VII, Verschiedenes 6, Grillparzer Preis, Seite 53

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Grillbarzer-Preis
Telephon 12801.
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□ l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
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Wien, I., Concordiaplatz 4.
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0 in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genk, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Sterkholm, St. Petersburg.
(Guclienangabe ohne Gewährs
5 Ausschnitt aus:
REICHSPOST, WIEN
19
1. 1908
E vom:
Streiflichter.
Der niedergemetzelte Geschmack.
Der künstlerische Triumph eines
modernen Preß=und Götterlieblings.
Signor Gabriele d'Annunzio gilt bei der frei¬
sinnigen Presse als fast ebenso begabt wie bei Herrn
Jakob Minor Herr Artur Schu# Denn
schrieb dieser den „Reigen“ der Wiener Germanisten
betört, so hat jener mit seiner „Lust“ den Exzeß des
Wollüstlings zum Olymp erhoben. Und das ist ein Ver¬
dienst, das eine Presse nicht hoch genug anschlagen darf,
die Herrn Hermann Bahrs Glauben „die Welt werde
nicht eher ruhen, als bis die Lust ihr höchstes Gesetz
sei“, nicht nur teilt, sondern in die Praxis zu
befördern befliessen ist. Signor d'Annunzio hat
nun aus dem
Gemisch seiner romanisch=semitischen
neues
Instinkte ein
das
Drama geformt,
er „Das Schiff“ nannte und das im Theater Argentino
in Rom eben ein hausgroßes Leck erlitt, obwohl es saftig
antiösterreichisch ist und die Adria als „mare
nostro“ für Italien beansprucht. Den Inhalt dieses
untergegangenen Bühnenseglers gibt das „Berl. Tagebl.“
kurz und bündig an:
Fünf Personen geblendet (davon vier zudem der Zunge
beraubt).
Acht Personen vor den Augen des Publikums durch eine
rothaarige und stark dekolletierte junge Dame mit Pfeilen
erlegt.
Eine Person beinahe erschossen.
Eine Person beinahe geblendet.
Eine Person beinahe gekreuzigt.
Ein Brudermord auf offener Szene.
Ein Selbstmord.
Ein toter Bischof; der Leichnam wird in stehender Stellung
auf die Bühne geschleppt.
Ein Henker, der in einem Altarfeuer seine Instrumente
glübend macht.
Dazu kommen: Eine nackte Haupthetäre und
Tänzerin, sieben nackte Nebenhetären und Tänzerinnen,
die den sogenannten heiteren Teil dieses Dramas besorgen.
Welche Metzelei, um aus dem guten Geschmack eine —
Blutwurst zu machen!
Telephon 12801.
2 Modael
TTSnn

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hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.

(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
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REICHSPOST, WIEN
# vom
„Der talentlose Verbrecher.
Daß die Judenpresse sich häufig wie eine Verbrecher¬
schule gibt, wurde schon oft gesagt und durch Belege er¬
wiesen. Der Abschluß des Prozesses gegen die Attentäter
ic Automobil, gegen das Verbrecherduo Hertzka und
Prosch gab den jüdischen Blättern, neuerlich Gelegenheit,
ihre geistige Richtung darzutun. Sie bedauern nicht etwa
das Opfer der frechen Verbrecher, sondern
den
„zum Verbrecher
gewordenen Philosophen“.
den
„großen Dichter“ Hertzka, der es leider noch nichtl#
zu einem Grillparzerpreis gebracht hat, wie
sein“ glücklicherer Stammesgenosse
Den
Rekord schlägt aber diesmal die „Arbeiuerzig.“, die in
ihrem abschließenden Kommentar zum Prozeß dem einen
der Verbrecher, dem Goj Prosch, eine scharfe Rüge erteilt,
daß er ein so geringes Verbrechertalent an den Tag
gelegt und das von Hertzka in ihn gesetzte Vertrauen
durchaus nicht gerechtfertigt habe. Das Fachorgan der
Platten schreibt:
Herzlich dumm war der Plan der zwei Leute, die sich für
übergescheit gehalten haben. Sie verübten eine Bluttat, die zwei
Menschen hätte das Leben kosten können aber die grausige
Tat war derart, daß sie ihnen den erhofften Gewinn nicht bringen
konnte. Keiner von ihnen konnte ein Automobil lenken (Wie
schade!) und abgesehen davon war der Glaube das Fahrzeug
in einem fremden Ort ohneweiters verkaufen zu können, eine
Utopie. Sie hatten die Kaltblütigkeit, die dazu gehört, einem
anderen Menschen mit Waffen ans Leben zu gehen, aber dem
einen von ihnen, dem Prosch, fehlte die
Selbstbeberrschung, die der Verbrecher
nd
braucht
hm das Schweigen
möglicht. Er redete vor der Tat so viel von einem Auto¬
mobil, daß er sofort nach der Entdeckung des Verbrechens dem
Bruder seiner Geliebten als der Täter erschien, und er konnte
sein Geheimnis vor seiner Geliebten nicht verbergen, die es in
dem Moment, da die Spur auf ihn gelenkt war, preisgeben
mußte.
Ein ganz talentloser, unfähiger Mensch, dieser
Prosch! Verbrecher, geht ihm aus dem Wege, schließt
kein Kompaniegeschäft mit ihm ab, sonst gehts schief.
Fachmännische Auskünfte erteilt gratis die „Arbeiter¬
zeitung“.