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Grillparzer-Preis
hause deutlich genug die Aufgaben eines Preisrichter¬
Der Grillparzer-Preis.
kollegiums besprochen. Er erklärte damals, daß es¬
Zum drittenmal ist Gerhard Hauptmann, dem her¬
Pflicht der Richter sei, nicht nach dem Namen, Stand
vorragenden Dramatiker, der Grillparzer-Preis zuer¬
des Auszuzeichnenden, nicht nach seiner Abstammung
kannt worden. Dieser Beschluß des Preisrichterkolle¬
und nach tendenziösen Aeußerlichkeiten zu fragen, son¬
giums hat naturgemäß wie jede derartige Enunziation
dern nur das ästhetische Wissen zu Worte kommen zu
in literarischen Kreisen Deutschlands und Oesterreichs
lassen., Das ist zweifellos im Falle Gerhart Hauptmann
zur lebhaften Besprechung Anlaß gegeben und wie ent¬
geschehen, nur daß die Stimme des ästhetischen Ge¬
fernt auch diese Urteile sowohl in Hinblick auf die
wissens nicht im Einklange ist mit dem Votum einer
Zusammenstellung des Preisgerichtes wie auf die Per¬
großen literarischen Mehrheit, die von Beyerlein
son des Dichters vom Tone einer kaltherzigen oder gar
und Halbe spricht, auch von Sudermann und Schönherr
abfälligen Kritik sind, so finden sich doch in der Erör¬
und in deren Reihen wohl auch ab und zu der Name
terung manche Momente, die auch öffentlich zu be¬
Artur Schnitzler vernommen wird. Nicht also, daß der
sprechen sind.
Reichsdentsche ausgezeichnet wurde und nicht durch¬
Der Umstand freilich, daß das über einen aus
wegs, daß er zum drittenmale ausgezeichnet wurde,
österreichischer Quelle entstammenden Preis entscheidende
werden Stimmen der Kritik laut, aber man nennt laut
Kollegium diesen abermals einem reichsdeutschen Dichter
und eindringlich andere Namen und endlich spricht
zuerkannte, bietet zur Kritik schon deshalb keine Hand¬
man auch davon, daß, wenn es schon bestimmt war,
habe, weil eine in diesem Sinne ausgesprochene Bemer¬
daß Hauptmann, dessen leidenschaftlicher Anwalt
kung oder gar ein Vorwurf an und für sich gewiß nicht
Direktor Schlenther ist, den Preis erhielt, ihm doch
in den Intentionen des großen Dichters gelegen wäre, der
dieser wegen der „Rose Berndt“ und nicht des „Armen
letztwillig diesen Preis geschaffen hat und ihn nicht
Heinrich“ hätte zuerkannt werden müssen.
nur mit einem Kapital fundierte, sondern auch bestimmte,
Aber „Rose Berndt“ ist ja bekanntlich für nicht
daß die für seine Werke zu zahlenden Tantiemen dem
hoffähig erklärt worden!
Stiftsfonde zufließen sollen.
Der Dichter, der Tränen der Ehrfurcht und Er¬
schütterung weinte, als er bei Goethe zu Gaste saß,
der mit demütigem Stolze bekennt, er halte sich, die
große Distanz anerkennend, für den nächsten nach Schiller
und der, selbst wenn ihn süddeutsches Trotzgefühl über¬
kam und er spitz und nergelnd wurde, keinen Augen¬
blick lang aufhörte, sich als einen Teil des lebendigen
gesamtdeutschen Organismus zu fühlen, hätte gewiß
und heftig, wie es zuweilen seine Art war, gegen die
Aufstellung literarischer Grenzschranken zwischen
Deutschland und Oesterreich Einsprache erhoben. Von
diesem Gesichtspunkte aus also ist, akademisch be¬
trachtet, gegen die abermalige Zuerkennung des Grill¬
parzer-Preises an Gerhart Hauptmann kein Wort zu
verlieren. Und wenn gerade ein Berliner Blatt trotz¬
dem bemerkt hat, es halte die Zuerkennung des 5000-
Kronenpreises an Gerhart Hauptmanns auch in der Er¬
wägung für nicht berechtigt, daß dieser österreichische
Literaturpreis einem deutschen Dichter zum drittenmale
verliehen wurde, dem die vaterländische Ehrung des
Schiller-Preises nicht zugebilligt worden ist und auch
für solche Werke nicht, die eine solche Ehrung ver¬
dient hätten, so ist dieses Hervorheben von dem öster¬
reichischen Preise und dem deutschen Dichter eine gut¬
gemeinte Galanterie, die man aber um dieser aufge¬
stellten Antithese willen hier im Lande nicht unbedingt
zu akzeptieren braucht. Aber doch ist etwas gesagt,
was zum Nachdenken Anlaß gibt.
