VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 7

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1. 50th Birthdav
empfängt der in voller Kraft wirkende Künstler den und Liebeskünstler über die Schulter. Er
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.
Zuruf der Zeitgenossen, der ihn anspornt, weiter zu ihn oft beiseite zu stoßen, nicht nur in der ##
K
schreiten in dem beglückenden Gefühle, verstanden zu sondern auch später: so entstehen die „Anatol“
Feuilleton.
werden, ein Echo zu finden bei vielen Tausenden. Liegt viele kleine Skizzen, ein Stück von so hinrei
darin nicht eine schöne, erhebende Gerechtigkeit?
Wurfe wie „Der grüne Kakadu“, einzelne Bild
Fünfzig Jahre alt ist Artur Schnitzler geworden,
„Reigen“, hinter denen freilich schon der S
Artur Schnitzler.
und es ist eigentlich kaum ein Vierteljahrhundert, daß
ironisch lächelt. Wo er imstande ist, naiv z
(Zun 50. Gehmristage.)
er in die Literatur trat, nur langsam fand sein stilles, wirkt er am unmittelbarsten, und der naive Sch
jeder Reklame abholdes Schaffen Beachtung. Heute
ist dem Publikum der liebste, das ihn zum „
Moderne Gesundheitslehre, weise Zurückhaltung im
fliegen ihm die Huldigungen ganz Deutschlands zu, des süßen Mädels“ ernannt hat, der er nur in
Genusse und methodische Anspannung der Kräfte hat die
mit Recht stellt sich Wien, dem er als Mensch wie
kleinen und nicht immer richtig erfaßten Teile
Lebensdauer unserer Generationen über das Ausmaß,
als Dichter so ganz sich zugeschworen, an die Spitze.
Produktion ist. Aber bis heute ist die „Li##
„das unseren Vorfahren beschieden war, hinausgerückt
Und sein Verleger, S. Fischer in Berlin, nimmt zugleich
sein volkstümlichstes Werk, das, mag es
#und die Menschen der Neuzeit widerstandsfähiger und
mit einem neuesten Werk eine Sammlung seiner
ausdauernder gemacht; im Gegensatze dazu aber grüßen
manchen Motiven durch seine zahlreichen Nach
dramatischen und prosaischen Schriften in Angriff
wir berühmte Zeitgenossen, während sie früher fast
und eine ernstere, arbeitsfrohere Zeit in der
und bezeichnet so einen markanten äußeren Lebens¬
biblische Jahre erreichen mußten, um der öffentlichen
wicklung Wiens verblaßt sein, eine typisch=repräse
abschnitt auch mit einem sichtbaren Abschluß in seinem
Feier ihrer Gedenktage tehaft zu werden, schon auf
Stellung in unserer heimischen Literatur beh
Schaffen.
Altersstufen, die sonst als bedeutungslose, nur ihrem
wird, ähnlich wie Halbes „Jugend“ oder Wed
Entspricht dieser Einschnitt, den Leben und Literatur¬
engsten Familienkreise wichtige Etappen ihres Auf¬
„Frühlings Erwachen“ in der deutschen Dra
markt macht, auch tatsächlich einem Wendepunkt oder
stieges noch gar nicht zählten. Wir leben länger, aber
Die Kontraste der beiden Paare, die im Lei
Entwicklungsmomente seiner Produktion?
wir leben schneller; wir begnügen uns nicht, zu säen,
wie in der nicht allzu tiefen Sentimentalität
In Schnitzlers Dichtung, ob nun episch oder
wir wollen auch mit lebendigem Auge schauen, wie
wienerisch anmuten, sind nirgends sicherer g
dramatisch, lassen sich zwei Perioden scheiden: in der
unsere Saat sprießt, und die eigene Ernte selbst
nirgends ist die bei Schnitzler immer unverken
ersten wußte er genau, was Liebe, was Leben sei, und
noch einbringen. Während in der Vorzeit der
epische Anlage so stark ins Dramatische ges
stellte beide dar, keck nach der Natur zeichnend. So be¬
schaffende Genius erst nach der unermüdlichen Tätig¬
durch einen Theatereffekt, der später bei
ginnen gar viele begabte Anfänger. Schnitzlers Eigenart
keit eines langen, kargen Daseins im letzten Augen¬
leicht äußerlich und gewaltsam; wird, wie
aber war, daß er schon damals in seine realistischen
blicke inne werden durfte, daß er nicht vergebens ge¬
mit dem schrillen Geklingel der Glocke, das
oder phantastischen Weltbilder sich selbst stellte, einen
schaffen und in einer späten, recht wehmütigen Freude
lustige Quartett stört, mit dem schicksalsschwan
stinen Dank mit dem Klagerufe: Zu spät! verbinden
zur Sentimentalität und Grübelei neigenden Menschen,
Eintritte des fremden Herrn. Hier aber
durfte, während sich wohl gar erst sein Grabstein mit!
der den Genuß nicht genießt, der seine Lust sich
den dem Lebenden vorenthaltenen Kränzen deckte, anatomiert. Neugierig sieht schon der Arzt dem Lebens= seine Geschöpfe über sich selbst nachdenken zu