VII, Verschiedenes 7, Raimund Preis Burgtheaterrring, Seite 2

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Rainund-Preis and Burgtheaterrinz
griffen und es stellte sich heraus, daß er der
dolf Holzer je 2000 Kronen zuerkannt, diesem
Die Zuerkennung des
Franzosenkaiser, den er als den Erniedrige
für das Stück „Mütter“, jenem für die Historie
Deutschlands haßte, ermorden wollte. Napoleon
Raimund=Preises—einfrecher
„Der junge Ardardus“
gedachte ihn zu begnadigen, doch Staps erklärte
Rudolf Holzer, ein Redakteur der „Wiener
Hohn auf den deutschen
daß er nicht eher ruhen würde, bis sein Vorsa
Zeitung“, ist Arier, was aber nicht viel bedeutet,
ausgeführt wäre. Dieser edle, nur von seinen
da ja sein Zusammenhang mit dem Judentum,
#Kunstsinn.
Ja
Fanatismus irregeleitete Jüngting wurde vor
abgesehen von seiner Verheiratung mit einer
— Um die dichterischen Kräfte wieder in den
Schnitzler in einen Wiener Buchhändlersoh
Jüdin, schon durch seine Zugehörigkeit zur „Con¬
Dienst der Volksbühne zu stellen, wurde nach
namens Medardus Klähr verwandelt. Bei diese
cordia“ offenkundig ist. Wäre dies anders, so
der Gründung des Wiener Raimund=Theaters
Metamorphose ging die Reinheit des Urbilde
wäre er wohl leer ausgegangen wie ein anderer
eine Preisstiftung ins Leben gerufen, aus deren
verloren. Medardus wird durch Schnitzlers Dra
Christ, der in Betracht kam, sich aber mit einer
Zinsen die besten der dort aufgeführten Stücke
matik mit einer französischen Prinzessin, die m
„ehrenvollen Erwähnung“ begnügen mußte. Daß
durch Preise ausgezeichnet werden sollten. Das
ihrem Vater, einem Gegner Napoleons, in Wie
der literarische Wert der Stücke ganz nebensäch¬
Kapital widmete Herr Alfred Strasser, ein Jude,
lebt, verkuppelt (den Kuppelpreis zahlt das Ho
lich war, erhellt daraus, daß ein so elendes
dem man jedoch nachsagte, daß er aufrichtig die
burgtheater); Klährs Schwester wird von den
Machwerk wie „Der junge Medardus“ von
künstlerischen Absichten des damaligen Direktors
Bruder dieser hohen Dame unter dem Verspre
Schnitzler preisgekrönt wurde. Aber Schnitzler
Adam Müller=Guttenbrunn fördern wollte. Der
chen, der Heirat verführt; weil dieser aber sein
ist Jude. Nun — „der Medardus“ wird doch
Stiftbrief enthielt auch die Bestimmung, daß die
Zusage nicht erfüllen kann, geht das Paar frei
im Burgtheater gespielt? Leider ist die jüdische
Stiftung, wenn das Raimund=Theater seinem ur¬
willig in den Tod. Medardus sinnt schon lang
Lüsternheit hofburgtheaterfähig geworden! Ja,
sprünglichen Zwecke entzogen wäre, in die Ver¬
schreckliche Rache. Sein Vater hatte sich, da e
sind denn von den fünf Preisrichtern nicht doch
waltung der Akademie der Wissenschaft überzu¬
wegen der Franzosen vier Jahre vorher in de
zwei, die als Christen gelten? Eher würde noch
gehen hätte. Dieser Fall ist nun tatsächlich ein¬
Bürgerwehr Dienst tat, eine Erkältung zugezogel
ein Jude gegen fünf Schnitzler stimmen, als Herr
getreten, da das Raimund=Theater keine neuen
und war gestorben. Das soll jetzt Napoleo
Reg.=R. Glossy und Herr Cavar — der wird
Volksstücke mehr aufführt, sondern die Operette
büßen, obschon der gar nichts dafür kann. Me
sichs doch nicht mit der „Concordia“ verderben!
pflegt. Was aber geschah? Der jüdische Jour¬
dardus will auch die Prinzessin bloßstellen, gerc
Aber die Preisrichter haben ja ihre Entscheidung
nalistenverein „Concordia“, der sich durch die
aber in das von Schnitzler ihr zur Verfügung
begründet; sie haben den „Medardus“ als „ein
Bestimmung bedroht sah, weil die Akademie
gestellte Liebesnetz, geht dann nach Schönbrunn
Werk“ erkannt, in dem sich „schöpferische Phan¬
der Wissenschaften vielleicht bei der Neuordnung
um Napoleon zu erdolchen, tötet aber, ehe
tasie durch eigentümliche Empfindung betätigt
der Stiftung nicht ausschließlich ihre Wünsche
dazu kommt, seine ihm gerade entgegenkommend
und das sich durch nicht alltägliche Behandlung
berücksichtigt hätte, setzte sich mit Herrn Strasser
Prinzessin, von der das Gerücht erzählt, daß si
der Sprache auszeichnet“? Die Preisrichter haben
ins Einvernehmen und erwirkte bei der k. k. n.=ö.
inzwischen Napoleons Maitresse geworden se
das Stück vielleicht einmal im Burgtheater ge¬
Statthalterei eine Anderung des Stiftbriefes.
