserordentlichem Erfolge be¬
freulich präsentirte sich die Wiener Moderne
Sieht man vom Markt in die Kirche hinein,
gleitet.
Da ist alles dunkel und düster
in dem feinsinnig gewählten Quintett von
Wiener Allgemeine Zeitung (27. 10. 97).
Und so sieht's auch der Herr Philister:
Dichtungen, die Marcell Salzer auf sein Pro¬
Dem Recitationskünstler Marcell Salzer,
Der mag denn wohl verdriesslich sein
gramm stellte. Seine Vortragskunst war dem
der seine schönen Fähigkeiten mit nicht
Stoff durchaus gewachsen und so gestaltete
Und lebenslang verdriesslich bleiben.
genug anzuerkennender Consequenz in den
sich der Abend zu einem der interessantesten
Dienst der besten modernen Kunst stellt,
Kommt aber nur einmal herein!
und eigenartigsten im Cyclus der Vorträge,
danken wir vor Allem den künstlerischen
Begrüsst die heilige Kapelle:
welche der hervorragende Wiener Kauf¬
Genuss, dass er uns die Schönheiten des
Da ist’s auf einmal farbig helle,
männische Verein allwöchentlich seinen Mit¬
Werkes, die belnde Lust und tiefe Tragik
Geschicht und Zierat glänzt in Schnelle,
gliedern bietet. Den Höhepunkt der Wirkung
aller jungen Liebe mit seinem jeder Be¬
Bedeutend wirkt ein edler Schein;
bildete der Vortrag einer Skizze „Das Pferd“
wegung fähigen Organ, mit seiner geschulten,
Dies wird euch Kindern Gottes taugen,
von Chr. G. Morgenstern, in welcher der
in alle Falten der Dichtung leuchtenden In¬
Erbaut Euch und ergötzt die Augen!
Verfasser eine Fülle ergreifender Motive mit
telligenz verdeutlichte.
Neues Wiener Tagblatt (15. 3. 1900).
seltener Kunst in die hellen Farben jener
Illustrirtes Wiener Extrablatt (26. 10.
Der vierte „Goethe-Abend“ des Wiener
Komik taucht, die dem Galgenhumor des
1807). Lebhafter Applaus nach jedem Acte
Goethe-Vereins brachte eine äusserst inter¬
Jammers entströmt. Ein kühnes Virtuosen¬
und am Ende des Dramas gab davon Zeug¬
essante und anregende Veranstaltung. Marcell
spiel auf einer Saite, auf der des Humors,
niss, dass Halbe’s „Jugend“ bei der ersten
Salzer, der sich — vor Kurzem von einer
war dieser Abend. Marcell Salzer hat das
öffentlichen Vorlesung in Wien durch Marcell
mehrmonatlichen Recitationstournee durch
Salzer einen ganzen Erfolg erzielt hat.
Recht zu diesem Spiele, denn er übt es mit
Deutschland, England, die Schweiz und Ober¬
Arbeiter - Zeitung (26. 10. 07). Herr
ausgezeichneter Kunst.
Italien zurückgekehrt — einige Tage in Wien
Marcell Salzer wurde den Vorzügen der
aufhielt, um neuerdings nach dem Norden
Dichtung in anerkennenswerther Weise ge¬
zu ziehen, bestätigte durch seine Interpre¬
recht und erntete auch grossen, reichlich ver¬
tationskunst nun auch vor der Gesellschaft
IV. Goethe-Abend
dienten Beifall.
den trefflichen Ruf,
Ides Goethe-Vereins
Die Zeit (30. 10. 97). Herr Marcell
Seine Prcitation
der ihm vorausging.
des Wiener Goethe-Vereins.
Salzer liest ausgezeichnet, farbig, kräftig.
