VII, Verschiedenes 6, Grillparzer Preis, Seite 45

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Grillnarzer-Preis
Telephon 12801.

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Wien, I., Concordiaplatz 4.

Vertretungen
0 in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
0) Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewühr.)
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Ausschnitt aus: REICHSPOST, WIEN
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E vom:
Die Urteilsfähigen.
Zum Grillparzerpreis für den Reigen¬
Schnitzler.
Herr Artur Schnißler, ein gutsituierter Doktor
der Medizin, der die heilsame Betätigung des Arztes
den Kranken zuliebe mit der die körperliche Gesundheit
mindergefährdenden des Schriftstellers vertauschte, hat den
Geillparzervreis bekommen. Wie das zu beurteilen ist,
von den Unbeeinflußten, Unabhängigen zu beurteilen, das
wurde bereits gestern in unserem Blatte erwogen. Wie
gesagt: Wir wollen heute nicht daran erinnert sein, daß,
wenn Herr Schnitzler genannt wird, die Lebemänner
lächeln und die Winkelantiquare mit schmatzenden
Lippen den Profit berechnen, den ihnen neben der Kaviar¬
und der Pikantissimabibliothek der „Reigen“ eingebracht:
hat. Wir wollen nicht darauf verweisen, daß neben dem
unsäglich läppischen „Leutnant Gustl“ und der „Frau
Berta Gertan“, die in Krems lebt und in Wien liebt,
eben der „Reigen“ als das charakteristische Werk des
Herrn Artur Schnitzler gilt und daß Herr Jakob
Minor, Herr Schlenther und Herr Burck¬
hard für die breiteste Oeffentlichkeit den Autor einer
dem Budapester Orpheum zu stark gewesenen Schweinerei
dem deutschen Volke als gekrönten Dichter vorstellten.
Es sei nur angehört, was Herr Schnitzler heute selbst
über
jenes Stück, „Zwischenspiel“ geheißen, sagt,
das
das
Preisrichterkollegium zum Vorwand
seiner Auszeichnung nahm: „Eigentlich,“ sagt Herr
Artur Shnitzler, „gehört Zwischenspiel nicht
zu den Sachen, die mir innerlich nahe¬
stehen. ... es ist mit ihm so, daß von ihm kein
Weg ins große Leben führt, zu anderen
ndie großen Bezie¬
Menschen. Es feh
hungen zu einem Allgemeinen und deshalb wohl kann
es mich nicht befriedigen.“ Nun, was Herrn
Artur Schnitzler selbst, der schon seiner Ab¬
stammung nach keiner von den Bescheidenen war, z
schlecht ist, ist für den großen Germanisten Jakob
Minor gut genug. Mögen er und seine Richter¬
kollegen, von denen namentlich Herr Max Burckhard
alles Zeug dazu hat, in einer Neuauflage des „Reigen“
als Buhler um jüdische Gunst und blamierte Kunstfreunde
ihren Platz finden!
Telephon 12801.
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hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
*
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
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(Quellenapgabe ohne Gewibr
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E vom 7 2
Kunst und Wissenschaft.
Der Grillparzerpreis sollte diesmal einem unkontrollierbarem
Gerüchte zufolge Ernst v. Wildenbruch für seine „Raben¬
steinerin“ zufallen, doch hat sich das Preisgericht löblicher Weise nicht
für diese gutgemeinte Tragödie entschieden, sondern Arthur
Schnitzler gekrönt, der zweifellos schon lange eines literarischen
Preises=würdig war. Ob freilich gerade Schnitzlers „Zwischen¬
PPi
“die auf den Namen des größten österreichischen Dichters
lautende Ehxenprämie verdient hat, mag dahingestellt bleiben. Die
von den KFrauen Wiens“ unter ideellem Vorsitz von Iduna Laube und
Christiné Hebbel geschaffene Stistung soll alle 3 Jahre „für das relativ

beste deutsche dramatische Werk“ während dieses letzten Trienniums
vergeben werden, Das Ziel ist eine Hebung der Produktion; als Be¬
dingung gilt. daß das zu ehrende Stück „an einer namhaften deutschen
Bühne“ gespielt und nicht schon von anderer Seite mit einem Preis
bedacht wurde. Bisher ist die Geschichke der Prämjierungen die fol¬
gende: 1875 Wilbrandt („Gracchus“), 1884 Wildenbruch („Harold“),
1887 Anzengruber („Heimg'funden“), 1890 Wilbrandt („Meister von
Palmyra“), 1896 Hauptmann („Hannele"), 1899 Hauptmann („Fuhr¬
mann Henschel"), 1902 Hartleben („Rosenmontag“), 1905 Hauptmann
(„Armer Heinrich“). — Ueber die Einzelheiten der dismaligen Preis¬
verteilung wird der „Voss. Z.“ aus Wien noch folgendes geschrieben:
Als in der Sitzung des Preisrichterkollegiums offenbar wurde, daß
Wildenbruch die Mehrheit nicht erlangen werde, schlug Direktor Dr.
Schlenther die Verleihung des Preises an Schönherr für
dessen Schauspiel „Familie“ vor. Als auch dieser Vorschlag auf Geg¬
nerschaft stieß, stellte der Vorsitzende des Kollegiums Professor
Minor den Antrag, den Preis Schnitzler zu verleihen. Darauf
einigten sich schließlich alle Preisrichter. Schnitzlers „Zwischenspiel“
ist zum ersten Male am 12. Oktober 1905, zuletzt am 6. September
1907 und im ganzen 17 Male im Burgtheater aufgeführt worden. Es
standen diesmal nicht weniger als 94 Bühnenwerke in der Wahl.
Der Preis beträgt 5000 Kronen.