VII, Verschiedenes 6, Grillparzer Preis, Seite 12

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Grillparzer-Preis
Tehrs
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mit dem vornehmsten Dichterpreise, den unsere Heimat zu patriotisch obendrein, endlich patriotisch. De
Von Grillparzer zu Schnitzler, verleihen hat, heute wird uns das als ganz erhielten den Grillparzer=Preis Ausländer, Der
natürlich und befriedigend vorgesetzt. Es lebe der den nordischen Siedelungen der Nation, W
Es ist ein weiter Weg von Grillparzer zu Artur Umschwung! In seiner ganzen literarischen Tätigkeit, Hartleben, Hauptmann, jetzt aber ist er endlich
Schnitzler, abwärts, unaufhaltsam abwärts von parnassischen in seinem ganzen Leben hat Grillparzer, in dessen Geist Oesterreicher gekommen, an Schnitzler, den S
Höhen zu sumpfigen Niederungen, aber wir haben ihn und aus dessen Mitteln die Preisstiftung erfolgt ist, keine
eingewanderten ungarischen Juden, der zufällt
rasch, unheimlich rasch zurückgelegt. Und heute ist uns —
— Zeile lasziven Inhaltes veröffentlicht oder auch nur nieder¬
geboren wurde. Oder noch besser gesagt: ein Iu
so wollen es wenigstens viele glauben machen — Grill¬
geschrieben, ihm erstrahlte die Dichtung in makelloser Rein¬
Grillvarzer=Preis bekommen und nun ist die An
parzer, von dem wir ausgingen, so fern gerückt, daß man heit — seinen Preis erhält Schnitzler, der Pornograph,
endlich auf dem richtigen Wege. Das ist d
ihn ungestraft und selbstverständlich mit Artur Schnitzler in der die schlecht parfümierten Kanapeegeschichten und Sexual¬
der wertvollste Umschwung. Denn nach Schnitzl
eine Gesichtslinie stellen darf. Nichts anderes als dies haben
anetdoten seines „Reigen“ aus ersichtlicher Lust am Ge¬
schon die Dörmänner, die Hirschfelde, Lothare und
diejenigen getan, die Sichnitzler kürzlich für sein „Zwischenspiel“
meinen verfaßte, dessen Muse sich aus dem Champagnerrausch
die Auernheimer da, die, nachdem sie die Bauern
den Grillparzer=Preis verliehen. Wer hätte in diesem Vorgange liederlicher Chambre separée=Stimmungen ihre Anregungen
gründlich abgegrast haben, nunmehr auf den
sich der Empfindung verschließen können, daß hier eine
holte. Vivat der Umschwung! Grillparzer hat einmal in
Preis angewiesen sind. Der Umschwung wird
schneidende Inkongruenz, ein scharfer Widerspruch vorliege?
Rom, wo er im Gefolge des Kaisers Franz weilte, begeistert
schon geben und zu guter Letzt noch auf den #
Daß der Geisteskreis von Grillparzers Welt mit jenem der
von der Erhabenheit der Antike ein Gedicht geschrieben,
kommen.
Schnitzlerschen nicht einmal einen tangentialen Berührungs¬
„Die Ruinen von Campo Vaccino“, das durch ein unglaub¬
„Lump, werd' ein Jud' und rezensiere“, m
punkt hat? Daß diese Prämiierung gegen Gerechtigkeit,
liches Mißverstehen so gedeutet wurde, als richtete es sich
parzer, der zähe altösterreichische Antisemit, des
Geschmack und Sinn für natürliche Tradition und Ent¬
gegen die christliche Religion. Obwohl jedermann sich von
echte „Jüdin von Toledo“ keinen Zweifel aufko
wicklung gewalttätig verstoße? Aber es sollte noch schöner der Unrichtigkeit dieses Verdachtes aus dem Wortlaute und
über die Verachtung, die er der typischen Gesinnung
der Verteidigung des Dichters überzeugen konnte, haftete
des Judentumes entgegenbrachte. Und da Ha
leniene Schnaht Aine mnrtente Seseitan .
ihm der grundlose Vorwurf immerwährend hemmend und
heimer, den die Spalten der „Neuen Freis
eignet, die literarische Gegenwart Wiens zu beleidigen und
schädigend an und Kaiser Franz sagte von Grillparzer:
eines schönen Tages als Literaten geboren, den
seine Vergangenheit herabzusetzen, nicht dies hörten wir
„Ja, wenn er nur die Geschichte mit dem Papste nicht
nicht mehr hinunterrezensieren kann, wie es weila
über das unbegreifliche Urteil des Fünfrichterkollegiums,
gehabt hätte.“ Das war gewiß traurig und die ganze Ge¬
Saphir tat, so rezensiert er seinen Standesbruder
sondern das Gegenteil: Stolz und Genugtuung sollen wir
sellschaft, die damalige wie die heutige, bedauert es, daß
eben zur Höhe Grillparzers hinauf. Für den Dr
darüber empfinden, daß der Grillparzer=Preis diesmal im
kleinlicher Sinn und Vorurteil dem Dichter Leben und
Auernheimer, der vom Mutterschoße der „Neu
Lande geblieben sei, daß ihn Schnitzler, ein Oesterreicher,
Schaffen verbitterten. Aber wie herrlich weit hat es unser
Presse“ aus jene wirksamen Schlafmittel versen
erhalten hat. Denn das ist das Zeichen eines großen
Oesterreich seither gebracht! Herrn Schnitzler hat es nicht
Lustspiele nennt, hat der Hauptmannsch
Umschwunges, der sich vollzogen hat, und diesen „Um¬
geschadet, daß er sich durch seine obszönen Publikationen
Naturalismus durch Schnitzler erst seinen n
schwung“ setzt uns Herr Raoul Auernheimer in einem Sonn¬
vor allen anständigen Leuten kompromittiert und prosti¬
Schliff erhalten. „Nach Bauernfeld ist Schnitzle
tagsfeuilleton der „Neuen Freien Presse“ mit Begeisterung tuiert hat; es hat für ihn keine Folgen gehabt, daß er
deutsche Schriftsteller und unter den Modernen#
in seinem „Leutnant Gustl“ die eigene jüdisch=geschäfts¬
an dem Falle Schnitzler auseinander.
in dessen Werken eine wirkliche Gesellschaft ver
mäßige Gesinnung einem auf Ehrbegrissen aufgebauten
Jawohl: der„Umschwung, an den müssen wir wohl
bloß transponierte, die auf eine sehr primitiv#
glauben, er ist eingetreten und mit Entsetzen nehmen wir Stand aufhalste, und für diese schimpfliche Verletzung der
steht, wenn man die Vicomtes und Duchessen des fr
Standesehre insam kassiert wurde. Beileibe nein, denn
seine Signale wahr. Woran zur Zeit Grillparzers niemand
hätte zu denken gewagt, was noch vor etlichen Jahren un= wir haben ja den Umschwung! Wir sind ja liberal Sittenstückes in billiges Berliner Deutsch überset
möglich gewesen wäre, die Auszeichnung eines Schnitzler geworden in Oesterreich, unsäglich, grenzenlos liberal. Und man kennt sie, die Gesellschaft der Schnitzlersch