Goethe'scher Balladen („Der getreue
mit sehr deutlicher, stellenweise feiner
Eckart“, „Der Gott und die Baja¬
Chronik des Wiener Goethe-Vereins,
Charakteristik. Seine Recitation gab fast
dere“ etc.) gehört neben der Wieder¬
XIV. Bd., No. 3—4 (30. 4. 1900) Reci¬
das Bild einer Theatervorstellung, nur mit
gabe Liliencron'scher Lyrik („Das
tations-Abend Marcell Salzer. Freitag,
Abkürzung der schauspielerischen Ausdrucks¬
Gewitter“, „Bruder Lüderlich“, „Cin¬
den 9. März, widmete uns der Wiener
mittel.
cinnatus“ etc.), die er andiesem Abend
Künstler, dem von seinen Vortrags-Tourncen
Wiener Rundschau (1. 11. 08). Marcelt
in fein abgetönter Weise zu“ Gehör
durch Deutschland, die Schweiz und Italien,
Salzer’s „Jugend“-Vortrag war für die
brachte, zu denerstclassigen Meister¬
wo er namentlich die junge Wiener Litteratur
Menge eine Emotion, für Kenner eine Freude
stücken moderner Vortragskunst. Her¬
zu Ehren gebracht, ein sehr guter Ruf vor¬
für ihn ein grosser, bedeutungsvoller Sieg.
vorzuheben wäre noch das Vorspiel zu
ausging, auf unsere Einladung einen Vor¬
Deutsches Diehterheim (No. 21, 1897).
Sudermann's „Johannes“, das in dramatisch¬
tragsabend, der durch sein reichhaltiges
Halbe's Jugend hat auch ohne Bühne hier
— ohne pathe¬
Programm und seine glänzende Durchführung
packender Eindringlichkeit
in Wien einen förmlichen Triumph gefeiert
an uns vorüberzog;
geeignet war, lebhaltes allgemeines Interesse
tischen Aufwand —
und Marcell Salzer diesen Triumph in wahr¬
ferner Wildenbruch's „Orakel“, eine psycho¬
zu erwecken. Mit den beiden einfach „Ge¬
haft mustergiltiger Weise vermittelt. Schon
logisch feine Skizze aus dem Seelenleben
dichte“ überschriebenen Goetheschen Strophen:
heute wird der Name dieses Vortragsmeisters,
eines kleinen Jungen. Den Schluss machte
„Gedichte sind gemalte Fensterscheiben“ etc.
der hauptsächlich als Interpret der „Moderne“
Heinrich Seidel's „Leberecht Hühnchen“ und
fing Marcell Salzer stimmungsvoll seinen
git. allerorten mit besonderer Achtung ge¬
eine „iener Erzählung Gustav Morgenstern's,
Vortrag an. Die Gemüthsinnigkeit des
nannt.
„Das Pferd“ betitelt. Marcell Salzer hat an
Wildenbruch’schen „Orakels“ kam in seiner
Oesterreichische Musik- und Theater¬
diesem Abend wieder eine vollgiltige Probe
Wiedergabe zum ergreifenden Ausdruck.
zeitung (1. 3. 96). Marcell Salzer ist ein
seines grossen Könnens abgelegt.
Gleich vorzüglich gelang ihm die treffende
Vortragskünstler, dem man nur die Ersten
Charakteristik der Personen in dem Vorspiel
seines Faches an die Seite stellen könnte.
Wiener Tagelatt (7. 8. 06). Was Marcel
zu Sudermann’s „Johannes“ wie der über¬
Oesterreichischer Bühnenverein (1. 8.
Salzer kann, ist nicht das landläufig voll¬
mütige Ton Liliencron’scher Lyrik in dem
1806). Aus dem Essay: „Die Recitation der
tönende Recitatorenpathos, es ist ein tief
ersten Theil des Programmes. Den zweiten
Zukunft“. Lauteres Gold künstlerischen
verständnissvolles Eindringen in die su“.
