VII, Verschiedenes 5, Bauernfeld Preis, Seite 31

box 40/1
Bau
En
—Pe1s
mann. Also fünf Christen gegen zwei Juden. In den
früheren Jahren wird das Verhältnis wohl ungefähr das
Gleiche gewesen sein. Und so etwas nennen die Christlich¬
sozialen pathetisch die „Unterdrückung nichtjüdischer Schrift¬
steller“!
Ein Drama „Beethoven und sein Neffe“ ist
von Heinrich Heinemann in Braunschweig verfaßt worden.
Die Familie van Beethoven erhebt nun in einem vom
„N. W. Tagbl.“ mitgeteilten an Heinemann gerichteten offenen
Briefe Einwand gegen die Aufführung dieses Schau¬
spiels. Das Schreiben ist dadurch interessant, daß die
Großneffen= und =Nichten Beethovens bei dieser Gelegenheit
einige Daten, die für das Leben des großen Tondichters nicht
gleichgültig sind, zur Sprache. bringen. Die Protestierenden
erklären, daß sie eben zur Zeit, da sie die sterblichen Ueber¬
reste ihres Vaters (des Neffen Beethovens) von einem in der
Auflösung befindlichen Friedhof zu einer neuen Ruhestätte
bringen lassen, sich in ihrer pielätvollen Stimmung durch das
neue Drama beunruhigt fühlen und daß sie es niemals zu¬
geben werden, daß ihr Vater „sozusagen öffentlich vorgeführt
wird, und zwar in einer unwürdigen Rolle, als lügenhafter
Knabe, später leichtfertige: Jüngling“. Weiter heißt es in
dem Briefe u. a.: „Auch Johanna van Beethoven ist in
Ihrem Stück als vulgäre Person, ja Verworfene geschildert,
während ihr Leichtsinn wohl hauptsächlich in Geldan¬
gelegenheiten bestand, sonst würde ihr sicher ihr Gatte nicht
in letzter Stunde sein liebstes, sein einziges Kind anvertraut
haben, woraus der Konflikt zwischen ihr und dem Kompo¬
misten entstand. — Nun möchten wir noch die Frage auf¬
werfen, zu welcher Zeit unser Vater sich so leichtsinnig
geführt haben soll; denn wenn es sonst sozusagen Hand in
Hand geht, daß so zügellose Jünglinge auch schlechten Fort¬
gang in ihren Studien aufzuweisen haben, sind wir im
Gegensatze im Besitze seiner sämtlichen Zeugnisse, die alle
erstklassig, also „eminent" sind. Von seinem ehemaligen
Direktor und auch dem Musikprofessor Herrn Boklet wurden
ihm am offenen Grabe Lobreden gehalten, indem ihn beide
Herren als ihren musterhaftesten, besten Schüler bezeichneten.
Ferner erfreute er sich während seiner militärischen Karriere
der besten Konduite; ein ehrenhafter Abschied aus derselben,
der ebenfalls in unseren Händen, mag als Beleg dienen.
Noch leben einige Freunde unserer Familie, die gewiß gerne
bereit sind, uns öffentlich zu bestätigen, daß sie unseren Vater
kannt und verehrt hatten und daß er durch volle dreißig
J#re in ungetrübter Ehe mit unserer Mutter lebte. In
der oraussetzung, daß Euer Wohlgeboren nicht die Absicht
hatten, eine achtungswerte, aus Töchtern, Schwiegersöhnen
und zahlreichen Enkeln bestehende Nachkommenschaft zu
beleidigen, hoffen wir, daß uns ernstere Schritte erspart
werden, und zeichnen achtungsvoll Familie van Beethoven.“
Kartell=Lyrik. An die vor einigen Wochen ge¬
meldete Tatsache, daß die Dichter Vierbaum, Dehmel,
Detlev v. Liliencron, Gustav Falke u.s.w. sich zu einem
Sch#thündnis gegen unberechtigten Nachdruck zusammen¬
witzigliebenswurdiger Spollderse. Dir umnchmr.
das Folgende:
Romanze.
Der Frühling kommt mit Saus und Braus
Und streut uns Blüten und Düfte;
Der Bierbaum schlägt schon wieder aus
Und Falte steigt in die Lüfte.
Es rauscht und grünt in Hofmannsthal
Und Liliencron leuchtet helle;
Die Sonne spendet den Gnadenstrahl
Dem lyrischen Dichterkartelle.
Im wunderschönen Monat Mai,
Wenn alle Knospen springen,
Da trete auch ich dem Bunde bei,
Um lukrativer zu singen.
Ich preise das Walten der Natur
Aus meines Dankens Tiefe
Und sing wie der Vogel im Wald, doch nur
Nach festgesetztem Tarife.
Ich singe von Liebe und ähnlichem Kohl
In Stanzen und Madrigalen,
Und denke dabei: „Was werden wohl
Die Gänsefüßler bezahlen?“
Der Frühling in stausend Wonne schwimmt,
Es leuchten die lieben Veilchen ...
Und wer mir diesen Gedanken nimmt,
Zahlt fünfzig Pfennig pro Zeilchen.
Wie Bargeld lacht das ganze All,
Es zwitschern die Vöglein im Hage
Und herrlich schlägt die Nachtigall
Auf unbefugte Verlage.
Die Kräfte vereint! Das macht uns stark
Und führt uns sicher zum Ruhme;
Ein Reichsbankschein auf hundert Mark
Ist unsere blaue Blume.
Und wenn mein Auge erloschen ist,
Dann sei mir das Grabmal errichtet:
„Hier ruht ein lyrischer Kartellist,
Er hat nicht umsonst gedichtet!“
Aus den Theaterbureaux.
Die Witwe Friedrich Hebbels, die ehemalige
Hofburgschauspielerin Christine Hebbel, geb. Enge¬
hausen, die vordem auch zu den hervorragendsten Kräften
des Hamburger Stadt=Theaters gehörte, hat aus Wien unter
dem 18. März das nachstehende Schreiben an die Direktion
Bittong=Bachur gerichtet: „Große Freude über den bevor¬
stehenden Hebbel=Cpklus! Ja. das alte Stadt=Theater be¬