Gerhart Hauptmann hat dreimal den Grillparzer¬
Preis und nicht ein einzigesmal den Schillerpreis er¬
halten. Das geht nun gewiß die Preisrichter, die den
ersteren zuerkannten, nichts an und einer ihrer Stimm¬
führer, der Unterrichtsminister Dr. Hartel hat gelegent¬
lich einer Interpellationsbeantwortung im Abgeordneten¬
Grillparzer-Preis
hause deutlich genug die Aufgaben eines Preisrichter¬
Der Grillparzer-Preis.
kollegiums besprochen. Er erklärte damals, daß es¬
Zum drittenmal ist Gerhard Hauptmann, dem her¬
Pflicht der Richter sei, nicht nach dem Namen, Stand
vorragenden Dramatiker, der Grillparzer-Preis zuer¬
des Auszuzeichnenden, nicht nach seiner Abstammung
kannt worden. Dieser Beschluß des Preisrichterkolle¬
und nach tendenziösen Aeußerlichkeiten zu fragen, son¬
giums hat naturgemäß wie jede derartige Enunziation
dern nur das ästhetische Wissen zu Worte kommen zu
in literarischen Kreisen Deutschlands und Oesterreichs
lassen., Das ist zweifellos im Falle Gerhart Hauptmann
zur lebhaften Besprechung Anlaß gegeben und wie ent¬
geschehen, nur daß die Stimme des ästhetischen Ge¬
fernt auch diese Urteile sowohl in Hinblick auf die
wissens nicht im Einklange ist mit dem Votum einer
Zusammenstellung des Preisgerichtes wie auf die Per¬
großen literarischen Mehrheit, die von Beyerlein
son des Dichters vom Tone einer kaltherzigen oder gar
und Halbe spricht, auch von Sudermann und Schönherr
abfälligen Kritik sind, so finden sich doch in der Erör¬
und in deren Reihen wohl auch ab und zu der Name
terung manche Momente, die auch öffentlich zu be¬
Artur Schnitzler vernommen wird. Nicht also, daß der
sprechen sind.
Reichsdentsche ausgezeichnet wurde und nicht durch¬
Der Umstand freilich, daß das über einen aus
wegs, daß er zum drittenmale ausgezeichnet wurde,
österreichischer Quelle entstammenden Preis entscheidende
werden Stimmen der Kritik laut, aber man nennt laut
Kollegium diesen abermals einem reichsdeutschen Dichter
und eindringlich andere Namen und endlich spricht
zuerkannte, bietet zur Kritik schon deshalb keine Hand¬
man auch davon, daß, wenn es schon bestimmt war,
habe, weil eine in diesem Sinne ausgesprochene Bemer¬
daß Hauptmann, dessen leidenschaftlicher Anwalt
kung oder gar ein Vorwurf an und für sich gewiß nicht
Direktor Schlenther ist, den Preis erhielt, ihm doch
in den Intentionen des großen Dichters gelegen wäre, der
dieser wegen der „Rose Berndt“ und nicht des „Armen
letztwillig diesen Preis geschaffen hat und ihn nicht
Heinrich“ hätte zuerkannt werden müssen.
nur mit einem Kapital fundierte, sondern auch bestimmte,
Aber „Rose Berndt“ ist ja bekanntlich für nicht
daß die für seine Werke zu zahlenden Tantiemen dem
hoffähig erklärt worden!
Stiftsfonde zufließen sollen.
Der Dichter, der Tränen der Ehrfurcht und Er¬
schütterung weinte, als er bei Goethe zu Gaste saß,
der mit demütigem Stolze bekennt, er halte sich, die
große Distanz anerkennend, für den nächsten nach Schiller
und der, selbst wenn ihn süddeutsches Trotzgefühl über¬
kam und er spitz und nergelnd wurde, keinen Augen¬
blick lang aufhörte, sich als einen Teil des lebendigen
gesamtdeutschen Organismus zu fühlen, hätte gewiß
und heftig, wie es zuweilen seine Art war, gegen die
Aufstellung literarischer Grenzschranken zwischen
Deutschland und Oesterreich Einsprache erhoben. Von
diesem Gesichtspunkte aus also ist, akademisch be¬
trachtet, gegen die abermalige Zuerkennung des Grill¬
parzer-Preises an Gerhart Hauptmann kein Wort zu
verlieren. Und wenn gerade ein Berliner Blatt trotz¬
dem bemerkt hat, es halte die Zuerkennung des 5000-
Kronenpreises an Gerhart Hauptmanns auch in der Er¬
wägung für nicht berechtigt, daß dieser österreichische
Literaturpreis einem deutschen Dichter zum drittenmale
verliehen wurde, dem die vaterländische Ehrung des
Schiller-Preises nicht zugebilligt worden ist und auch
für solche Werke nicht, die eine solche Ehrung ver¬
dient hätten, so ist dieses Hervorheben von dem öster¬
reichischen Preise und dem deutschen Dichter eine gut¬
gemeinte Galanterie, die man aber um dieser aufge¬
stellten Antithese willen hier im Lande nicht unbedingt
zu akzeptieren braucht. Aber doch ist etwas gesagt,
was zum Nachdenken Anlaß gibt.
Gerhart Hauptmann hat dreimal den Grillparzer¬
Preis und nicht ein einzigesmal den Schillerpreis er¬
halten. Das geht nun gewiß die Preisrichter, die den
ersteren zuerkannten, nichts an und einer ihrer Stimm¬
führer, der Unterrichtsminister Dr. Hartel hat gelegent¬
lich einer Interpellationsbeantwortung im Abgeordneten¬