VII, Verschiedenes 2, 50ster und 55ster Geburtstag, Seite 32

——.—
55
50

box 39/2
ndt Birtar
294
Alexander v. Weilen, Arthur Schnitzler.
Wem für Schnelle der Füße und
Stärke der Fäuste
Kränze den Scheitel umschatten.
Doch dem menschlichen Streben
Gibt nur die Gottheit Gelingen.
Und zweierlei muß sich vereinen,
Daß köstlichstes Leben erblühe,
Wir brauchen den Glanz
Von Glück und Erfolg, und wir brauchen
Das rühmend gedenkende Wort.
Gott zu werden begehre nicht;
Alles ist dein, wenn dieser beiden
Güter Genuß dir ward.
Irdisch Glück
Ziemt dem Erdenmenschen.
Arthur Schnitzler.
(Zum fünfzigsten Geburtstage.)
Von Alexander v. Weilen.
„ Ich brauche nur ein Buch Arthur Schnitzlers aufzuschlagen, gleich klingt.
in mir eine wiegende und singende Wiener Weise; zur Melodie gesellen sich
Worte, immer deutlicher und deutlicher summt's um mein Ohr: „'s wird schöne
Maderln geb'n und wir wer'n nimmer leb'n.“ Diese fast tiefsinnige Plattheit,
sie umfaßt eigentlich Schnitzlers ganzes Werk; Lebensgenuß und Todes¬
gedanke, sie sind in ihm so enge verbunden, so ganz voneinander bedingt wie
in den zwei schlichten Sätzen des volkstümlichen Liedes.
Am Eingange seines Schaffens stand der junge, sinnesfrohe Anatol, das
letzte bedeutsame Wort in seiner bisherigen Produktion hat der Fabrikant
Hofreiter in der Angst des herannahenden Alters gesprochen. Der Lebens¬
inhalt des genießenden Nichtstuers war das Weib und immer wieder das
Weib, das er an sich zog und enttäuscht beiseite warf, der reife Held im
„Weiten Lande“ zieht das Fazit seines Daseins vor einer Frau: „Wenn man
Zeit hat und in der Laune ist, so baut man Fabriken, erobert Länder, schreibt
Sinfonien, aber glaub mir, das alles ist Nebensache, die Hauptsache seid ihr!
ihr!“ Was an fein abschattierten und leise differenzierten Gestalten zwischen
diesen beiden Polen steht, was an kunstvollen und wohl auch gelegentlich
künstlichen Motiven ersonnen worden, es ist eine Huldigung für die sinnliche
Liebe, sei's im augenblicklichen Genusse, sei's im sehnsüchtigen Schrei nach
ruhiger Beständigkeit. So ist's wohl eine kleine, engumgrenzte Welt, die der
Dichter geschaffen, aber es ist eine Welt, in der er unumschränkt gebietet. Und
in ihrer scheinbaren Armut steckt eine unendliche Fülle, die als leichtfertig ge¬
scholtene Erotik birgt in sich die Ethik eines tiefen Schmerzes, einer sittlichen
Skepsis, die ihn unendlich hoch über den Dichter des „süßen Mädels“ empor¬

W