VII, Verschiedenes 11, 1902–1906, Seite 2

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1. Miscellaneons
Telephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Nr. 48
„OBSERVER‘
erf. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, IX/1, Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Flgyelö“-
retungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
sschnitt aus:
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m.7 2
let Vertehmsheien
h. Hie vernhmtesten Dichter. Homer, Arthur Schnitzler,
Shakespeare, Bernhard Buchbinder, Dante, Landesberg,
Goethe, Felix Dörmann.
Bezugs-Bedingungen:
50 Zeitungsansschnitte (Artikel oder Notizen) Kr. 15.—
28.—] inelusire

Porto.
100
50.—

Zahlbar

200
„ 110.—

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n
200.— im Voraus.


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Im Gegensatze zu anderen Bureaux für Zeitungsausschnitte ist das
auch steht es den
onnement durch keine bestimmte Zeitdauer begrenzt;
onnenten frei die aufgegebenen Themen zu ergänzen oder zu ändern.
Der „OBSERVER“ veranstaltet täglich einen Auszug enthaltend die
haltsangabe aller wichtigen Mittheilungen der Wiener Morgen¬
ätter (Tagesjournale ausser „Neue Freie Presse“ und „Wiener Zeitung“)
durch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche
ben des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mit¬
eilungen werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
Prospecte gratis und fnanco.
en chten
I. Ssler. Pener
Wien, IXn. Türkenstrasse 12.
Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
Vertretungen in Berlin, Chieago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
Ausschnitt aus: Deutsches Vollebiat.
vom:

Eine Roßelegie.
Von Lertha.
Da haben wir nun die Bescherung! Ein netter
Fall! Jetzt werden schon die Elemente antisemitisch!
Traurig, aber wahr ist's. Das Wasser war's ohnehin immer,
das Licht ist's auch geworden, seit diese verteufelten städtischen
Gasflammen Wiens Straßen so hell und antisemitisch be¬
leuchten, und jetzt wird auf einmal gar die Elektrizität von
dieser Pest des letzten und aller zukünftigen Jahrhunderte
50 angestochen. Das ist wahrlich ein starkes Stück! Das anti¬
Für
sive
100 semitische Wien jährt elektrisch! Na, so was war noch nicht
10.
200 da! Mir schwant, die ganze Kultur will noch antisemitisch
bar
500 werden. Zuzutrauen wär's ihr schon.
raus.
„ 1000 Und die armen Tramwayrösser? Was soll mit denen
In geschehen? Da sieht man, wie inhuman und gedankenlos sst das
Abonnem die Antisemiten wieder einmal vorgegangen sind! Das jes den
Abonnen war in unseren seligen liberalen Zeiten doch anders. Da
war so ein Tramwayroß ein geschätztes Vieh. Aber sie
D
sind vorbei, die schönen, gutmütlichen, liberalen Zeiten! Die Ind die
gon¬
Inhaltsa
Rösser, die guten lieben Tramwayrösser, dieses edle
Dlätte
Wahrzeichen, diese Personifikation der nun sauft in Abra=frung“)
ftliche
wodurch
hams Schoß ruhenden liberalen Aera, sind aus deme Mit¬
Leben d
theilunge Straßenbilde Wiens verschwunden. Tränen hab' ich ge¬
meint, als ich neulich in der Nacht vom 28. auf den 29. des
„Frostungs“ wie man auf allhochdeutsch sagt, das letzte
„Paarl“ auf dem Ring traben sah und klingeln hörte.
Es wäre seit dem Verschwinoen der Rösser aus dem
„öffentlichen Leben“ rein nimmer zum Aushalten, wenn
mie nicht trotz alledem noch den — Schnitzler hätten, der,
wie das „Neue Wiener Tagblatt“ berichtete, „beinahe“ den
Grillrarzer=Preis bekommen hätte. Ja, wir haben ihn noch,
ihnzund den Dörmann, dessen „Werke“ schon im — Vater¬
leike preisgekrönt werden, und den Gelber, den Verbessererst
des Shakespeare, und den Felir Salten, den geist= und er¬
findungsreichen Leiter des Vorüberbrettels „zum
lieben Augustin“ u. s. w. Das ist der einzige Trost, der uns
den Verlust der Tramwayrösser verschmerzen läßt. Die
Rösser sind tot, es leben die — Konkordiadichter! Wie ich
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zu dieser schönen Wendung komme? Nun ja, die Dichter
reiten doch den Pegasus, und der Pegasus ist ein Roß,
und zwar bei unseren Ghettodichtern wahrscheinlich ein
Tramwayroß. So reimt sich das zusammen.
Auch die Roßwürsteln, diese Spezialität des verwichenen
liberalen Wien, werden nun vielleicht bald verschwinden.
Die Antisemiten wollen es nicht anders. Sie hassen dieses
Futter. Lassen wir sie! Es bleibt uns ja noch immer als
vollwertiger Ersatz das schmackhafte Lesefutter erhalten, das
uns die Julius Bauer, Buchbinder, Löwy und andere in
ihrer Geistesküche zubereiten. Da ist Schmalhans Küchen¬
meister, und darum müssen sie uns mit billigen Roßwürsteln
und noch billigerem Kren absüttern. Nur keine Verschwen=
dung!
Sehr gut gefallen hat mir in diesen Tagen der mut¬
willigen antisemitischen Rösserpensionierung die Haltung
meines Leibblattes der „Wiener Morgenzeitung“ Sie hat
sich in edelmütiger Weise der so grausam von den Antisemiten
verfolgten Rösser, die in kalter Wintersnacht, zwar nicht
„auf die Straße gesetzt“ sondern aus der Straße wegversetzt
und zu den „Arbeitslosen“ hinabgestoßen wurden. augenom¬
men. Wenn nicht alles täuscht, hat sie sogar einen dieser
entlassenen Gemeindebediensteten als Mitarbeiter aufge¬
nommen. Es erschien nämlich am kritischen Tage ein langes,
mit „Ego“ gefertigtes Gedicht in der „Morgenzeitung“
in welchem eines der entlassenen Tramwayrösser in de¬
rührendsten Weise von seinem Aktivdienste Abschied nimmt.
Ein hübsches Gericht war's! Man sollte nicht glauben, daß
Pein — Straßenpensionär so elegische Gefühle haben könnte!
Man wird sich den „Ego“ wohl merken müssen. Das wäres
ein „Schlager“ für das Wolzogensche „Ueberbrettl“, das
jetzt sogar hofopernfähig geworden ist. Wieso es gekommen

sei, fragt ihr? „Lirumlarum!“ antwortet die „Feuersnot“
„Löffelstiel!“ ergäntt ein alter Gassenhaner klug und weise,
Doch für heute Schluß! Denn ich muß mich auf den morgigen¬
Konkordiaball vorbereiten.