VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1903–1906, Seite 58

2. Cuttings box 37/3
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Die Müllerstochter.
Nach einer alten Chronik von Marr Möller.
Ich hatte es in der Chronik gelesen,
Und er ist geblieben in ihrem Bann.
Und später bin ich da selber gewesen,
Und ehe ein halbes Jahr verrann,
Im Mühlengarten, versteckt und verschlafen,
Da kamen die heimlichen Gänge ans Licht,
Wo nichts als Dornen und Unkraut wächst,
Und die Dirne kam vor ein Ketzergericht,
Wo kein Vogel singt, keine Blume lacht,
Und man hat sie des schwärzesten Zaubers
Wo es umhergeht in jeder Nacht,
verklagt,
Wo die Müllerstochter den jungen Grafen
Und als man zum drittenmal hart sie gefragt,
Da hat sie vor allen Zeugen gestanden,
Durch ihren schwarzen Zauber behert.
Sie hätt' ihn gebunden mit höllischen Banden,
Er kam geritten im Jagdgewand,
Sie hätte ihm Zaubertränke gekocht;
Den behelmten Falken trug seine Hand,
Wie hätte sie es auch sonst vermocht
Er war ermattet vom hastigen Ritt,
Als Müllerskind einen Grafen zu fesseln!
Sein Schimmel ging im gemächlichen
Wie paßten zusammen Rosen und Nesseln?
Schritt:
1-Und von weither kamen die Gasser gelaufen!
#ind Aas er ram, 1o Die Gasse sich Diegt,
Und es flammte der Scheiterhaufen!
Wo des Müllers verschwiegenes Gärtchen
Und ihre Eltern wurden vertrieben!
liegt,
Und die Aschenreste, die übrig geblieben,
Und als er über die Hecken sah,
Haben die Pfaffen und Büttel sogleich
Da war's, als ob ein Wunder geschah;
Fluchend gestreut in den Mühlenteich ...
Sein junges Herz, das klopfte so laut;
Da knarrte das Mühlrad und kreischte schrill —
Seine Augen, die nie noch na Teauen
Dann stand für ewige Zeiten es still.
geschal
Und Gerank hat sich darüber gedrängt,
Seine grauen Kinderaugen, die starrten
Und Gestrüppe hat sich dazwischen gezwängt,
Wie gebannt in den Müllergarten.
Und die Türen zerfielen, die Scheiben zer¬
Denn in dem Garten, den hölzerne Planken
sprangen
Und dichte Büsche und kletternde Ranken
Unter des Wetters wechselnder Macht...
Fußgängerblicken züchtig verschanzt,
Hat ganz für sich ein Mädchen getanzt.
Aber noch immer, in jeder Nacht,
Sie drehte sich hin, sie drehte sich her,
Wenn bleich die Sterne den Himmel erhellen,
Die Haare fielen vom Kopfe ihr schwer,
Da klingen auf einmal so klagend die Wellen,
Schwer, wie üppig strömendes Gold
Da kommt es aus bebenden Wassern ge¬
War es aus den Zöpfen gerollt;
gangen
Ihre Arme waren zierlich und nackt,
In den Mühlengarten so sohlensacht.
Ihre Füße sprangen und glitten im Takt,
Das hebt sich zierlich und neigt sich und
Her und hin, ohne Rast und Ruh,
wiegt sich,
Ihre Lippen sangen ein Lied dazu,
Das dreht und senkt sich und reckt sich und
Ihre Schürzenbänder wippten und wehten,
biegt sich,
So tanzte sie zwischen den Blumenbeeten,
Und zwei Arme schlenkern zierlich und nackt,
Zwischen Phlox und Mohn und rotem Dorn
Und zwei Füßchen springen und gleiten im
Und brennender Liebe und Rittersporn
Und Thymian und Klee und Salbei;
Wie damals, als Schürzenbänder noch wehten
Und dann hat er schnalzend den Schimmel
Zwischen den lachenden Blumenbeeten,
gehetzt,
Zwischen Phlox und Mohn und rotem Dorn
Und brennender Liebe und Rittersporn.
Und über den Heckenzann ist er gesetzt.