Ist das nicht schön? Ifi das nicht genial erfum
sehen und die Ausstattung bewundert — ob sie
Welchen Sinn diese Anderung hatte, zeigte sich
den? Und da ist man immer gegen die Fün
es aber auch gelesen haben? Wir bezweifeln das
bei der vor kurzem vollzogenen Preisverleihung.
kreuzerbücheln als Schundlektüre losgezogen, di
sehr. Oder wollten sie durch ihre Begründung
Das Preisgericht, bestehend aus den Herren
doch ebenso phantasievoll und auch so saube
gerade das verdecken, was die Preiswürdigkeit
Alfred Cavar (Direktor des Raimund=Theaters),
waren.
auch dem oberflächlichen Kunstverständnis in
A. Strasser (Vertreter des Raimund=Theaterver¬
Aber Schnitzler schrieb ja eine Historie -
Frage zu stellen schien? Wie ist denn nur die
eines), Dr. A. Bettelheim (Vertreter des Zweiges
ein Stück Weltgeschichte! Schnißzlersche Geschicht
schöpferische Phantasie Schnitzlers beschaffen?
Wien der Schillerstiftung), Reg.=Rat Dr. Karl
auffassung: Wo steckt die Dirne? (SCherchez
Als Napoleon das zweite Mal in Schönbrunn
Glossy (Vertreter der Grillparzer=Gesellschaft)
femme!*) Und seine Phantasie betätigt sich durc
weilte (1809), wurde eines Tages. Friedrich Staps,
und Reg.=Rat I. Winternitz (Vertreter der
eigentümliche Empfindung. Medardus Klähr
der aus Erfurt zugereiste, 17jährige Sohn eines
„Concordia*), also 3 Juden und 2 Liberale, hat
nichts anderes als ein frühreifer und durch seinn
Naumburger Predigers, im Schloßhofe aufge¬
den Schriftstellern Artur Schnißler und Ru¬
galanten Studentenabenteuer auch schon schla
gewordener jüdischer Lebejüngling, aber keck un
kümmerte die Firma nicht.“ — In einer Ver¬
Fuchs, Silberstein, Weyl, Jadek, Manasse, Cohen,
unverschämt, wie es eben nur ein Jude sein kann
sammlung, wo man die Wohnungsfrage der Ar¬
Hirsch, Wollheim, Friedländer, Mayer, Koblenzer,
Am Ende stand Herrn Schnitzler bei dieser Figu
beiter beriet, hat, wie die „Halle'sche Zeitung“
Davidsohn, Katzenstein usw. In Österreich;
ein aus Budapest zugewanderter Stammesgenosst
seinerzeit berichtete, Singer zu seiner Umgebung
Dr. Adler, Karpeles, Abraham, Austerlitz, Dia¬
Modell, der ebenso durch seine Dreistigkeit wi
gesagt: „Es fällt mir nicht ein, dem Arbeiter
mant, Ellenbogen, Feldmann, Fränkel, Fried,
seine Unwissenheit bekannt geworden ist und
eine besondere Wurst zu braten. Denn wenn er
Hirsch, Morgenstern, Rubinstein, Rosenzweig,
nun auch schon zum Burgtheaterdichter gebrach
eine bessere Wohnung hat, so ist er zufrieden;
Schacherl, Schlesinger, Stern Schnitzler, Spiel¬
und wenn er zufrieden ist, so ist er für unsere
hat.
mann usw.
Medardus hat mit dem Bräutigam de
Zwecke nicht zu haben.“
Um die Arbeiterführer hat es überhaupt
Prinzessin ein Duell ausgefochten und wurd
In welcher Weise die Juden „parlamen¬
eine eigene Bewandtnis. Um den 130 sozialde¬
nah dem Herzen verwundet. Die Prinzessin sende
tarische Arbeit“ leisten können, das kennzeichnete
mokratischen Abgeordneten, die seit 1867 im
ihre Kammerjungfer zu Medardus mit Blumen
die sozialdemokratische „Leipziger Volks¬
Reichstage gesessen haben, sind nur 16 wirkliche
Da entwickelt sich zwischen ihm und der Boti#
zeitung“ mit folgenden Worten: „Dazu gehört
Arbeiter anzutreffen. Als eigentlicher Leiter aber,
ein sonderbarer Dialog. Er: Bestellen Sie de
in erster Linie eine Portion Frechheit. Unserm
in dessen Händen selbst Bebel nur eine Draht¬
Prinzessin, daß ich ihr meinen Dank persönlich
Freunde Goldstein fehlt es an dieser guten Gabe
puppe war, galt der kürzlich verstorbene jüdische
Sie: Sie sind j
zu Füßen legen werde!
Gottes nicht, er wird diesen Politikern mit der
Millionär und ehemalige Mäntelfabrikant Paul
Er: Ich will Ihrem gnädigen Fräulein
toll!
nötigen Ruppigkeit derbe Wahrheiten zu sagen,
Singer. Der Geschäftsbetrieb dieses Herrn wurde
wissen.“ Das deutsche Volk, das seine Vorzüge ins zum Dank die Hand küssen, und zwar noch
seinerzeit durch ein Gerichtsurteil folgendermaßen