VII, Verschiedenes 5, Bauernfeld Preis, Seite 6


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Bauernfeld-Preis
DR
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Streiflichter auf die dunklen Wege zu werfen, auf welchen
Literatur und Protektion. heutzutage so manches mittelmäßige Talent den Eingang
in die Ruhmeshalle findet, die nur denen offen stehen
Gestern wurde verlautbart, daß das Kuratorium
sollte, deren Stirn wirklich die Muse geküßt hat und
der Bauernfeld=Stiftung Herrn Dr. Schnitzler,
die nicht in erster Linie berechnende Geschäftsleute
dem Verfasser des Einakter=Zytlus „Lebendige
sind, welchen die Literatur ebenso gut eine Quelle des
Stunden", einen Ehrenpreis von zweitausend Kronen
Erwerbs ist wie ihren Stammesgenossen der Handel
zuerkannt habe. Dieser Beschluß wird nicht versehlt
mit allen möglichen Dingen des täglichen Bedarfs.
haben, ein gewisses Aufsehen hervorzurufen, wenn man
Wie in unsrer Zeit jene, welche mit der Clique auf.
sich auch andrerseits über die von dem betreffenden
gutem Fuße stehen oder ihr selbst angehören, mit
Kuratorium gefällte Entscheidung nicht wundern kann,
dem Lorbeer des Dichters geschmückt werden, während;
denn es ist ja bekannt, daß die meisten der Mitglieder
andre, die nicht dem Volk angehören, das sich selbst
jener Körperschaft in den allerintimsten Be= das „auserwählte“ nennt, sich vergeblich bemühen, sich
ziehungen zu jenen Kreisen
stehen, welchen emporzuringen, das wäre ein dramatischer Stoff, an
auch der preisgekrönte Dr. Schnitzler vermöge dem sich die Kraft eines wirklichen Künstlers exproben
seiner Abstammung und seiner Betätigung im öffent¬
könnte, der sich aber nicht mit seichter Witzelei er¬
lichen Leben angehört. Jeder, der die Verhältnisse schöpfen ließe, wie dies der preisgekrönte Doktor
kennt, weiß, daß das Cliquenwesen, das in der
Schnitzler in seinem Einakter „Literatur“ getan hat.!
Politik sowie auf wirtschaftlich=finanziellem Gebiet zu
Die jüdische Presse hat es verstanden, dem leider!
solcher Blüte gelangt ist, auch in bezug auf Kunst noch immer sehr großen Kreise jener, die in ihrem
und Literatur längst tonangebend geworden ist und
geistigen Bann stehen, einzureden, daß es ausschließlich
daß es daher nicht immer notwendig ist, wirkliche Be¬
ihre dem Stamm Sems entsprossenen Schützlinges
gabung zu besitzen, um den modernen Parnaß er¬
seien, welche gegenwärtig dafür sorgen, daß die deutsche
klimmen zu können, sondern daß man dazu nur die Literatur nicht brach liege. Durch Beschlüsse, wie es
Unterstützung einiger guten Freunde bedarf, die durch der des Kuratoriums der Bauernfeld=Stiftung ist,
ihre Hilfe das zi stande bringen, wozu die eigene macht man sich zum Mitschuldigen derjenigen, welche
Kraft nicht ausgereicht hätte.
unverschämt ins Gesicht
der Wahrheit
Der vierte der Einakter, welchen Schnitzlerlschlagen. So lange die jüdische Presse es
den Kollektivtitel „Lebendige Stunden“ gegeben hat,f allein ist, welche mit allen Mitteln daran
nennt sich „Literatur“ und er spottet über die Artl arbeitet, die jüdischen Literaten in den Rang gott¬
und Weise, in der oft recht belanglose persönliche Er= begnadeter Dichter emporzuheben, hat man es lediglich
lebnisse von unsern modernen Antoren dazu benützt mit einer Betätigung der ja allgemein bekannten jüdi¬
werden, ihren Romanen und selbst ihrer Lyrik ein ge=schen Solidarität zu tun, der nur durch die arische
wisses individuelles Gepräge zu verleihen. Wir meinen, Solidarität entgegengewirkt werden, kann. Wenn aber
daß es eine viel interessantere und dankbarere Aufgabel Körperschaften wie die Verwaltung der Bauernfeld¬
wäre, unter Beibehaltung des Titels „Literatur“ helle Stiftung sich förmlich offiziell in den Dienst jener Be¬
strebungen stellen, dann muß dies mit aller Ent¬
schiedenheit als ungehörig zurückgewiesen werden.