Theil nahm Goethe ein. Wohlbekannte, oft
Empfindens liegt in seiner durch Schmerz
tilsten Stimmungen eines Dichterwerkes, aus
gehörte Dichtunger: „Der Gott und die Ba¬
und Noth mit dem blutigen Stempel der
dem der Künstler mit überquellender Ge¬
jadere“, „Wirkung in die Ferne“, „Willkomm
Zeit geprägten Seele, darauf wie ein schillern¬
staltungsfreude ans Licht lockt, was es heim¬
und Abschied“, „Der getreue Eckart“ wirkten
der Falter auf einer grossblätterigen, purpur¬
lich an Duft und Farbe in sich birgt. So er¬
in Salzers Interpretation, die sich in die ge¬
rothen Mohnblüthe, ein allmächtiger, echt
blühen sprachliche Schönheiten und verborgene
dichterischer versöhnender Humor die Flügel
heimsten Ritzen der Empfindung vertiefte,
Empfindungen unter seiner klangschönen
fast wie neue Erscheinungen auf uns. Der
breitet. Das ist Marcell Salzer. Er bedeutet
Stimme zu harmonischer Kraft.
dritte Theil wirkte erfrischend durch den
Oesterreichische Volks-Zeitung (10. 7
für das Kunstleben unserer Zeit ein Ereigniss.
lächelnden Humor in Heinrich Seidels „Lebe¬
Man merke sich seinen Namen.
1806). — — Recitator Marcell Salzer be¬
Wiesbaden, Rheinischer Kurier (5. 1.
recht Hühnchen“ und führt uns auf heimischen
wies, dass der gute Ruf, den er sich er¬

1898).
Herr Marcell Salzer zeichnete
Boden zurück mit G. Morgensterns Wiener
worben, wohl verdient ist. Sein modulations¬
sich durch grosse Wärme der Empfindung
Geschichte „Das Pferd“ in der sich Salzer
fähiges Organ befähigt Herrn Salzer, den
aus. Gustav Falke’s harmlose Humoreske:
als ein Meister in der Beherrschung des
Accenten der Leidenschaft in vollkommener
„Im Frack“ wurde vorzüglich, bravourös
Weise Ausdruck zu geben, während er
Locaitons bewährte.
wiedergegeben. In diesem lustigen, von
Was der Vortragende in den einleitenden
andererseits die Hörer durch den köstlichen
einem neckischen Kobold dictirten Poesie¬
Strophen mit den Worten des Dichters ver¬
Humor, den er in den Ton zu legen weiss,
werke kommer, wohl sämmtliche Vorzüge
fesselt.
sprochen, das hat er redlich gehalten. Alles,
Salzer’s zu ihrer vollständigen und getreuen
Sonu- und Montags-Zeitung (19. 7. 96).
was sich zur Charakteristik seines Könnens
Die vorgestrige Vorlesung Marcell Salzer's Wiedergabe.
sagen lässt, das sprechen die Verse aus:
2. England und Italien.
Bradford: Schiller-Verein (1. 11. 00). Ischöne Frau“ von Hermann Bahr, „Die engaged for the two literary evenings which,
on Monday and Tuesday of this week,
Weber“ (2. Act) von Gerhart Hauptmann,
Herrn Recitator Marcell Salzer, Wien.
inaugurated the series of the present senson
„Die G’schicht vom trutzigen Bauer“ von
ich erfülle eine angenehme Pflicht, indem
Mr. Salzer is not a mere drawing¬
Rosegger, „Weinnachtseinkäufe“, Bialog aus
ich Ihnen, zugleich im Namen des Vorslande¬
room reciter. He is an enthusiast who
„Anatol“ von Arthur Schnitzler und „Das
und der Mitglieder des Schiller-Vereins,
has taken as his subject the imaginative
Pferd“ Wiener Lebens- und Sittenbild von
unseren Dank und unsere Anerkennung für
literature of modern Germany and Austrin
Chr. H. Morgenstern. Herr Salzer verfügt
die uns am 18. v. Mts. gebotene Recitation
in general and the Young Viennese school
über ein angenehm klingendes und modu¬
ausspreche, die allen Hörern ein seltener
of writers (headed by Hermann Bahr) in
lationsreiches Organ, das vollständig in seiner
Genuss war. Unser Wunsch: „Auf Wieder¬
particular. With the „Wiener Schule“
Macht liegt; seine Vortragsweise ist
schen im nächsten Jahre!“ wird Ihnen, hoffe
he was more sbecially concerned during his
eine künstlerisch vollendete. Es
ich, als die bündigste und beste Recension
#e it has erly been
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